Haft

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Ich saß in einem Verhörraum; meine Hände waren in der Mitte des Tisches angekettet.
Für lange Zeit wartete ich nun darauf, dass irgendwas passierte.
Ich machte mir Sorgen um Steve... Er hatte doch gar nichts damit zu tun.
Die Tür wurde geöffnet und ein relativ junger Mann mit blonden Haaren kam herein. Während er sich hinsetzte musterte er mich, wie ich ihn.

"Also, wir können das hier ganz einfach regeln, dann sind du und dein Begleiter schnell wieder hieraus. Dafür musst du aber als Gegenleistung mit uns kooperieren und all unsere Fragen beantworten."

Er setzte sich vor mich hin und ich nickte stumm.

"Sehr gut. Dann fangen wir mal an. Erzähl' mir zuerst aus deiner Sicht, wie alles abgelaufen ist."

Ich erzählte ihm alles bis hin zum Überfall in der Gasse.

"...ab da wurde mir schwarz vor Augen und ich wachte erst später wieder auf, als es bereits zu spät war..."

"Mhmm..."

Er schaute mich skeptisch an. Es war zwar nur die halbe Wahrheit, aber wiederum stimmte es in gewisser Weise auch.

"Und warum war der Mann bei dir? Kennt ihr euch?"

"Ja, ich wohne bei ihm. Wir hatten uns vorher zerstritten und ich bin weggelaufen. Er hatte mich wohl gesucht... Ich möchte sicher gehen, dass ihr versteht, dass er nichts damit zu tun hatte!"

"Mach dir darum mal keine Sorgen."

Er stellte noch ein paar Fragen für weitere Details, bedankte sich bei mir und verließ wieder den Raum. Draußen diskutierte er mit jemand anderen, doch ich hörte nicht richtig zu, bis sie dann den Namen 'Steven Grant Rogers' erwähnte.

Steve...?

Sie sagten etwas von 'Australien' und 'Fluchthilfe'... 'Lange Haftzeit'.

"Das Ding ist doch Schall- und Sichtdicht, oder nicht...?"

Ich hatte nicht bemerkt, dass ich genau in deren Richtung schaute und richtete meinen Blick schnell auf den Tisch.
Ich musste selbst zugeben, das war ein wenig auffällig... Was auch zur Folge hatte, dass sie ihr Gespräch abbrachen und ich sie somit nicht mehr hören konnte. Unruhig wartete ich darauf, dass jemand kommen würde. Doch es kam niemand. Die Handschellen scheuerten und machten einen nervigen Lärm bei jeder meiner Bewegungen. Ich seufzte und legte meinen Kopf auf den Tisch ab. Irgendwann schlief ich ein.

Ich war wieder auf der Straße unterwegs und spürte ebenfalls diese Angst in mir, verfolgt zu werden. Wieder zog mich jemand hastig in eine Gasse und das Geschehen spielte sich von vorne ab, nur diesmal konnte mich meine andere Seite nicht retten. Kurz bevor etwas Schlimmes passierte, schreckte ich auf und befand mich wieder in dem weißen Raum. Meine Atmung ging schnell und ich schwitzte. Auch wenn es nur ein Traum war, fühlte ich mich unwohl... Schwach und ängstlich.

Ich will hier weg!

Ich zerrte wie wild an den Schellen. Es war viel zu laut, doch das hielt mich nicht davon ab. Ich bekam nach langer Zeit wieder eine Panikattacke.
Meine Sicht verschwamm und ich hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Mein Herz raste wie wild und ganz plötzlich war mir eiskalt. Immer wieder schrie ich Steves Namen. Er sollte bei mir sein! Ich fühlte mich so alleine...
Sie hielt etwa 10 Minuten an und endete damit, dass ich erschöpft aufgab und weinte.

Wieso passiert sowas immer mir. Wieso bin ich so geboren worden?
Wieso kann ich nicht einfach ein normales Mädchen sein. Nicht dieses zweigeteilte Etwas, was sich selbst nicht unter Kontrolle hat.

Ich musste mich damit abfinden. Sie war ein Teil von mir. Sie würde immer da sein und ich werde sie nicht kontrollieren können.

Es ist was es ist... und das ist scheiße.

Ich hatte mich nach weiteren zehn Minuten endlich vollkommen beruhigt und starrte nun müde die leere Wand an.

Wieso immer weiß?

Die Tür öffnete sich und jemand kam hinein. Ich wollte nicht wissen, wer es war. Es war mir mit einem Mal egal geworden, was mit mir passieren würde, Hauptsache Steve würde nicht mit hineingezogen werden.

Steve! Sie sagten doch, dass er eine Strafe bekäme, da er mich aus Australien illegal "entlassen" hatte.

"Wir müssen Sie fürs Erste hier behalten, da der Gerichtsprozess erst in drei Tagen sein wird."

Er seufzte und ich schaute hoch. Er verstand anscheinend sofort was ich wollte.

"Ich kann dir leider nicht sagen, wie die Strafe ausfallen wird, da es zum einen in gewisser Weise Notwehr war und es zum anderen einen Grund dafür geben müsste, dass du dein Handeln überhaupt nicht mitbekamst..."

Woher wissen die, dass ich das war?

"Was ist mit den zwei Polizisten?"

"Der eine hat eine Platzwunde am Hinterkopf und ein paar geprellte Rippen und die andere ein Paar gebrochener Beine. Ihnen geht es aber gut. Halt wie man's sieht."

Ich nickte langsam.

"Während Ihres Aufenthalts werden sie wohl oder übel hier bleiben müssen, da wir keine Zellen frei haben und Sie nicht frei laufen lassen können. Dennoch werden wir Sie mit dem Nötigsten versorgen."

"Kann ich Steve sehen?"

"Nein. Ihnen ist es nicht erlaubt Kontakt mit anderen während der Festnahme aufzunehmen."

Damit waren alle Fragen geklärt und er verließ den Raum wieder. An diesem Abend bekam ich nichts mehr zu Essen, nur eine 0,5 Liter-Flasche Wasser und bereits nach weniger Zeit schlief ich ein.

Am nächsten Morgen wurde ich von Schritten geweckt. Die Tür wurde geöffnet und ein fremder Mann betrat den Raum mit einem Tablett, welches er vor mich hinstellte.

"Nach dem Essen will Sie jemand besuchen kommen."

Damit verschwand er wieder.
Vor mir stand ein Teller mit belegtem Brötchen und einer Flasche Wasser. Ich nahm das Brötchen komplett auseinander und roch an allem. Wie erwartet, entdeckte ich etwas. Es war weiß, rund und klein und befand sich versteckt unter der Butter. Ich entfernte es vorsichtig und legte es neben den Teller. Der Rest schien normal zu sein, also aß ich alles auf. Auch das Wasser schien rein zu sein.
Fertig mit allem schob ich das Tablett in die Mitte des Tisches und kurz darauf kam der Mann von eben wieder herein. Er sah auf den Teller und sein Blick fokussierte das weiße Ding, worauf er sich sofort verfinsterte. Ohne was zu sagen verließ er dann den Raum und sagte, bevor er die Tür schloss, dass irgendwer reinkommen dürfte.

"Schön dich wiederzusehen, Blue."

Es ist was es istWo Geschichten leben. Entdecke jetzt