Oh Tannenbaum...

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Blue P.O.V.

Ich saß mit einem leichten Verband um meiner Hüfte auf dem Bett in meinem Zimmer und starrte die Decke an.
Ich langweilte mich zu Tode!
"Der Hof" hatte ich schon lange zu Ende gelesen und ich wagte es nicht, Steve nach einem neuen Buch zu fragen. Er hatte mir Hausarrest erteilt, doch das war gar nicht das, was mich so sehr beschäftigte, sondern eher wie wütend Steve gestern auf mich gewesen ist...
Er hatte regelrecht vor Wut gezittert. So hatte ich ihn vorher noch nie erlebt.
Ich hatte ein schlechtes Gewissen und wünschte ich hätte eine Zeitmaschine, die alles rückgängig machen könnte und ich somit das Arschloch von Hund gar nicht erst angeblickt hätte bei der Begegnung.

Ich seufzte.

Nach einer Weile entschied ich mich, im Internet nach einem neuen und wirklich guten Horrorroman umzusehen, da der letzte seinen Zweck nicht erfüllt hatte.
Es dauerte auch nicht lange, da fand ich die Werke von einem Autor namens Steven King. Laut Rezensionen soll er wirklich gut schreiben und (was das aller wichtigste war) gruselig.
Eine Seite, die nach weiterer Suche ziemlich weit oben angezeigt wurde, erklärte "Friedhof der Kuschetiere" für sein Meisterwerk. Der Name machte mich durchaus skeptisch. Es hörte sich eher nach einer pseudo Gespenstergeschichte an, die man seinem kleinen Kind als Gutenachtgeschichte an Halloween vorlas.
Das erinnerte mich an mein erstes Halloween diesen Jahres.
Ich durfte an diesem Tag das erste Mal als Halbform in der Öffentlichkeit unterwegs sein. Mit Halbform war gemeint: Wolfsohren, -zähne, -rute und -krallen. Damit gingen wir Abends von Haus zu Haus und mit dem einfachen Spruch "Süßes sonst gibt's Saures" konnten wir die verschiedensten Süßigkeiten wortwörtlich einsacken.
Den Tag danach hatte ich Bauchschmerzen bekommen und lag den ganzen Tag (wie auch jetzt) im Bett, dennoch hatte es sich meinen Ansichten nach durchaus gelohnt.

Ich las mir das Vorwort des Autors durch und war danach überzeugt. Er erzählt in diesem, wie er die Geschichte geschrieben hatte und für sich selber entschied, das dies wohl das grausamste Werk sei, das er je verfasst habe.
Anfangs legte er es fertig in sein Schubfach und wollte es auch dabei belassen, doch er schuldete noch dem kürzlich gekündigten Verband ein letztes Buch und da er nichts zur Hand hatte, gab er jenes, mit Beratung seiner Frau, letztendlich ab.
In dem Buch ging es um eine Familie, die gerade frisch in ein neues Haus gezogen ist. Sie verstanden sich auf Anhieb mit dem älteren Ehepaar direkt gegenüber. Hinter ihrem Haus führte ein kleiner Weg tief in den Wald hinein, wo sich ein Haustier Friedhof befand, auf dem sie später auch ihren Kater begraben. Steven King erzählte, dass er damals mit seiner Familie genau dahin zog und eines schrecklichen Tages, als sie auf dem Feld einer älteren Nachbarin einen Drachen steigen ließen, es dann passierte: Sein kleiner Sohn setzte sich plötzlich in den Kopf auf die Straße zu rennen und während er ihn verfolgte, hörte er einen der Lastwagen, die immer die Straße auf und ab, von und zu einer Fabrik fuhren. In der Geschichte ging es letztendlich darum, das was wäre wenn seiner Gedanken zu formulieren.

Ich speicherte die Seite, in dem ich einen neuen Tap öffnete und suchte noch ein wenig weiter.
Die Tür öffnete sich und Steve sagte mit einer emotionslosen Stimme "Essen" und ging darauf wieder. Das zweite Mal seufzend legte ich das Handy aus meiner Hand und erhob mich.
Es gab Muschelnudeln mit einer Tomaten/Garnelen-Soße.
Geruch, wie Geschmack waren köstlich.
Es wurde die ganze Zeit geschwiegen und ich hatte auch den Drang etwas zu sagen, doch traute mich nicht richtig...

Komm schon! Vier Worte. Es sind nur vier Worte!

Steve Rogers P.O.V.

Es sind nur vier Worte...

Ich hatte ein schlechtes Gewissen.
Ich war gestern einfach zu hart mit ihr gewesen... Sie hatte sich ja nur verteidigt.

Es ist was es istWhere stories live. Discover now