Beerdigung

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Die Rückfahrt über sagte keiner ein Wort und als wir im Hauptquartier ankamen gingen alle direkt ihre eigenen Wege.
Vor meiner Zimmertür blieb ich stehen und drückte leise die Klinke runter. Ich sah Ben auf der Schlafcouch sitzen und schloss somit gleich wieder die Tür und entschied mich, zu Wanda zu gehen.
Ich dachte, ein wenig Gesellschaft würde ihr gut tun... und mir vielleicht auch.

Sie schaute Nachrichten über den Lagos Vorfall.

"Hey."

Sie drehte sich zu mir.

"Hey."

"Kann ich reinkommen?"

Sie nickte und wandte sich wieder dem Fernseher zu. Ich setzte mich auf einen Sessel.

"Wie geht es dir?"

Dumme Frage.

"Hm."

Stille.

"Weißt du... Als ich gesehen habe, wie Rumlow plötzlich diesen Knopf drückte, ...dachte ich es wäre vorbei. Ich dachte Steve würde sterben... Der Gedanke daran schmerzte und zerriss irgendwas in mir... Es war kein körperlicher Schmerz, mir ging es physisch blendend. Doch psychisch... Was ich damit sagen will, ist, dass du vielen Menschen das Leben gerettet hast, so auch das von Steve und mir und dafür bin ich dir sehr dankbar."

"Ich habe aber auch vielen das Leben genommen."

"Es war nicht deine Schuld. Niemand hat Schuld daran... Du bist ein Avenger. Du hast so vielen Leuten bereits das Leben gerettet und das wirst du auch weiterhin tun. Dafür bewundere ich dich. Ich werde nie so sein können. Viele Male wurde mir das Leben gerettet, doch kann ich damit nichts anfangen... Ich steh' eigentlich immer nur im Weg."

Ich lachte, um meine Gefühle zu vertuschen.

"Aber dennoch gebe ich nicht auf. Ich versuche immer und immer wieder zu helfen. Das verschafft mir ein gutes Gefühl. Zwar mache ich das gegen Steves Anweisungen... Und gegen die aller anderen, doch der springende Punkt ist, ich gebe nicht auf! Und das solltest du auch nicht."

Ich erhob mich und ging langsam aus dem Zimmer. Steve stand angelehnt an der Wand und schaute zu Boden. Ich ging an ihm vorbei, doch er hielt mich auf.

"Blue..."

"Ja, ich weiß. Du tust das nur für meine Sicherheit und so, aber das geht nicht. Ich kann das einfach nicht. Ich habe diese eine Fähigkeit und will etwas Gutes damit bewirken. Verstehst du das denn nicht?"

Wir schauten uns gegenseitig tief in die Augen.

"Doch, ich verstehe es. Sogar sehr gut, doch bitte hab' Geduld."

"Wieso? Worauf soll ich warten?"

Er seufzte und schaute wieder zu Boden.

"Ich will dich nicht verlieren... Damals in Sokovia... Ich dachte du würdest sterben. Der Gedanke daran..."

Er brach ab.

"Ich verstehe. Doch es wird nie dazu kommen. Sokovia war ein Versehen, ein Unfall. Außerdem stehe ich doch vor dir. Ich weiß, ich kann helfen und ich..."

Ich stoppte, da Vision plötzlich im Flur stand.

"Captain Rogers wünscht zu erfahren, wenn Mr. Stark eintrifft."

"Danke, wir kommen gleich."

"Oh, und offenbar begleitet ihn ein Gast!"

"Kennen wir ihn?"

"Der Außenminister."

Damit ging er. Steve und ich teilte noch einmal Blickkontakt und dann machte auch ich mich auf den Weg in mein Zimmer zurück. Mir kam Ben entgegen.

"Da bist du ja! Ich hab dich überall gesucht! Mir wurde gesagt, dass du in Lagos warst! Mr. Rogers wird mich umbringen..."

Ich ging an ihm vorbei, hinein in mein Zimmer.

