Kapitel 19

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Es klopfte an der Tür. Grummelnd kuschelte ich mich näher an Sirius. Ich wollte nicht aufstehen. Ich wollte mich nicht von meinem Verlobten trennen. Viel lieber wollte ich noch ein paar Stunden weiterschlafen, um danach noch ein wenig mit meinem Partner zu kuscheln. Wir hatten uns doch gerade erst wieder versöhnt, da sollte uns niemand stören.
„Sirius? Carolin? Aufgewacht ihr beiden! Es gibt Abendessen!" Maélys war wirklich die letzte Person, die ich gerade hier haben wollte. Auch mein Freund grummelte nur leise als Antwort.
„Hey! Steht auf! Ihr müsst euch an die kanadischen Zeiten gewöhnen. Ansonsten hüpft ihr Mitten in der Nacht durch das Schloss." Ich hörte, wie die Kriegsnymphe sich neben unser Bett stellte.
„Ich kann euch auch auf die harte Art aus dem Bett herausholen. Mir ist egal, ob ihr nackt seid." Ich saß sofort senkrecht im Bett.
„Wir sind doch nicht –"
„Guten Morgen, Carolin. Hübscher BH. Willst du so zum Abendessen oder willst du dir lieber noch etwas anziehen?" Ich merkte, wie ich rot anlief. Ich wusste, es war ein Fehler in Unterwäsche zu schlafen.
„Sirius, mach die Augen auf. Ich weiß, dass du nicht mehr schläfst."
„Kann man bei deinem Geschrei auch nicht." Maélys verdrehte die Augen.
„Ihr habt zwei Minuten, um euch fertig zu machen. Danach hole ich euch zum Abendessen. Egal wie weit ihr seid." Ich stöhnte leise.
„Maélys, du bist eine Sklaventreiberin."
„Eine Minute und 55 Sekunden." Seufzend schwang ich meine Füße aus dem Bett. Die Kriegsnymphe machte ihre Drohung wahr. Das war mir klar. Sie würde kein Mitleid haben, weil mein Verlobter und ich noch total verschlafen waren und eigentlich lieber im Bett liegen bleiben wollten, anstatt zu Abend zu essen.
„Du hast gesagt, ihr habt Anziehsachen für mich dabei."
„Im Koffer." Er zeigte auf einen Koffer, welcher neben dem Schminktisch stand. Wahrscheinlich hatte ein Hauself ihn hierher gebracht. Ich zog die erstbeste Hose heraus, die meine war und das erstbeste T-Shirt. Sirius schälte sich sehr widerwillig aus der Decke und trat neben mich. Auch er zog sich Anziehsachen heraus.
„Prinzessin?"
„Hm?"
„Glaubst du, wir können sie einfach Aussperren?"
„Sie bricht dir Tür auf."
„Finde ich doof." Er grummelte ziemlich unwillig.
„Zieh dich an, Stallbursche. Ich will nicht, dass du in Unterhose beim Abendessen sitzt."
„Möchtest mich wohl nicht teilen."
„Nein, du gehörst nur noch mir. Mir ganz alleine."
„Uh, eine besitzergreifende Prinzessin." Mein Verlobter zog sich sein T-Shirt an.
„Die zwei Minuten sind um." Und ich hatte mir nicht mal meine Haare gekämmt.

