Tag 28 [12.05.2016]

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Ich gab es zu, wirklich noch Ideen, wie ich Stegi rum bekommen sollte, hatte ich nicht. Er machte es mir aber auch nicht leicht. Am einen Tag dachte man, der Kleine würde mir in den nächsten Sekunden um den Hals fallen und drum betteln, dass ich ihn hart durchnehme und am nächsten schien es, als müsse man wieder von vorne anfangen. Zwar hatte ich immer noch über einen Monat Zeit, doch ich hatte das Gefühl es würde mit jedem Tag etwas schwerer werden. Ich konnte nicht auf Risiko setzen und es erst in der letzten Woche richtig angehen. Das wäre ein ziemliches Fauxpas, was mir Rafi wohl oder übel auch noch eine Weile vorhalten würde. Wobei ich mir selbst da nicht wirklich sicher war, so wie er zurzeit mit mir umging.

Inzwischen war auch die sechste und somit letzte Stunde des heutigen Schultages beendet. Ein Tag wie jeder anderer, davon abgesehen, dass Rafi noch immer nichts davon zu halten schien, mit mir Klartext zu reden. Irgendwann würde er sich schon wieder einkriegen, jedenfalls hoffte ich das. Mein Bauch tat schon ein wenig weh, wenn ich daran dachte, dass Rafi vielleicht überhaupt nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Doch er müsse mir noch Rede und Antwort stehen, egal wann. Er konnte mich nicht für immer in diesem Licht der Ungewissheit stehen lassen. Das würde ich nicht so hinnehmen.

In meinen Gedanken versunken stieß ich mit irgendetwas zusammen, das definitiv größer war als ich. Ich wollte diese Vermutung, wer mein Unfallopfer war, nicht wahrhaben, doch spätestens als ich in das wutverzerrte Gesicht von Rafi blickte, bestätigte sich meine Theorie. Als mein -Ex-bester Kumpel realisierte, dass ich vor ihm stand, wechselte sein Blick von wutverzerrt zu verwirrt.

"Sorry, ich war in Gedanken, kommt nicht wieder vor", meinte ich beschwichtigend und hob abwehrend meine Arme. Gleichzeitig ging ich ein paar Schritte rückwärts und drehte mich nach vorne, um nicht mehr in Rafis verwirrtes Gesicht schauen zu müssen. Zugegeben, ich hatte auch ein wenig Schiss, dass er mir nochmal eine verpassen würde. Meine Mutter hatte glücklicherweise nichts von meinem blauen Auge bemerkt, was auch daran liegen könnte, dass ich es nach der Schule direkt mit ihrem Puder überschminkt hatte. Gefallen hatte ich daran keinen gefunden, es stellte mich eher vor die Frage, wieso sich Mädchen sowas ins Gesicht klatschten, doch was tat man nicht alles für seine Mutter und seinen besten Freund.

An meinem Jeep angekommen, holte ich meine Autoschlüssel aus meinem Rucksack und schloss meinen Wagen auf. Auf den Beifahrersitz legte ich meine Sachen und auf den Fahrerplatz stieg ich. Da mein Handy nun schon zum gefühlt zehnten Mal vibrierte, holte ich es aus meiner Jackentasche und entsperrte es. Plötzlich klopfte es an der Fensterscheibe meines Wagens.

"Huh? Stegi? Was ist denn?", verwirrt starrte ich auf den Blondschopf, während ich die Fensterscheibe ein Stück runterfahren ließ.

"Ich...ehm...Ich habe meinen Bus verpasst und da wollt ich fragen, ob du mich vielleicht nach Hause fahren könntest", antwortete er mir und ich konnte deutlich sehen wie seine Wangen anfingen rot zu werden.

"Warum? Hast du etwa keine Lust zu laufen?", neckte ich ihn ein bisschen. Hoffentlich fasste er das nicht falsch auf.

"Also..nein..also...Ich-", "Du würdest gerne mit mir fahren, um mir noch näher zu sein, weil du ja so auf mich stehst.", unterbrach ich ihn breit grinsend. Stegi neben mir regte sich nicht, starrte mich einfach weiter an und war mittlerweile zu einer Tomate mutiert. Erst nach einigen Sekunden begriff ich, was ich da soeben von mir gegeben hatte.
"Oh shit, hey Stegi das war nicht so gemeint, ich wollte dich echt nicht in Verlegenheit bringen", versuchte ich mich aus dieser absurden und unangenehmen Situation zu retten. Es tat mir wirklich leid und ich hoffte das sah er auch.
"Ach Quatsch, alles super! Vielleicht hast du ja sogar Recht", zwinkerte er mir zu, was mich ihn nur verdutzt ansehen ließ. Der Junge schien eine dezent gespaltene Persönlichkeit zu haben.

"Komm steig ein, ich fahre dich", auf die Rückbank. Der Kleine stieg ein und schnallte sich an. "Weißt ja wo es lang geht", lockerte er schmunzelnd die Stimmung. Ich nickte und startete den Motor.

Der Großteil der Fahrt verging schweigend. Immer mal wieder tauschten Stegi und ich einige Blicke aus, doch das war es auch schon. Ich bog gerade in seine Straße ein, da kam mir auf einmal ein Gedanke.

Das hier war die perfekte Situation um Stegi nach einem Date zu fragen oder besser nach einer Verabredung, ich wollte das ja langsam angehen.
Im Moment lief doch alles gut zwischen uns. Da konnte ich doch schon den nächsten Schritt machen, oder?

"Stegi?", neugierig blickte der Kleinere zu mir auf. "Hättest du morgen Lust mit mir was zu machen?", fragte ich direkt.

Stegis Augen weiteten sich und gespannt wartete ich auf seine Antwort.

Damn, he is gay! | Stexpert (Reupload)Where stories live. Discover now