Die Wahrheit

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Ich stand auf und in der Bewegung schleuderte ich den Stuhl nach links in Richtung Soldat Nummer 1, sodass dieser für einen kurzen Moment behindert wurde. Diesen Moment nutzte ich und stürmte auf Nummer 2 zu meiner Rechten zu. Er zielte mit seiner Waffe auf mich, woraufhin ich sie ihm einfach aus der Hand trat, senkrecht zur Decke, sodass ich sie gleich darauf auffangen konnte und ihm mit dem Griff eine überziehen konnte. Ehe er den Boden berührte, wurde ich schon von zwei kräftigen Armen umschlungen und nach oben gehoben. Mit Wolfszähnen biss ich ihm mit aller Kraft in den Oberarm, wodurch er den Fehler machte, seinen Griff zu lockern und ich ihm nur noch einen Tritt gegen's Schienbein geben musste, um gleich darauf wieder frei zu sein. Da die Situation es so her gab, schoss ich ihm noch in den Fuß und rannte Richtung Ausgang.
Direkt in Rogers Arme.

Scheiße! Ihn hatte ich ganz vergessen!

Ich wollte gerade mit der Waffe auf ihn zielen, da schlug er sie mir auch schon aus der Hand.
Ich war zwar schnell, doch das reichte nicht aus, um gegen ihn anzukommen. Nicht dieses Mal. Ich konnte ihm ein paar Tritte verpassen, welche er aber größtenteils blocken konnte. Der Kampf dauerte nicht allzu lange und ich lag mit festem Polizeigriff auf dem Boden.

Ich versteh das nicht. Letztes Mal hatte ich es doch auch geschafft. Beziehungsweise das Alter, aber das bin doch immer noch ich..?

Rogers zog mich am Oberteil nach oben und setzte mich zurück auf den Stuhl, welchen Fury gerade in aller Ruhe wieder aufgestellt hatte.
Einer der zwei Soldaten hingegen wurde währenddessen bereits von Sanitätern auf Tragen aus dem Raum gebracht und vom anderen begleitet.
Der einäugige Mann setzte sich auf die andere Seite des Pultes und stützte seinen Kopf auf die ineinander verschränkten Hände, so als wäre das alles hier grade nicht passiert.

"Wo waren wir stehen geblieben? Ah ja! Wie alt bist du?"

"15 Jahre."

Was?!

"Hast du Eltern?"

"Vielleicht."

"Erläuter' vielleicht'."

"Mein Vater ist verschwunden und meine Mutter ist tot."

"Schilder das Geschehen."

"Meine Mutter machte sich mit mir auf die Suche nach ihm. Eines Tages trafen wir auf Jäger, gegen welche meine Mutter kämpfte, um mich zu beschützen. Sie erschossen sie und ich bin weggerannt."

"Wie alt warst du da?"

"9 Jahre."

Scheiße, hör auf!

"Wie bist du nach New York gekommen?"

"Ich lief damals immer weiter bis ich nach zwei Tagen ankam."

"Wo hast du Unterschlupf gesucht?"

"In Gassen, Müllcontainern. Hören Sie bitte auf..."

"Was hast du gegessen?"

"Weggeworfene Nahrung. Bitte."

Das letzte sagte ich mit leiser gebrochener Stimme, da ich wusste wo es hinführen würde.

"Wir fanden mehrere alte Pizzakatons in der Nähe einer Gasse, in der du dich aufgehalten hast, da wir Fingerabdrücke vorfanden und es, mit der Plastikkiste, in der eine Decke lag, relativ einem Aufenthaltsort glich. Auf diesen Kartons waren ebenfalls deine Fingerabdrücke;. Was ist passiert?"

"Ich hatte eines Tages das Glück Pizzen von einem Lieferanten stehlen zu können und wollte gerade zurück nach Hause, als ich ihn sah. Hör auf!"

Ich wollte aufstehen, doch Rogers hinderte mich daran. Ich wehrte mich. Ich wollte dieses Kapitel nicht aufschlagen. Es lag schließlich hinter mir.
Er packte meine Handgelenke und drückte diese auf den Tisch.

"Wen sahst du? Wer war er?"