Samuel sah mich ziemlich mitleidig an, als Maélys Sirius und mich aus dem Raum zerrte. Weder Marlene noch er sahen ausgeschlafen aus.
„Na, hattet ihr auch dieses freundliche Weckprogramm von der Verrückten?" Marlene sah wütend zu der Kriegsnymphe, der es anscheinend ziemlich egal war, dass ihre Beliebtheit bei uns gerade in den Keller gesunken war.
„Wir hatten zwei Minuten zum Anziehen."
„Bis zu einem Kamm habt ihr es wohl nicht mehr geschafft." Marlene schnipste einmal kurz mit dem Zauberstab. Ich spürte einen leichten Wind, der einmal kurz durch meine Haare wehte und sich dann wieder legte.
„Schon besser. So kann ich euch schon eher mit einer Königin essen lassen."
„Was soll denn schon eher bedeuten?"
„Das bedeutet, dass wir wirklich unpassend gekleidet sind. Dein Kleid von Gestern – heute Morgen? Du weißt, was ich meine. Das war angemessen. Jetzt rennen wir wieder wie ein Haufen normaler Leute herum, die wir nun einmal auch eigentlich sind."
„Wenn du fragst, darfst du mit Sicherheit ein Prinzessinnenkleid haben."
„Bei uns im Keller liegen ein Haufen von den Dingern rum. In euren Schlössern bestimmt auch. Ich hoffe, hier in der Bibliothek ein wenig mehr über ihre aktuellen Standorte zu erfahren. Vielleicht kriegst du bald deine ganz eigenen." Marlene grinste glücklich vor sich hin.
„Das würde mir gefallen." Wir bogen um eine Ecke. Dort standen Deborah Watkins und ihr Freund Michael. Sie sprachen leise miteinander, sodass es unmöglich war, zu verstehen, worüber sie redeten. Na gut, unmöglich außer Marlene oder ich wollten wirklich lauschen, doch das war nicht der Fall. Es war ihr Privatgespräch und da sollte ich es nicht tun. Doch auch schon die Körpersprache reicht aus, damit klar zu erkennen war, die beiden stritten.
„Er versteht nicht, was sie ist und warum sie hierbleiben. Warum das alles passiert. Hexe ging noch in seinen Kopf herein, bei der Sache mit den Nymphen wurde es dann zu viel für ihn. Das braucht ein wenig Zeit. Ich habe meine Familie eine Woche lang nicht geglaubt, dass sie Zaubern können. Frédéric hat mir alle möglichen Zauber vorgeführt. Avis, Alohomora, Glisseo und am liebsten Silencio, wenn ich ihn mal wieder mit Fragen gelöchert habe. Die Sache mit den olympischen Göttern habe ich ihn nicht einmal geglaubt, als sie mir Ares vorgestellt haben. Ein magischer Trick, mehr nicht. Ich dachte, sie machen sich über mich lustig und als sie nicht aufgehört haben, dachte ich, ich spiele einfach mit und es wird ihnen irgendwann langweilig. Na ja, es wurde ihnen nicht langweilig und mittlerweile glaube ich doch ein wenig daran. Er wird Zeit brauchen, um zu verstehen, dass es alles Real ist und vor allem Zeit, um es zu verarbeiten. Ich werde später nochmal mit ihm reden. Von geistesgestörten Muggel zu geistesgestörten Muggel."
„Du bist nicht geistesgestört, Marlon."
„Ich glaube an Hexen und Nymphen. Manchmal warte ich auf den Moment, an dem ich aufwache und sich alles als verrückter Traum erweist."
„Nicht nur du", murmelte Maélys. Deborahs Blick glitt in unsere Richtung.
„Habt ihr gut geschlafen?"
„Ja, haben wir."
„Nur ein wenig kurz, weil jemand uns geweckt hat."
„Wenigstens hat sie Marlon vor der Tür gelassen." Ansonsten wäre die Situation noch wesentlich peinlicher geworden. Merlin, er hätte mich in Unterwäsche gesehen.
„Habt ihr sie bei unanständigen Sachen erwischt?", flüsterte die Gewitternymphe der Kriegsnymphe zu.
„Nein, haben sie nicht!" Ich merkte, wie ich knallrot anlief. Merlin, warum machten sich alle über meine und Sirius Angelegenheit Gedanken? Was ging es sie an, was wir nachts im Bett machten?
„Unanständig gibt es in Carolins Wortschatz nicht." Marlon sah breit grinsend zu Sirius und mir.
„Wo ist eigentlich Elaina?"
„Bei Frédéric. Sie war so früh wieder wach. Sie sind zusammen, das Schloss erkunden. Die beiden werden zum Essen kommen." Samuel lächelte mir beruhigend zu.
„Dann können wir uns ja wieder unserem eigentlichen Thema widmen von dem Carolin ausweichen will." Beschämt vergrub ich mein Gesicht in den Händen.

Hexagramm-SpinnefeindWhere stories live. Discover now