Teil 32

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Die Rückfahrt ist für mich genau so anstrengend wie die Hinfahrt. Hämmernde Kopfschmerzen ärgern mich. Ich schlucke noch zwei Tabletten und bin zufrieden dass der pochende Schmerz in meiner Schulter auch nachlässt. Vergnügt kommen wir zu Hause an. Dort warten Tjorben und Thorsten auf uns und sind richtig wütend: „Sagt mal, habt ihr nen Dachschaden? Wollt ihr Rana umbringen? Ihr könnt sie dich nicht ernsthaft in ein Flugzeug setzen und einen Interkontinentalflug mit ihr veranstalten! Sie hat Hirnverletzungen! Das ist lebensgefährlich!" Wir vier gucken doof. „Du hast doch gesagt ich könne arbeiten." versuche ich Tjorben zu beschwichtigen. Der schaut mich entsetzt an. „Hier in New York ja, aber doch nicht in Afrika! Du hättest sterben können!" „Aber...." „Kein Aber! Schreit mich Thorsten an. Wir jagen dich nicht umsonst durchs CT! Deine Verletzungen  sind nicht ohne. Hast du Kopfschmerzen?" Ich schüttle den Kopf. Ich würde mir lieber den Kopf abnehmen lassen als das jetzt zuzugeben. Carter und Freja gucken sehr betroffen. „Das haben wir nicht gewusst. Wir hätten sie nie mitgenommen wenn wir sie damit in Gefahr bringen." entschuldigen sie sich. Tjorben und Thorsten kommen runter. „Sorry, aber sie ist alles andere als stabil." sie schauen nicht mehr ganz so wütend. „Wir nehmen dich jetzt mit ins Krankenhaus und gucken noch mal in deinen Kopf. Wir müssen ausschließen dass kein Äderchen geplatzt ist." „Darf ich mir ein paar Sachen zusammenpacken?" frage ich. Die beiden nicken. „Pack Matt mit ein. Ohne ihn bist du eh nur nen Nervenbündel." sagt mir Tjorben. Ich nicke und gehe rauf. Carter entschuldigt sich noch einmal bei mir und beteuert dass er niemals vorhatte mich in Gefahr zu bringen. „Ryan, das weiß ich doch. Ich habe selbst nicht gewusst dass ich nicht fliegen sollte. Die beiden haben mir nicht verraten dass mein Hirn matsche ist." Ich bin etwas sauer auf unsere beiden Ärzte.
Matt und ich  packen ein paar Sachen ein. Ich glaube nicht dass ich lange bleiben muss. Auf der Fahrt ins Krankenhaus wird mit aber schwindelig und schlecht. Die Schmerzen kommen auch wieder. „Hast du schmerzen?" fragt mich Tjorben. „Nein, nur Angst." antwortet ich nicht ganz wahrheitsgemäß.
Das CT ergibt dass ich sehr wohl eine kleine Blutung im Kopf habe. Die beiden entschließen sich mich auf die Intensivstation zu packen. Ich bekomme gefühlt 100 Zu- und Ableitungen.  Und dann wird versucht die Blutung zu stoppen. Mein Schädel fühlt sich an als wolle er zerspringen. Ich habe unendliche Schmerzen aber ich meditiere lieber als irgendjemandem zu verraten dass mein Kopf weh tut. Carter und Finja kommen völlig am Boden zerstört um mich zu besuchen. Matt darf leider nicht die ganze Zeit bei mir sein. In der Zeit wo er nicht da ist fehlt er mir fürchterlich.
Als alle weg sind kommt Gabriel rein. Er sieht noch sehr mitgenommen aus weil auch er ja ziemlich frisch operiert ist. Er meldet sich an der Anmeldung an. Ich habe keine Lust ihn zu sehen und schließe einfach meine Augen.
Gabriel setzt sich zu mir ans Bett, nimmt meine Hand und weint. Er tut mir schon irgendwie leid.
Ich öffne meine Augen und schaue ihn an. Er sieht mich nicht weil er seine Augen zuhält und schluchzt. Ich drücke seine Hand. Er merkt das und schaut erschrocken hoch.
