Kapitel 29

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„Einen wunderschönen guten Morgen wünsche ich dir.“

„Hatten wir gestern, ohne mein Wissen, Sex miteinander oder warum bist du so gut gelaunt?“ Colin sah mich skeptisch an, als ich lachte und mich ihm gegenüber an den Küchentisch setzte, um mir Kaffee in die Tasse einzuschenken, die Colin bereits für mich auf den Tisch gestellt hatte.

„Nein, hatten wir nicht.“, grinste ich und tat etwas Milch in meinen Kaffee, worauf ich Colin wieder ansah, diesmal mit leicht zusammengezogenen Augenbrauen. „Darf ich etwa nicht gut gelaunt sein?“

„Na ja, du hast mich gestern noch fast umgebracht und jetzt bist du so drauf, als wärst du glücklich darüber mich zu sehen.“

„Vielleicht bin ich das ja auch.“

„Ja genau.“ Er rollte mit seinen Augen, was mich nur zum Lachen brachte.

Einerseits wusste ich selber nicht, wieso ich so drauf war. Vielleicht lag es einfach daran, dass ich wirklich gut geschlafen hatte, auch wenn ich im Bett meines Vaters geschlafen hatte. Jedoch, andererseits, hoffte ich auch darauf, dass Colin mir durch meine Nettigkeit, diesmal nicht die Chance zu duschen ruinieren würde. Vielleicht würde er so überrascht sein, dass er mir den Schlüssel freiwillig geben würde, ohne, dass ich Fragen oder ihn Verprügeln müsste.

„Hör auf so skeptisch zu sein und freue dich darüber, dass ich dich heute mal ausnahmsweise nicht töten will.“ Um meine Aussage zu verdeutlichen, lehnte ich mich über den Tisch zu ihm hinüber und kniff ihm leicht in seine Wange, weswegen er kurz aufzischte, meine Hand sanft wegschlug und über seine Wange rieb.

„Autsch.“, schmollte er, was ich ihm gleich tat und daraufhin wieder anfing zu lachen. Heute war ich gut gelaunt und er war niedlich. Was war heute denn nur los? Schließlich hatten wir auch erst kurz nach neun Uhr in der Früh. „Amilya?“

Ich blickte ihn an und hob eine Augenbraue, als Zeichen, dass ich ihn hörte, als er seine rechte Hand in seinen Nacken legte und leicht darüber rieb.

„Danke, dass ich in deinem Bett schlafen durfte. Dank dir habe ich keinen kaputten Rücken.“ Hatte Colin Davis sich wirklich gerade bei mir bedankt, für solch eine kleine gute Tat, die ich getan hatte? Ohne zu wissen wieso, merkte ich wie ich rot wurde und auf meine Kaffeetasse hinunter sah.

„Kein Grund sich zu bedanken. Schließlich wäre es ja unfair, wenn dein Rücken kaputt wäre und du dich nicht wehren könntest, wenn ich dich wieder mal verprügle.“

„Dich würde ich selbst mit einem kaputten Rücken schaffen.“

„Klar, deswegen hast du mich gestern, mit einem gesunden Rücken, nicht überwältigen können.“

„Glaube mir, hätte ich es gewollt, dann hätte ich das auch geschafft.“, meinte er und trank von seinem Kaffe, während ich eine Augenbraue hob und ihn herausfordernd ansah. Klar, er könnte mich immer irgendwie dazu bringen unter ihm zu liegen, aber solange ich wusste, wie ich mich verteidigen könnte, wäre es nicht so leicht für ihn. Schließlich hatte er mehr Schwachstellen als ich und ich hätte den Kampf bereits gewonnen, würde ich ihm nur einmal in die Eier treten.

„Schwachsinn.“, sprach ich nur dagegen und stand auf, um meine leere Tasse in die Spülmaschine zu bringen.