"Ich kenne seinen Namen nicht, er wusste von meinem Geheimnis und seit dem jagte er mich. Er sagte mir, dass er es für eine gewisse Ideologie machen würde."

Fury und Rogers tauschten kurz ernste Blicke aus.

"Was für eine Ideologie?"

"Ich weiß es nicht. Er sagte nur, dass sie schon früher mit Wesen wie mir experimentiert hätten."

"Was ist dann passiert?"

Ich blickte ihn mit Tränen in den Augen an und schüttelte den Kopf.

"Ich bin weggerannt und er ist hinter mir her. Irgendwann erwischte er mich, durch einen dummen Fehler von mir. Er zückte ein Messer und dann ging alles so schnell... Mir wurde schwarz vor Augen. Als ich wach wurde fand ich mich in einem Kofferraum wieder und lag auf einem Leichnam. Der Kofferraum war zu meinem Glück offen und ich sprang raus. Er bekam es mit und erschoss den jungen Mann am Straßenrand, der mir helfen wollte. Mit dem neuen Leichnam zusammen warf er auch den alten über eine Brücke ins Wasser. Später wurde ich in einer großen Halle wach. Angekettet. Als ich meine Wunde am Bauch, welche mir in der Gasse zugefügt wurde, reinigen wollte, schrie ich durch ein Missgeschick auf und er kam. Er schlug mir ins Gesicht, sodass ich wieder in Ohnmacht fiel und diesmal wachte ich mit verbundener Wunde in einem kleinen Zimmer auf, gefesselt an einem Stuhl..."

Ich schluchzte.

"Und weiter?"

"Er führte seine Experimente durch... Wochen... vielleicht Monate. Ich kann es nicht sagen. Sie bestanden aber nur darin mir schmerzen zuzufügen... Doch irgendwann ergriff ich meine Chance und kämpfte mich frei. Ich war zu schwach zum Jagen, also ging ich zurück in die Stadt und schlug eine Frau bewusstlos, um an ihr Geld zu kommen. Damit kaufte ich mir Dinge zum Überleben, doch das Geld hielt nicht lange an.
Ich ging auf die Einkaufsmeile. Ich dachte es wäre ein Vorteil, dass es so voll war, doch anscheinend ja nicht..."

Ich hielt den Blick gesenkt.
Wollte niemanden ins Gesicht schauen.
Die Griffe um meine Handgelenke entfernten sich.

"Danke für Ihre Kooperation. Abführen!"

Ich wurde von zwei Soldaten, die kurz vorher als Ersatz kamen, aus dem Raum geschleppt und zurück in meine Zelle hinein.
Dort wieder die üblichen Maßnahmen: Hand- und Fußschellen verankert in der Wand, Trinkschüssel weg, Halsband um.
Obwohl ich alles miterlebte, ließ ich es über mich entgehen. Ich war zu deprimiert, um mich gegen irgendetwas zu wehren, nur um später härtere Folgen daraus zu ziehen.

Das alles hatte mich auch die darauffolgenden Tage ganz schön 'runtergezogen, auch hatte ich auf die darauffolgenden Nächte schlecht geschlafen. Die Bilder kamen wieder hoch. Alles, was ich dachte, hinter mir gelassen zu haben. In meinen Träumen war ich wieder in diesem dunklen Raum, saß auf dem Stuhl und konnte mich nicht bewegen.
Ich sah immer wieder seine Augen, sobald ich meine Schloss. Diese pechschwarzen Augen...

Schon nach wenigen Tagen war ich am Ende. Ich aß immer weniger, nur noch kleine Bisse und trank fast nichts.
Meine Kräfte verließen mich nach und nach, bis ich nur noch ein in de Ecke liegendes Stück Fleisch war. Ich fühlte mich nutzlos, schwach, wertlos. Nur noch am Leben, um als Besitz zu dienen.
Selbst wenn sie mich jetzt sofort freilassen würden, was sollte ich schon machen? Ich war allein, hatte kein zu Hause, kein Geld. Nichts.

Ich lag den ganzen Tag jeden Tag rum und versuchte angestrengt wach zu bleiben, doch nicht einmal dazu war in der Lage.

Es ist was es istحيث تعيش القصص. اكتشف الآن