Tag 27 [11.05.2016]

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Unsere Schule schien wirklich unter einem Fluch zu stehen. Am einen Tag wurde man nur so überhäuft mit Aufmerksamkeit, am nächsten war davon keine Spur mehr zu sehen. Ich konnte mir das Verhalten meiner Mitschüler wirklich nicht erklären, vielleicht hatte das Alles aber auch einen ganz plausiblen Grund, den ich einfach als einziger nicht kennen sollte. Seltsames Gefolge.

Aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund blieb jedoch Rafis Verhalten dasselbe. Zwar hatten wir gestern diese zwei Sätze miteinander gesprochen, doch das war's auch schon wieder. So etwas wie über sein Problem zu reden blieb wohl außer Frage. Ihn darauf ansprechen würde ich allerdings auch nicht. Dafür war meine Sturheit zu groß. Ich hatte ja aber im Grunde auch nicht falsch gemacht, also wieso den ersten Schritt wagen? Es würde nur zu unnötigen und Zeit verschwendenden Pöbeleien führen, auf die vermutlich keiner von uns wahnsinnig große Lust hatte. In dem Sinne schien es das Beste zu sein, den Streit zwischen uns stehenzulassen und auf ein Wunder zu hoffen, das Rafi wieder mit mir reden ließ.

Wie lange ich darauf warten konnte, war mir nicht bewusst, doch ich würde die Zeit einfach sinnvoll nutzen und mir Gedanken darüber machen, wie ich Stegi im Endeffekt herumbekommen. Wo wir gerade von dem kleinen reden, eben jener kam in diesem Moment auf mich zu. Ich saß gerade an einem Baum unseres Pausenhofes angelehnt und genoss die Sonne, die ausnahmsweise mal ihre Strahlen auf die Erde warf. Der Blondschopf stellte sich direkt vor mich, sodass ich nun vollkommen im Schatten saß und die Sonne nicht mehr ganz so warm schien.

Aus meinem Blickwinkel sah Stegi sogar größer aus als sonst und die vereinzelten Sonnenstrahlen, die in sein Gesicht fielen, ließen seine grüne Augen schimmern, was zugegeben ziemlich schön aussah. Ich wusste nicht wieso, aber ich sträubte mich nicht mal gegen diesen Gedanken, Stegi anziehend zu finden.

Anscheinend hatte ich ihn ziemlich lange gemustert, da er mich mit schiefem Blick und einem leichten Grinsen ansah. Ich schüttelte verwirrt meinen Kopf, rutschte etwas auf die Seite und klopfte auf das Gras neben mir, um Stegi anzudeuten, dass er sich neben mich setzen könne. Kurz überlegte er, zuckte jedoch dann mit den Schultern und pflanzte sich auf das grüne Gras.

"Wie gehts dir so?", kam es nach einiger Zeit des Schweigens leise von ihm. "Ganz gut", log ich und wendete meinen Blick schnell von ihm ab. Mir ging es alles andere als 'ganz gut'. Niemand beachtete mich mehr, dank meiner verwirrenden Gefühlen konnte ich kaum mehr richtig schlafen und außerdem pochte mein Auge immer noch wie verrückt.
So ähnlich musste es Stegi wahrscheinlich jeden Tag aufs Neue ergehen. Bei so längerem Nachdenken tat er mir schon leid. Er hatte sicher eh schon genug Probleme, auch ohne mich.

"Dir geht's nicht gut. Das seh ich doch. Du kannst mit mir darüber reden, wenn du willst", meldete er sich nun wieder sanft zu Wort und ich konnte seinen besorgten Blick auf mir spüren. "Garantiert werde ich dir nicht davon erzählen", antwortete ich, ehe ich kurz spöttisch auflachte. Ich hatte meinen Blick wieder zu ihm gewendet, nur um direkt in ein vor Zerbrechlichkeit wimmerndes Gesicht zu schauen.

"So war das nicht gemeint", meine Stimme ist auf einmal ganz ruhig. Es wäre jetzt eher kontraproduktiv, wenn Stegi mich jetzt auch noch ignorieren würde. Schließlich läuft die Wette ja noch, heißt also ich muss alles mögliche versuchen, ihn rum zu kriegen.
Außerdem ist er die einzige Person, die mir momentan Halt gibt, auch wenn ich das niemals zugeben würde.

"Schon gut", lächelt er und will gerade aufstehen als ich ihn am Ärmel zurückziehe, um zu verhindern, dass er einfach so wegläuft. Leider ziehe ich ein bisschen zu fest, sodass der Kleine in hohem Bogen auf mich drauf fliegt (Klischee~).

Erschrocken starrt er mir direkt in die Augen und ich kann deutlich erkennen, wie er anfängt, rot wie eine Tomate zu werden. Süß.
"Eh...Tut...Tut mir Leid", stottert er verlegen, während er kläglich versucht sich wieder aufzurichten. "Komm ich helfe dir", kurz darauf packte ich ihn auch schon an den Schultern und drückte ihn so von mir weg, dass er sich problemlos auf den Boden setzen konnte.
"D-Danke., stotterte Stegi und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Immer wieder gerne, Kleiner", das "Kleiner" hatte ich extra betont und wie erwartet wurde Stegi noch röter als ohne hin schon.

"Eine Frage hätte ich da noch.", kam es leise von ihm. "Die wäre?", grinste ich. Es war einfach süß zu sehen wie die ganze Zeit mit sich selbst ringt. "Dein blaues Auge...es kommt von Rafael, oder?". Sofort verschwand mein Lächeln und ich stutzte. Woher wusste er das? War es wirklich so offensichtlich?

"Also ja...", beantwortete er sich selbst die Frage. "Ist es wirklich so offensichtlich?". Er fing an zu kichern. Was ist bitteschön so lustig?

Anscheinend hatte er meine Verwunderung bemerkt und setzte zum wiederholten Mal zum Sprechen an "Mehr als das. Komm schon. Niemand ist so dumm, dass er das nicht checken würde. Ich meine du kommst mit einem blauen Auge in die Schule und wirst von deinem besten Freund, mit dem du sicher die tiefsten Geheimnisse teilst, einfach eiskalt ignoriert."

"Touché."

Es ist schön einfach hier mit ihm rum zu sitzen und rum zu albern, ohne sich Sorgen um das Bevorstehende zu machen. Aber naja... Alles Schöne hat Mal ein Ende und so klingelte die meiner Meinung nach viel zu laute Schulglocke.

Damn, he is gay! | Stexpert (Reupload)Where stories live. Discover now