"Du erschwerst mir meinen Job enorm! Immer schleichst du dich weg, wenn ich nur mal kurz nicht hinschaue! Weißt du, wie anstrengend das ist?"

"Wenn es nicht anstrengend wäre, hätte Steve dich ja wohl kaum eingestellt und jetzt lass uns Essen gehen. Ich hab einen Mordshunger."

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Wir saßen am Esstisch in der Cafeteria und aßen Schnitzel mit Pommes und Champignonsauce. Es schmeckte sehr gut und ich hatte es auch schon zur Hälfte aufgegessen. Plötzlich stand Steve in der Tür und blickte mich mit ernster Miene an, doch in seinen Augen war etwas, dass ich anfangs nicht sofort erkannte. Es war Trauer.
Mit einem Mal verging mir der Appetit und ich erhob mich langsam.

"Ich muss los..."

"Aber wir essen doch grade. Wo musst du denn hin?"

"Ich also... Ich muss noch etwas erledigen."

"Gut, dann warte kurz, ich-"

"Alleine!"

Ich ging zu Steve und Ben schaute uns hinterher. Eine Woche später war die Beerdigung von Peggy Carter. Ich sollte mir schwarze Kleidung anziehen und fuhr mit Steve zusammen zur Kirche.

Ein Kinderchor sang während Steve mit drei weiteren Angehörigen den Sarg durch den Saal trug. Vorne stand ein Podest mit einem weißen Blumenkranz, ein paar Kerzen und einem älteren Bild mit der Aufschrift 'Margaret "Peggy" Carter'.
Steve und ich saßen in der vordersten Reihe mit Sam. Sharon wurde nun nach vorne gebeten, damit sie ein paar Worte sagen konnte.

"Margaret Carter kennen die meisten als Gründerin von S.H.I.E.L.D. Sie hatte ein Foto in ihrem Büro... Tante Peggy stand neben JFK, aber damit mitzuhalten war nicht leicht, darum hab ich niemanden erzählt, dass wir verwandt sind. Ich hab' sie mal gefragt, wie sie in Diplomatie und Spionage erfolgreich sein konnte, in einer Zeit, in der niemand einer Frau Erfolg gönnte. Sie sagte: Schließ' Kompromisse, wo du kannst, aber wo du es nicht kannst, tu es auch nicht. Selbst wenn dir alle sagen, dass etwas, das falsch ist, richtig wäre. Selbst wenn die ganze Welt dir sagt, dass du beiseite gehen sollst, ist es deine Pflicht, wie ein Baum vor ihnen zu stehen, ihn' in die Augen zu sehen und zu sagen: Nein, ihr geht beiseite..."

Steve hatte mir gesagt, ich sollte mit Sam zurückfahren, da er noch etwas Zeit für sich bräuchte. Im Wagen herrschte dann Stille, die ich als ganz angenehm vernahm, doch Sam unterbrach sie schließlich.

"Wie geht es dir?"

"Ich weiß' nicht..."

"Das war deiner erste Beerdigung, nicht wahr?"

Ich nickte.

Stille.

"In vielen Religionen ist der Tod nicht das Ende. Es ist eher ein Übergang in ein neues Leben."

Ich schaute auf.

"Die einen glauben daran, dass sie in eine Art Paradies kommen und die anderen glauben an die Wiedergeburt..."

"Woran glaubst du?"

Ein leichtes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen.

"Ich glaube daran, dass alle Menschen eine Seele besitzen und diese, nach dem Tod, in den Himmel steigt. Nicht der Himmel, den wir sehen können, sondern einer, den nur die Toten betreten können, verstehst du? Dort trifft sie dann all ihre Freunde und Familie, vielleicht sogar einen Hund, den sie mal hatte, oder einen Hamster oder vielleicht auch ein Pferd! Und dann feiern sie zusammen alle eine Party und tanzen zur Musik aus den '40ern."

Ich musste lachen und wischte mir eine Träne aus dem Gesicht.

"Ist doch eine schöne Vorstellung, nicht wahr?"

"Ja... Das ist sie wirklich..."

Es ist was es istWhere stories live. Discover now