Ich bückte mich gerade, um die Tasse einzuräumen, als ich genau spüren konnte, dass Colin hinter mir stand. Na ja, besser gesagt konnte ich spüren, wie er ernsthaft sein Becken an meinen Hintern drückte und ich rollte mit meinen Augen, während ich mich wieder richtig hinstellte und mich zu ihm umdrehte.

„Brauchst du heute wieder ein bisschen Körperkontakt, oder wieso drückst du dich so an mich?“, fragte ich ihn und stützte meine Hände an der Kante des Tresens ab, während Colin mir noch näher kam, wobei ich nicht einmal gewusst hatte, dass das möglich war.

„Ist das so unvorstellbar, dass ich es gerne habe, dich so nah bei mir zu haben?“, flüsterte er und nahm eine Strähne meiner Haare, die sich aus meinem Dutt gelöst hatte, zwischen Zeige- und Mittelfinger, worauf er anfing, damit zu spielen.

„Ja, schon. Du hast mich damals von dir weggescheucht, also kannst du dir ja wohl denken, dass alles, was du so mir gegenüber machst, komisch ist.“

„Ich habe dich nicht verscheucht. Du hast mich von dir gestoßen.“

„Das stimmt nicht.“, stellte ich klar und schlug seine Hand weg. Nun war meine gute Laune wieder verschwunden. Was bildete er sich auch ein, mich nun wieder als Böse darzustellen? Er war derjenige gewesen, der mich weggeschickt hatte, vielleicht von seiner Seite aus unbewusst, aber er hatte es getan.

„Natürlich stimmt das.“, blieb er seiner Meinung treu, aber ich würde ihn schon noch klarmachen, dass ich früher keine Schuld gehabt hatte. „Du bist einfach gegangen.“

„Ja, ich bin gegangen, weil du mir keinen Grund gegeben hast, um noch zu bleiben!“ Meine Hände legte ich auf seine Brust, um ihn ein Stück weiterweg zu schubsen, aber er ließ es nicht zu und blieb standhaft. „Ich wollte dir eine zweite Chance geben und du warst so dumm gewesen und hast sie nicht angenommen!“

„Wann hast du mir bitte eine zweite Chance gegeben? Von einem Tag auf den anderen bist du nicht mehr zur Schule gekommen und dann musste ich von Gwen erfahren, dass du einfach abhauen willst, ohne es irgendeinem zu sagen. Das war feige, Amilya.“

Wie bitte?!

„Feige?!“, rief ich aus und diesmal schaffte ich es Colin von mir zu schubsen, da er wohl nicht damit gerechnet hatte, dass ich so reagieren würde.

Was war daran bitte feige gewesen? Hatte er denn schon wieder vergessen, wie ich an dem Tag, als ich mich dazu entschieden hatte, umzuziehen, vor ihm gestanden war, den Tränen nahe und ihn entscheiden lassen habe? Hatte er denn schon vergessen, für wen er sich an diesem Tag entschieden hatte? Alles war seine Schuld gewesen!

„Weißt du was? Du schnallst es sowieso nicht, also lass mich einfach für den Rest des Tages in Ruhe. Ich will deine Scheiße, von wegen, du wärst unschuldig, nicht mehr hören. Ich könnte kotzen.“, zischte ich und schüttelte mit meinem Kopf, als ich mich von ihm abwandte und aus der Küche ging, ohne darauf zu achten, ob Colin mir hinterher sah oder irgendetwas gesagt hatte.

Ich war ernsthaft geschockt, über die Tatsache, dass er dachte, er wäre der Unschuldige gewesen, obwohl er der einzige Grund gewesen war, wieso ich gegangen war. Wie hätte ich auch in solch einer kleinen Stadt leben können, in der mich alles an ihn erinnert hatte? Es wäre innerlicher Selbstmord gewesen, hätte ich es mir angetan, ihn vielleicht jeden Tag zu sehen und ich wollte mir nicht vorstellen, wie stark die Schmerzen gewesen wären, wäre ich geblieben, wenn ich mich mal daran zurück erinnerte, wie ich schon Kilometer weit weg von ihm gelitten hatte.



