Kapitel 51

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"Bereit?"

"Bereit für was?"

"Bist du bereit zu fahren?" Der Junge, den ich mal so geliebt hatte, stand frisch geduscht und angezogen vor mir, mit seinen Autoschlüsseln in der Hand, die er an dem kleinen Ring, welcher an dem Schlüssel hing, um sein Zeigefinger wedeln ließ. 

"Wohin fahren?" Während er schon fertig angezogen war, saß ich noch in der Küche, auf den Stuhl und mit einem Stück Käse im Mund. Da Colin mich überrascht hatte, und ich nicht damit gerechnet hatte, dass er schon nach einer halben Stunde komplett fertig sein würde, hatte er mich dabei erwischt, wie ich mir einfach eine ganze Scheibe Gouda in den Mund gestopft habe. Mit großen Augen sah ich ihn an, während er amüsiert schmunzelte.

"Erst du dir nach Hause und dann deine restlichen Sachen holen. Du sagtest doch gestern, dass es heute der letzte Tag wäre, an dem du sie holen könntest und da ich denke, dass dein Auto zu klein ist, nehmen wir den meines Vaters." 

"Du willst mit?"

"Natürlich will ich das. Denkst du ich lass dich alleine die ganzen Sachen schleppen?"

"Denkst du ich lass dich irgendetwas schleppen, du Idiot? Hallo? Deine Wunde?", sprach ich, nachdem ich runtergeschluckt hatte und tippte mit meinem Zeigefinger gegen meine Stirn, um ihm zu deuten, wie dumm er eigentlich war. 

"Ich sagte dir doch schon, dass es mir besser geht. Es tut nicht mehr weh und schau, ich brauche nur noch eine Krücke und das nicht einmal die ganze Zeit.", berichtete er mir stolz, weswegen ich aufstand und klatsche. Colin bekam gerade was sich viele Künstler wünschten: Standing Ovation.

"Ändern nichts an der Tatsache, mein kleiner Colin.", sprach ich nach meinen Beifall für ihn und setzte mich wieder zurück auf den Stuhl. Er reagierte darauf nur mit seinem Mittelfinger, den er mir wortwörtlich ins Gesicht drückte. Das war meine Möglichkeit auf Rache für gestern. 

Bevor er es merkte, biss ich ihm in seinen Mittelfinger und er quitschte ungelogen auf wie ein Mädchen. Eigentlich hatte ich den Plan seinen Finger nicht aus meinen Zähnen befreien zu lassen, aber dadurch, dass er wie ein Mädchen gequitscht hatte, musste ich lachen.

"Du Pussy!"

"Du hast mich erschreckt!", versuchte er sich zu verteidigen aber es brachte nichts. Ich lachte weiter und irgendwann tat er es mir dann gleich. 

Ich stand unter der Dusche, bei mir Zuhause, während Colin in meinem Zimmer auf mich wartete. Während das Wasser auf mich hinab prasselte, dachte ich über den gestrigen Abend nach. Es war faszinierend, wie gut Colin und ich uns verstanden hatten, für unsere Verhältnisse. Anscheinend fingen wir an, die Anwesenheit des anderen zu akzeptieren - zu genießen. 

Ich gab zu, dass ich es schön fand, Colin bei mir zu haben, auf irgendeiner kranken Art und Weise. Ich meinte, er hatte mir das Herz gebrochen und dennoch war er der einzige Mensch, mit dem ich so lachen konnte, dass ich alles um mich herum vergaß. Es war jedoch nur eine Frage der Zeit bis wir uns wieder in die Haare bekommen würden und es war egal wegen was. Schließlich stritten wir wegen jeder Scheiße. 

So auch gab ich zu, dass es mir kranker Weise auch irgendwie Spaß machte mit ihm zu Streiten. Colin bot mir die Stirn, wenn es darauf ankam und heulte nicht gleich herum, wie die meisten Menschen, die mit mir einen Streit anfingen und merkten, dass ich bissig werden konnte, wenn ich wollte. 

Keine Ahnung, wie lang ich bereits unter der Dusche stand, aber irgendwann entschied ich mich dazu, fertig zu duschen und nicht mehr länger unter dem heißen Wasser zu stehen, auch wenn es gerade der Himmel auf Erden war. 

Ich musste heute noch vieles erledigen. 

Zum Glück war mein Vater nicht Zuhause, wo auch immer er sich gerade herumtrieb, denn ich wollte nun wirklich nicht, dass er sich wieder irgendetwas darauf einbildete, dass Colin in unserem Haus war. 

IndecisionWhere stories live. Discover now