Kapitel 9

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Warum hatte ich mich eigentlich auf diesen ganzen Mist eingelassen? Warum nur? Ich hätte nein sagen sollen. Nein zu Jeans Wunsch Hüter bei den Hufflepuffs zu werden und auch nein zu Sirius Idee Elaina einen Besen zu schenken. Es waren zwei komplett bekloppte Ideen gewesen. Menschen sollten nicht auf Besen fliegen, egal ob Zauberer oder nicht. Das war unnatürlich.
„Warum guckst du jetzt so böse zwischen Elainas Geschenk und Jeans Brief hin und her?" Samuel legte mir eine Hand auf die Schulter.
„Jean ist Hüterin im Quidditchteam geworden." Mein Großcousin fing an zu lachen.
„Und jetzt bereust du es, in diesem Punkt nachgegeben zu haben und es ihr zu erlauben?"
„Du hast gut Reden! Du hast bis heute nicht auf einem Besen gesessen oder bei einem Quidditchspiel zugesehen. Das ist gefährlich."
„Carolin, wenn du Elaina auf irgendwelche Sachen klettern lässt, bekommen andere Eltern auch die Krise. In der Zaubererwelt ist Quidditch normal und wenn sie sich in Hogwarts ein Arm bricht, ist der beseitigt, lange bevor wir davon erfahren."
„Wenn sie sich ihr Genick –"
„Elaina kann auch runterfallen und sich ihr Genick brechen. Damit meine ich nicht vom Besen. Jetzt hör auf, dir Sorgen zu machen. Schreib Jean, ich bin stolz auf sie und verheimliche, dass du Angst hast. Ansonsten kriegt sie nur ein schlechtes Gewissen."
„Warum ist Samuel stolz auf Jean?" Sirius kam frisch geduscht in den Raum. Seine Aurorenausbildung war wesentlich anstrengender als meine oder die von Marlene in der Abteilung für internationale magische Zusammenarbeit. Jedenfalls wenn man sich die körperliche Aktivität ansah. Mal abgesehen von meiner Rennerei durch das St. Mungo, als vor ein paar Tagen Mathew Avery eingeliefert worden war.
„Jean ist im Quidditchteam. Carolin hat Angst um sie und Samuel ist stolz", erklärte Marlene, die ein französisches Buch auf dem Schoß hatte. Seitdem wir öfter in Frankreich waren und sie auch bei ihrer Arbeit viel mit ausländischen Zauberern zu tun hatte, wollte sie ihre Fremdsprachenkenntnisse weiter vertiefen. Also redete sie jetzt mit allen, die Französisch konnten, diese Sprache und las Bücher auf dieser.
Auch auf Elaina hatten unsere regelmäßigen Besuche im anderen Land Auswirkungen. Nicht nur, dass Azura und sie mittlerweile ein Herz und eine Seele waren, meine Großcousine hatte ebenfalls angefangen, Französisch zu lernen. Sie war nun mal noch in einem Alter, wo sie sehr leicht eine andere Sprache lernen konnte. Also saugte sie die andere Sprache mit Begeisterung wie ein Schwamm auf. Die zweisprachig erzogene Azura brachte ihrer neuen Freundin mit viel Enthusiasmus die fremde Sprache bei und Adèle, die immer ein Auge auf die beiden hatte, sprach mit ihnen Französisch.
„Du musst keine Angst um deine Cousine haben, Prinzessin."
„Doch genau das muss ich, Stallbursche."
„Jean weiß, was sie tut, und Elaina werde ich beibringen, wie sie auf dem hier fliegt." Mein Freund zeigte auf das Geschenk, welches für morgen griffbereit auf dem gedeckten Tisch lag.
„Ich mache mir trotzdem Sorgen um die beiden, Sirius."
„Und es gibt nichts, was du sagen kannst, um ihre Sorgen zu nehmen." Marlene klappte ihr Buch zu. Anscheinend hatte sie beschlossen, dass es wenig Sinn machte noch weiter zu lesen.

Elaina packte neugierig ihr Geschenk aus. Als sie endlich das Geschenkpapier weit genug geöffnet hatte, um den Schweif des Besens zu sehen, begannen ihre Augen zu leuchten.
„Ein Besen!", quietschte sie glücklich. Das Mädchen rupfte noch ungeduldiger am Geschenkpapier, um dieses endlich loszuwerden.
„Alleine fliegen." Sie hatte es endlich geschafft, den Besen von dem Papier zu befreien, und strich stolz über den Besenstiel. Ich sah ihr lächelnd dabei zu. Vielleicht war Sirius Vorschlag doch nicht ganz bescheuert gewesen, auch wenn ich es immer noch für viel zu gefährlich hielt, der nun vierjährigen Elaina ein Besen in die Hand zu drücken. Sie konnte nicht einmal Fahrrad fahren und dieses war auf jeden Fall viel ungefährlicher als diese mörderischen Besen. Wir hätten ihr ein Fahrrad kaufen sollen. Ist in der Muggelwelt auch viel praktischer, als dass sie auf einem Besen fliegen kann.
„Ich will fliegen!" Elaina zupfte aufgeregt an Sirius Ärmel.
„Vor dem Frühstück?" Das kleine Mädchen nickte aufgeregt.
„Aber nur eine kleine Runde über die Terrasse, um zu gucken, ob er auch etwas taugt. Danach wird gefrühstückt!", bestimmte Samuel. Die beiden nickten begeistert, während sie auf die Terrasse düsten. Mein Freund half dem kleinen Mädchen dabei, sich vernünftig auf den Besen zu setzten. Elaina stieß sich vom Boden ab und schwebte einen Meter über diesen. Automatisch spannten sich alle meine Muskeln an. Sollte die Kleine herunterrutschen, würde ich ihr sofort zur Hilfe eilen können. Doch die Rothaarige rutschte nicht. Sie flog auch nicht gerade schnell. Sirius konnte gemütlich neben dem Besen herlaufen und dem Mädchen zeigen, wie sie richtig lenken konnte. Trotzdem war ich echt froh, als die Runde vorbei war und Elaina auf den Boden zurückkehrte.

Hexagramm-SpinnefeindWhere stories live. Discover now