„Also treffen wir uns so um dreizehn Uhr?“, fragte ich nochmals ins Telefon, während ich dabei war, meine Fingernägel schwarz zu lackieren.

„Ja. Macht es dir wirklich nichts aus, dass Elias und Hunter auch kommen?“

„Quatsch, Gwen. Elias und ich haben uns doch schon immer verstanden und mit Hunter habe ich auch bereits alles geklärt. Es ist in Ordnung.“, sprach ich und pustete leicht gegen meine Fingernägel, mit der Hoffnung, dass dadurch der Nagellack schneller trocknen würde. Ich liebte diesen Nagellack, denn er war Mattschwarz, sobald er trocknete. „Wie ist das eigentlich zwischen dir und Elias? Es wundert mich, dass er mitkommt.“

„Wir haben geredet und beschlossen nur Freunde zu bleiben – wir beide sind der Meinung, dass das das Beste ist. Es ist einfach zu viel passiert, verstehst du?“

„Ja, verstehe ich. Es ist dennoch traurig, dass es so enden musste.“

„Ja, stimmt, aber wir beide kommen darüber hinweg. Wir wären ohnehin nicht glücklich, würden wir es nochmals versuchen.“

„Solange ihr mit eurer Entscheidung zufrieden seid.“, meinte ich nur dazu und hörte Gwen, wie sie ins Telefon seufzte. „Wo gehen wir dann hin, wenn wir uns an der Bushaltestelle getroffen haben?“, wechselte ich das Thema und ließ mich rückwärts auf mein Bett fallen.

„Keine Ahnung. Vielleicht an den kleinen See am Rande der Stadt. Irgendwie müssen wir ja das schöne Wetter nutzen.“, lachte sie leicht und ich tat es ihr gleich. Sie hatte Recht. Heute schien die Sonne, was um diese Jahreszeit nicht wirklich ungewöhnlich war, aber es war keine einzige Wolke am Himmel zu sehen und ein kalter Wind wehte, was es nur noch besser machte. Zwar war ich kein Sommer-Mensch, aber bei so einem Wetter wollte ich auch nicht nur Zuhause sitzen, am meisten nicht, wenn Colin auch unter diesem Dach war.

Von Colin hatte ich auch nichts mehr gehört, seit unserer kleinen Auseinandersetzung und es war auch gut so, denn ich wollte ihn nun wirklich nicht mehr über den Weg laufen. Er konnte von mir aus den ganzen Tag dumm vor dem Fernseher sitzen und irgendwelche Serien anschauen, solange er nicht der Meinung war, mir auf die Nerven zu gehen.

„Dann hole ich euch mit meinem Auto ab. Das ist besser, als mit dem Bus so einen langen Weg zu fahren.“

„Die Strecke bis zum Rand der Stadt ist nicht lang, Amilya.“

„Aber Busfahren ist scheiße.“

„Okay, ja, das stimmt.“, lachte sie wieder und daraufhin sprachen wir noch über belanglose Themen, bis ich auflegen musste, da ich mich schließlich noch fertig machen musste.

Jedoch seufzte ich genervt auf, als mir einfiel, dass Colin noch immer die Schlüssel fürs Badezimmer hatte. Jetzt würde er sie mir mit Sicherheit nicht geben.

Ein paar Minuten saß ich einfach nur dumm da, überlegte, wie ich Colin austricksen konnte, damit er mir die Schlüssel geben würde, bis mir eine andere Möglichkeit kam, um mich fertig zu machen. Dass ich gestern Mittag zuletzt duschen war, kotzte mich zwar schon an, aber es war nicht so schlimm, wie die Tatsache, dass meine Haare mich hassten und heute wieder etwas fettig waren.

Ich stand auf, ging aus meinem Zimmer und direkt hinunter zu dem kleinen Raum, den mein Vater als Vorratskammer nutzte. Ich war nur selten darin, aber ich wusste, dass dort noch Shampoo und Spülung für die Haare drinnen stand.