„Hey, Gabriel!" sage ich sanft. Er schaut mich mit seinem verweinten Gesicht an und sagt: „Rana, das wollte ich nicht. Ich weiß nicht was in mich gefahren ist, aber bitte glaub mir, ich wollte dir nicht weh tun." Ich schaue ihn ungläubig an. Aber sein zerknirschter Gesichtsausdruck lassen mich an seiner Boshaftigkeit zweifeln. Wahrscheinlich war ich nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Ich lächle ihn an und sage: „Ist schon ok."
Er schaut nun mich ungläubig an. „Echt jetzt?" Ich drücke wieder seine Hand. „Ja, echt jetzt." Gabriel strahlt mich an. „Dankeschön, du weißt gar nicht was mir das bedeutet." Ich schaue Gabriel an und weiß dass ich ihm verziehen habe. Es fühlt sich gut an, denn nun sitzt nicht mehr dieses bedrückende Gefühl der Angst in meiner Brust. Ich merke wie der Druck in meinem Kopf unendlich zunimmt. Ich drücke noch einmal Gabriels Hand und sage: „sag bitte Matt dass ich ihn liebe" Ich sehe noch wie er mich überrascht anschaut aber ich höre schon die Alarme meiner Monitore angehen. Mir gehen die Lichter aus. Als ich wieder aufwache bekomme ich keine Luft. Ich bekomme Panik. Dann sehe ich Matt der sich über mich beugt und mir den Kopf  streichelt. Eine Krankenschwester kommt und erklärt mir dass sie mich gerade extubiren und ich versuchen solle durch dieses kleine Röhrchen zu atmen. Ich versuche meine Panik zu unterdrücken und konzentriere mich aufs Atmen. Matt streichelt unablässig meine Stirn und flüstert: „Prinzessin, ich bin so froh dass du aufwachst. Ich habe so Angst um dich gehabt. Ich dachte du schaffst es nicht. Ich dachte ich würde verrückt." Er küsst meine Stirn. „Ich liebe dich! Wach für mich auf, bitte!"  Ich öffne die Augen weit und schaue direkt in seine. Ich würde ihm so gerne sagen dass ich ihn auch liebe aber es geht nicht. Ich muss atmen. Durch dieses verflixt enge Rohr. Tjorben kommt und befreit mich von dem Ding. „Matt, ich liebe Dich!" ich beeile mich Matt das zu sagen. Er streichelt mir weiter die Stirn und sagt dann: „Ich weiß, Prinzessin." Tjorben sagt: „Du hast uns gestern einen gehörigen Schrecken eingejagt. Wir haben dich notoperieren müssen. Du bleibst erst einmal ein paar Tage auf der Intensivstation. Ich fange an zu weinen. „Matt bleibt bei dir" sagt Tjorben ganz sanft. Gabriel wird dir nicht wieder weh tun." Ich schaue Tjorben mit großen Augen an. „Aber er hat mir nicht weh getan!" sage ich mit krächzender Stimme. „Er hat mich um Entschuldigung gebeten." Tjorben schaut mich an als wäre ich verrückt geworden. „Du hast aber nicht angenommen?" sagt er perplex. „Doch natürlich!" sage ich mit meinem schmerzendem Hals. „Du bist bescheuert!" Tjorben wirft mir noch vieles an den Kopf. Aber ich mache einfach meine Augen zu. Wenn ich ihn nicht sehen kann dann kann ich ihn bestimmt auch nicht hören. Leider klappt das nicht. Ich höre Tjorbens Vorwürfe sehr gut. Carter kommt mit Freja rein. „Habt ihr sie extubiert?" fragt er ganz aufgeregt. Tjorben erzählt agitiert davon dass ich Gabriel entschuldigt hätte. Durch meine Tränen sehe ich ihn an und krächze: „Hör mal, er hat sich ehrlich entschuldigt und ich habe gedacht ich würde sterben und wollte nicht mit diesem Knoten voll Angst und Hass auf ihn gehen." Matt nimmt mein Gesicht in seine Hände und küsst mich. „Du bist ein Engel." sagt er. Carter nimmt Tjorben mit nach draußen. Ich bin erleichtert. Freja nimmt mich in die Arme und ich weine noch  ein bisschen. Sie tröstet mich. „Hey, Kleine, wenn du Gabriel verzeihen möchtest dann ist das völlig ok. Es ist ganz alleine deine Entscheidung." Ich fühle mich so geborgen in den Armen meiner großen Schwester. Ich trockne mir die Augen und lächle sie dankbar an.

MattWhere stories live. Discover now