Kapitel 27: Die Wunden der Vergangenheit heilen, doch sie hinterlassen Narben

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Dresden
Navyas Sicht:

Anscheinend war ich auf der Fensterbank eingeschlafen, denn als ich wach wurde waren meine Glieder klamm von der Kälte. Wäre ich nur erfahrener im Umgang mit Mikotos Königskraft, dann könnte ich mich wärmen und zudem noch ganz einfach fliehen, aber so hatte ich einfach Angst, dass ich alles in Brand stecken oder gar zum explodieren bringen würde. Das Risiko war mir viel zu groß. Zudem fiel es mir ohne Mikotos Hilfe noch immer schwer, die Flammen überhaupt hervor zu locken. Es könnte viel zu viel schief gehen. Ich kletterte von der Fensterbank, als mir etwas einfiel. Mein PDA! So konnte ich sie erreichen. Schnell tastete ich meine Taschen nach dem elektronischen Gerät ab, doch es blieb verschwunden. Ich musste es verloren haben, als sie mich betäubt hatten, oder sie hatten es mir abgenommen. Somit verschwand auch meine letzte Hoffnung auf Rettung. Sie würden mich nie finden....
Ich sah auf, als es an der Tür klopfte und meine Mutter herein kam.
"Los komm. Es gibt essen"
"Ich habe keinen Hunger" giftete ich ihr zu, doch sie packte mich nur grob am Arm und zerrte mich nach unten, wo ich an den Tisch bugsiert wurde. Grimmig sah ich meine Eltern an.
"Damit werdet ihr nicht durchkommen"
"Ess jetzt" befahl mein Vater, doch ich schob meinen Teller von mir und verschränkte die Arme. Wer weiß, was die mir da rein gemischt hatten.
"Was bist du nur für eine verzogen Göre geworden, die letzten Jahre!" polterte er auch direkt los.
"Navya. Ich glaube du solltest langsam begreifen, dass du bei diesen Straßenraudis nichts zu suchen hast, das entspricht nicht deinem Stand"mischte sich meine Mutter nun ein.
"Homra ist mehr eine Familie für mich, als ihr es je sein könntet!"
"Zu schade, dass du sie nie wieder sehen wirst!" schnaubte mein Vater, bevor er aufstand und mein PDA hervor holte.
"Gib mir das sofort wieder her!" rief ich und sprang auf, wurde von dem Schrank hinter mir jedoch wieder runter gedrückt.
"Sag brav bye bye. Sie werden dich nicht finden, wenn sie überhaupt nach dir suchen" spottete der grauhaarige Mann vor mir, bevor er meinen PDA zu Boden fallen ließ und mit voller Wucht mehrfach darauf trat. Schockiert sah ich dabei zu, unfähig, etwas zu machen. Meine letzte Hoffnung, dass sie mich womöglich darüber orten konnten..... Zerstört. Zufrieden mit seinem Werk setzte sich der Mann, welcher mich gezeugt hatte, wieder hin.
"Und jetzt isst du, sonst müssen wir dich füttern, wie ein Baby" meinte er, bevor er selbst anfing. Mit einem Todesblick sah ich ihn an, bevor ich den Teller nahm und ihn zu Boden fallen ließ.
"Lieber sterbe ich, als euren Fraß zu essen" Entsetzt sprank meine Mutter auf, als der Teller zerbrach.
"Der war von meiner Mutter!" schrie sie und scheierte mir eine.
"Auf dein Zimmer! Sofort!" brüllte der alte Herr nur und ich wurde wieder in mein Zimmer gesperrt. Ich kletterte auf mein kleines Bett und kauerte mich zusammen. Nie wieder wollte ich hierher...... Nie wieder wollte ich mich so erniedrigen lassen....

Entschlossen setzte ich mich auf und sah auf meine Hände. Ich hatte mir geschworen, dass das nie wieder passierte. Ich hatte die Kraft, das hier zu beenden in mir, ich musste sie nur einsetzen. Angestrengt versuchte ich die Flammen herauf zu beschwören, doch alles, was dabei herum kam war, dass mein Kopf vor lauter Anstrengung rot wurde und ich Kopfschmerzen bekam. Seufzend gab ich auf. Es hatte keinen Sinn, ich konnte sie einfach noch nicht genug kontrollieren... Selbst die grundlegende Selbstverteidigung, welche ich mir angeeignet habe brachten nun nichts, gegen diese Bodybuilder hatte ich nicht den Hauch einer Chance. Ich spürte, dass Mikoto sauer war, gar außer sich und vor allem, dass er besorgt war. Es war inzwischen schon spät am Abend und ich musste wohl oder übel erstmal schlafen gehen. Ich war vom Training erschöpft und dieses Betäubungsmittel, dass sie mir gespritzt hatten, tat sein übriges. Ich war ausgelaugt und hatte zudem noch Hunger. Seit ich die Jungs von Homra kannte, ging es mir besser, als je zuvor und ich hatte tatsächlich die Gefahr, welche aus Deutschland drohte, vergessen, bis Tatara mich darauf angesprochen hatte. Ich hatte die Verfolgungsjagd verloren, meine Vergangenheit hatte mich eingeholt. Aber das schlimmste daran war, ich war schuld, dass es Mikoto schlecht ging. Vermutlich war es uns nicht bestimmt, zusammen zu sein. Das Schicksal riss uns nun bereits ein zweites Mal auseinander, diesmal womöglich für immer. Es sollte wohl einfach nicht sein.... Traurig griff ich nach dem kleinen Herz um meinen Hals und rollte mich auf dem kalten Bett zusammen.

Wächterin des DamoklesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt