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Doch wo war Julianne? Wo wohnte sie? Er hatte keinerlei Ahnung und so blieb ihm nichts weiteres übrig als in der Stadt herumzuirren und nach ihr Ausschau zu halten. Auch im Café kam er immer wieder vorbei mit der Hoffnung, sie würde sich demnächst dort mit jemandem treffen.

Die Tage kamen und vergingen, doch von Julianne entdeckte er keine Spur. Der Herbst war vorangeschritten und viele Bäume waren kahl und leer, während der Boden langsam die Farbe der braunen Blätter anzunehmen schien. Die Tage wurden kürzer, die Nächte länger und Nevids Hoffnung schien allmählich zu verblassen.

Sein Rücken schmerzte von den vielen schlaflosen Nächten, in denen er sich in fremden Betten oder auf Parkbanken hin und her gewälzt hatte und seine Statur war schmaler geworden, soweit er das ohne Spiegel erkennen konnte. Er fühlte sich schwach und ausgemergelt, als würde sein Körper ihn von innen verzehren und von dem alten, vor guter Laune nur zu sprühenden Nevidian war nichts mehr zu sehen. Wobei, zu sehen war er ja so oder so nicht.

Er hatte das alles so satt! Die Wut in ihm wurde jeden Tag stärker und mehr als ein Mal hatte er an der Brücke im Wald gestanden und verträumt in die Tiefe gestarrt. Hätte ihm jemand vor einem Jahr gesagt, dass ein Leben ohne  jeglichen zwischenmenschlichen Kontakt und Zuneigung nicht lebenswert war, so hätte er gelacht. Und auch jetzt lachte er, wenn er darüber nachdachte. Doch nun war es kein fröhliches, sondern ein verbittertes Lachen. Wie oft hatte er gesagt, dass ihm an Aufmerksamkeit nichts lag? Dass er gerne alleine war?

Oh, insgeheim wollte doch jeder Aufmerksamkeit. Nein, nicht jeder wollte im Mittelpunkt stehen, doch jeder wollte wissen, dass irgendjemand an ihn dachte.

Ihm waren seine ständigen Stimmungsschwankungen bewusst. Ja, seine Stimmung schlug oft und schnell um, doch er konnte es nun ein Mal nicht ändern.

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Auch am heutigen Tag, es war ein Samstag, glaubte Nevid- er hatte jegliches Zeitgefühl verloren- verschlug es ihn wieder an die Brücke. Doch er war nicht alleine. Zum ersten Mal. Neugierig kam er dem Mädchen näher, dass da so unaufgeregt die Beine baumeln ließ. Sie sah kaum älter als vierzehn aus und dennoch war ihr Blick der eines Menschen, der schon viel mitgemacht und erlebt hatte- und nicht nur positives. Sie sah stumm in die Leere und bei ihrem Anblick stellten sich Nevids Nackenhärchen auf. Komm da runter, Mädchen, schrie er sie innerlich an, am Ende fällst du noch. Doch sie hörte ihn nicht- wie auch?

Er wollte sie zurückzerren, wollte nicht, dass ihr etwas passierte. Er wollte ihr die Tränen von der Wange wischen. Sie schien so schutzlos und zerbrechlich.

Dann hörte er ihre Worte. Es war ein leises Flüstern, durch den Wind kaum zu verstehen und dennoch vernahm er sie.

,,Es tut mir Leid", sagte sie, ,,ich wollte nie, dass es so weit kommt. Mama, Papa, ihr habt eine bessere Tochter verdient. Eine, die dankbar ist. Nicht so wie ich. Ihr habt alle etwas besseres verdient als mich. Ich bin nicht gut genug für euch."

Nevids Herz pochte. Gleich würde sie springen. Das konnte er nicht zulassen. Genauso wenig konnte er die Worte des Mädchens akzeptieren.

Er sah, wie sie einen Zentimeter nach vorne rutschte. Noch einen. Dann rannte er los, so schnell er konnte. Sie war gerade im Begriff, den letzten Zentimeter nach vorne zu rutschen, der sie vom Leben in den Tod reißen würde, als Nevid sie erreichte. Er packte sie an den Schultern und stieß sie mit voller Wucht auf den kalten Waldboden. Ihre türkisenen Augen waren weit geöffnet und die rosanen Lippen fest aufeinander gedrückt.

,,Natürlich bist du es wert."

Dann wachte er auf.

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Ich verspreche, diese Geschichte wird noch boyxboy, keine Sorge xD

Ich habe mich gerade an etwas erinnert, was ich letztes Jahr bei unserem Englandschulausflug erlebt habe: Wir (eine Klassenkameradin und ich) saßen mit unserer Gastfamilie beim Abendessen. Die Kameradin fragt die zwei Gastkinder (ein Junge und ein Mädchen, 6 und 8 Jahre) ob sie einen Freund/eine Freundin haben. Das Mädchen nickt stolz. Auf ein Mal meldet sich die Mutter zu Wort und sagt: ,,Well, Bradley is gay" und der Junge sagt trotzig ,,I'm not gay!". Der Vater lacht, ,,Bradyley,  you kissed John yesterday". ,,Well, John is cute", antwortet der Kleine. Und ich musste so grinsen xD

Ja wie auch immer, gute Nacht :3

So nah und doch so fern | BoyxboyWhere stories live. Discover now