Kapitel 22

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„Amilya?“, als ich gerade aus meinem Zimmer lief, um Gwen und Colin höflicherweise etwas zu trinken zu bringen, da die Zwei mich gelangweilt hatten, rief mich mein Vater aus seinem Arbeitszimmer, und da ich wusste, dass er es hasste, wenn man ihn warten ließ, seufzte ich nur und lief auf sein Zimmer zu.

„Ja?“, fragte ich und lehnte mich am Türrahmen an, während ich meinen Vater abwartend ansah, dieser jedoch seinen Blick auf dem Bildschirm des Laptops hatte. „Papa, was ist denn?“

„Oh, entschuldige.“, er lächelte leicht, als ich ihn anscheinend aus seinen Gedanken gerissen hatte und deutete mir, mich auf den Stuhl vor seinem Tisch zu setzten, was ich nach kurzem Zögern auch tat. „Ich wollte dich etwas fragen.“

„Dann frag mal los.“ Ich stützte meinen Kopf auf meiner rechten Hand ab und sah ihn fragend an, während er diesmal seufzte und sich gerade in seinem Bürostuhl aufsetzte. Ich wusste zwar nicht, was er genau von mir wollte, aber ich konnte mir denken, dass es etwas war, dass ihn wirklich interessierte und wahrscheinlich auch beschäftigte.

„Was läuft da wieder mit Colin?“

„Was?“

„Du hast mich schon verstanden, Ilchen. Was ist da jetzt zwischen euch?“, als er bemerkte, dass ich ihn nur anstarrte und nicht wirklich wusste, was ich nun darauf antworten sollte, lehnte er sich etwas weiter vor und stützte seine Arme auf dem Tisch ab, worauf er durch seine dünnen braunen Haare fuhr. „Colin ist schon, seitdem du wieder hier bist, das dritte Mal in diesem Haus. Ich dachte ja eigentlich, du würdest ihn hassen, aber wenn es doch so wäre, würdest du ihn nicht mal in den Vorgarten lassen.“, erklärte er mir und sofort schüttelte ich mit meinem Kopf.

„Papa, zwischen mir und Colin ist nichts!“

„Nicht mal eine Freundschaft?“

„Nein!“

„Wieso nicht?“ Bildete ich es mir ein oder klang mein Vater traurig, über die Tatsache, dass Colin und mich nichts mehr verbindet, außer der Hass, den wir für den jeweils anderen hegten?

„Wie soll eine Freundschaft funktionieren, wenn nicht mal Vertrauen vorhanden ist?“, fragte ich ihn nun und lehnte mich genauso weiter vor, wie mein Vater zuvor.

„Man kann Vertrauen wieder aufbauen, dass weißt du Amilya.“

„Nein, kann man nicht.“, blockte ich ab und lehnte mich dann wieder auf dem Stuhl zurück, worauf ich meine Arme vor meiner Brust verschränkte und mit zusammengezogenen Augenbrauen an die Wand starrte, die voll mit Familienbildern war.

„Doch kann man, nur willst du es nicht, weil du Angst davor hast.“, sofort landete mein Blick wieder auf meinem Vater, der seufzte. „Ich weiß, dass du Angst hast, Amilya, aber die brauchst du nicht zu haben. Colin ist ein guter Junge, dass ist dir genauso bewusst, wie mir. Er hat einen Fehler gemacht, ja, aber denkst du, er bereut es nicht?“

„Er bereut es auch nicht, Papa.“

„Was macht dich da so sicher?“

„Vielleicht, weil er mit dem Mädchen, seitdem ich weggezogen bin, zusammen ist, mit der er mich betrogen hat?“, meine Stimme wurde etwas lauter und ich sah meinen Vater verständnislos an. Wieso wollte er mit mir nun über dieses Thema sprechen?

„Vielleicht benutzt er sie auch nur, hast du schon einmal daran gedacht? Außerdem, was spricht gegen eine Freundschaft? Du musst nicht mehr mit ihm zusammenkommen, dass verlangt keiner von dir, aber du kannst ja wohl ihm soweit verzeihen, dass ihr Freunde werdet.“

„Papa, du weißt selber wie es ist, betrogen zu werden. In Bezug auf Colin gibt es nicht einmal mehr das Wort Vertrauen für mich.“

„Ja, ich weiß, wie es ist betrogen zu werden, ich jedoch, bin mit deiner Mutter befreundet, da ich weiß, dass sie, auch wenn sie mir all das angetan hat, dennoch der Mensch ist, dem ich alles anvertrauen kann. Sag mir, hat Colin jemals irgendein Geheimnis oder sonst etwas über dich erzählt? Hat er den Anderen gesagt, was dir damals auf deiner ersten Party passiert ist?“, auffordernd sah mich mein Vater an, worauf ich mit meinem Kopf schüttelte. Colin hatte es niemanden gesagt, und auch sonst kein Geheimnis von mir ist ihm den anderen gegenüber über die Lippen gekommen. „Siehst du? Ja, dein Vertrauen zu ihm, wenn es um eine Beziehung geht, ist zerstört, aber nicht, wenn es um eine Freundschaft geht. Denk mal darüber nach, Ilchen.“, er lächelte mich beruhigend an, als ich ihm in die Augen sah und tief ein und aus atmete.

IndecisionWhere stories live. Discover now