Ich öffnete die Tür und atmete erleichtert aus, als ich das fand, was ich brauchte. Sofort schnappte ich es mir, lief damit in die Küche und machte den Wasserhahn am Spülbecken an. Wenn ich schon nicht meine Haare im Bad waschen konnte, dann musste eben eine andere Möglichkeit her, weswegen ich einfach meine Haare in der Küche waschen würde.

„Was machst du da?“, hörte ich Colin fragen, welcher gerade in die Küche gekommen war, als ich meinen Kopf, mit den Haaren nach vorne, unter den Wasserstrahl hielt.

„Haare waschen, siehst du doch.“, gab ich entnervt zurück und griff nach dem Shampoo, worauf ich mir welches davon in die Haare tat und einmassierte.

„Und wieso?“

„Weil sie vielleicht fettig waren? Was fragst du denn für dumme Fragen?“ Ich spülte das Shampoo aus, sowie die Spülung als sie eingezogen war und griff nach einem frischen Küchentuch, um dieses um meine nassen Haare zu wickeln. Ohne auf Colin zu achten, der noch immer in der Küche stand, ging ich wieder zum Vorratsraum, um mir nun eine neue Zahnbürste und Zahnpasta zu holen, denn Zähneputzen musste ich schließlich auch. Und genau das tat ich dann, mitten in der Küche, immer mit dem Blick von Colin auf mir, bis ich fertig war. „Schau nicht so dumm, Colin. Nur wegen dir muss ich das hier machen, weil du so kindisch bist und die Badezimmer abgeschlossen hast.“, zischte ich noch, als ich an ihm vorbeilief und wieder hoch in mein Zimmer, um mich umzuziehen.

Zum Glück habe ich gestern noch daran gedacht mit zu rasieren, dachte ich, als ich mir eine kurze Stoffhose anzog und ein weißes Shirt über den Kopf zog, nachdem ich frische Unterwäsche angezogen hatte. Noch schnell schminkte ich mich leicht mit Wimperntusche und schon sah ich auf die Uhr, die mir anzeigte, dass ich langsam los musste, wenn ich nicht zu spät kommen wollte.

Ich nahm mein Handy, packte es in die Tasche meiner Stoffhose und nahm noch meinen Geldbeutel, worauf ich aus meinem Zimmer ging und die Treppe hinunter. Weiter kam ich jedoch nicht, denn Colin stellte sich vor mich und sah mich fragend an, mit seinen Armen vor der Brust verschränkt.

„Wo willst du hin?“

„Ich geh raus.“

„Nein, gehst du nicht.“ Er stellte sich mir in den Weg, als ich an ihm vorbei wollte, nachdem ich meine Autoschlüssel, so wie Hausschlüssel genommen und meine Schuhe angezogen hatte.

„Natürlich gehe ich. Du kannst es mir nicht verbieten, Colin, also geh mir aus dem Weg.“ Jedoch dachte er nicht einmal daran und ich rollte nur mit meinen Augen. „Nimmst du deine Rolle als unnötiger Babysitter nicht etwas zu ernst?“

„Mit wem gehst du raus?“

„Geht dich das etwas an?“

„Amilya.“, knurrte er und hob eine Augenbraue, als ich seufzte.

„Mit Gwen, Elias und Hunter. Zufrieden, dass nun zu wissen? Lass mich jetzt gehen.“

„Jetzt erst recht nicht, wenn du dich mit Hunter triffst.“

„Ach, halt dein Maul und geh mir aus dem Weg, du eifersüchtiger Pisser.“, zischte ich, aber er blieb noch immer auf dem gleichen Fleck stehen. Dennoch zuckte er zusammen, als ich andeutete, ihm in die Eier zu treten, und sofort nutzte ich diese Chance und huschte an ihm vorbei, direkt aus der Haustür hinaus und zu meinem Auto.

„Amilya!“


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