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Während dieser Zeit hatte Nevid festgestellt, dass sich nicht alles, was er berührte, gleich verhielt. Personen, Häuser und am Boden fest gemachte Gegenstände blieben immer sichtbar. Klamotten, Bücher und Essen hingegen, also alles, was Nevid als sein ,,Eigentum" (auch wenn die Sachen geklaut waren) betrachtete, löste sich nach exakt drei Sekunden berühren bzw. tragen wie in nichts auf- zumindest für jeden außer Nevid. Er hatte es im Spiegel ausprobiert und wirklich: für genau drei Sekunden schien der Apfel in der Luft zu schweben bis er verschwand. Wenn er einen Laden betrat, sich etwas zum Anziehen heraussuchte und sich überzog, so hing auch dies kurz in der Luft. Bei Büchern war es so, dass sie wieder sichtbar wurden, sobald er sie zur Seite gelegt hatte. Es erleichterte ihn, dass er doch wenigstens einen kleinen Durchblick hatte, wie das Ganze mit der Unsichtbarkeit funktionierte. Fast erschien es ihm, als hätte er dadurch ein wenig Kontrolle gewonnen.

Was außerdem unsichtbar geworden war, war sein Zimmer. Dort, wo sich noch vor ein paar Wochen die dunkle Holztüre befunden hatte, war nun nur noch die kahle Wand. Somit hatte er alles- seine Klamotten, seine Gitarre, seine Bücher, seine Kamera, alle Erinnerungen an das Leben zuvor verloren.

Das zwischenzeitlich kurz aufgetretene Hochgefühl schien sich langsam wieder zu verflüchtigen, je weiter er die Liste abarbeitete. Es schien, als hatte er keinen Plan, was er danach machen sollte. Ihm war klar, dass er nicht für immer auf der unbequemen Couch schlafen und seinen Eltern das Essen wegessen konnte. Doch wohin sollte er gehen? Wie sollte er leben? Auf dem kalten Asphalt in der Stadt? Jede Nacht in einem anderen unbenutzten Hotelzimmer? Sollte er sich jeden Tag sein Essen zusammenklauen?

Je weiter er in der Liste nach unten kam, desto stärker schien ihn der letzte Punkt anzuspringen. Ja, er musste jemanden finden, der ihn liebte. Bei dem er wohnen und wieder sichtbar werden konnte. Doch wie zur Hölle sollte er das anstellen? Er konnte nicht einfach die nächstbeste Person ansprechen, zumal diese wahrscheinlich sofort wegrennen würde, sobald sie eine Stimme aus dem Nichts hörte.

Immer öfter erwischte er sich selbst beim Seufzen und in die Leere starren. Du wirst das schaffen! Es gibt immer eine Möglichkeit! Kopf hoch, Nevid, du bist doch sonst so eine fröhliche Person!, schrie ihn sein Inneres dann an.


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Es war der 11. Oktober, der sechste  Mittwoch seit dem Morgen, der alles verändert hatte, an dem er sich endlich dazu aufraffen konnte, das Haus seiner Eltern zu verlassen. Er nahm nur eine Tasche mit, in der sich ein paar seiner geklauten Klamotten, eine Zahnbürste und Zahnpasta, sowie Bücher und sein Handy (welches komischerweise noch da gewesen war) befanden. Als er die schneeweiße Eingangstüre mit einem endgültig klingenden Knall schloss, wurde er von Trauer und auch Angst überfallen. Doch er sagte zu sich selbst, dass es nötig war, dieses Haus und seine Eltern zu verlassen. Ohne noch ein Mal zurück zu blicken ging er die mit bunten Blättern ausgelegte Straße entlang. Es war ein ungemütlicher Tag, der Wind peitschte ihm um die Ohren und es kam ihm kälter vor als die zwölf Grad, die das Thermometer angezeigt hatte.

Ob er bereit war für das, was nun auf ihn zukommen würde?

Nein, mit Sicherheit nicht.

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Es tut mir wirklich Leid, dass so lange nichts kam aber ich war von Freitag bis Dienstag in Berlin weil wir langes Wochenende hatten und am Montag hatte ich Geburtstag und gestern kam dann noch die Verwandtschaft und ja, tut mir Leid :(...

PS: Falls ich sterben sollte liegt das daran, dass mein Tanzpartner a) mir erneut aus Versehen einen Kinnhaken verpasst hat (aber stärker) b) mir den Ellbogen auf die Nase gehauen hat c) das mit dem Schwung noch ernster nimmt und mich durch den Raum schubst bis ich auf einen Tisch fliege

So nah und doch so fern | BoyxboyWhere stories live. Discover now