Kapitel 22

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Ungeduldig sah ich auf meine Uhr. In fünf Minuten würde der Hogwartsexpress am Gleis einfahren. Elaina, die sich an meine Hand geklammert hatte, trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Sie hatte wohl keine Lust mehr auf den Zug und Jean, die in diesem saß, zu warten.
„Wann kommt endlich Jean?" Das kleine Mädchen sah mich mit großen Augen an.
„Es dauert nicht mehr lange, Prinzesschen." Sirius, welcher die andere Hand der Vierjährigen hielt, kniete sich neben das kleine Mädchen.
„Bald ist der Zug hier. Wollen wir ein wenig über den Bahnsteig laufen, damit wir uns ein wenig die Zeit vertreiben?" Die Rothaarige nickte wild, weshalb ihre Haare um sie herumflogen.
„Prinzessin?" Mein Verlobter sah zu mir auf.
„Bewegung wird nicht schaden." Er stand auf. Zusammen liefen wir los.

Der Zug kam quietschend zum stehen. Elaina, die sich die Ohren zugehalten hatte, lief los.
„Jean ist da!" Ich sah grinsend zu Sirius, der, wie ich, dem kleinen Mädchen hinter hersah.
„Kommt ihr?" Die Vierjährige drehte sich ungeduldig zu uns um.
„Wir sind unterwegs, Elaina." Ich hakte mich bei meinem Freund unter. Zu dritt liefen wir am Zug entlang auf der Suche nach meiner Cousine. Die Türen des Zuges waren schon alle geöffnet. Gryffindors, Hufflepuffs, Slytherins und Ravenclaws drängten aus den Türen auf den Bahnsteig. Quatschend und glücklich.
„Ich vermisse Hogwarts." Sirius sah sehnsüchtig zu dem Hogwarts Express.
„Ich vermisse Felicitas und Murray."
„Murray?"
„Der Krake von Hogwarts. Er hat sich mir als Murray vorgestellt."
„Interessant." Elaina griff wieder nach meiner Hand.
„Da ist Regulus." Die Rothaarige sah schüchtern zu dem Slytherin, welcher gerade aus dem Zug sprang. Er drehte sich um und reichte seine Hand einem Mädchen. Ihre Haut war sehr blass, fast so als wäre Sonne für sie ein Fremdwort. Ihre hellblonden Haare fielen ihr in sanften Locken über die Schulter. Die Nägel waren perfekt abgerundet und lackiert. Ihr Gesicht war unter einer dicken Schicht Make-Up versteckt.
„Danke, Regulus. Du bist ein Schatz." Die Schülerin klimperte mit ihren langen Wimpern.
„Elladora Selwyn, eine kleine –" Mein Verlobter biss sich mit einem Blick zu Elaina auf die Lippen. Er schien kurz zu überlegen, dann redete er weiter.
„Sie ist keine Person, dessen Gesellschaft irgendein vernünftiger Mensch als angenehm empfindet." Ich tätschelte ihm tröstend den Arm.
„Zum Glück haben wir nichts mit ihr zu tun." Der Auror neben mir nickte leicht, während wir weiter das junge Pärchen beobachteten, welches gerade auf Regulus Eltern zusteuerte. Automatisch drückte ich Sirius Hand ein wenig fester und kuschelte mich an seine Seite. Auch Elaina schien zu bemerken, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie ließ meine Hand los und ging zu Sirius, wo sie seine freie Hand ergriff.
Wir schoben uns weiter durch die Massen auf der Suche nach Jean. Mein Verlobter sah trotzdem immer wieder zu seinen Blutsverwandten herüber. Misstrauen, Hass und Angst spiegelten sich in seinem Blick wieder.
„Carolin! Sirius! Elaina!" Jean schlängelte sich ebenfalls durch die Menschen uns entgegen. Sie zog ihren Koffer hinter sich her, während Kitty vorlief. Hestia, Avelaine und Avril folgten der jungen Blondine, ebenfalls mit Koffern im Schlepptau.
Doch durch den Ruf meiner Cousine wurden nicht nur wir auf sie aufmerksam, sondern auch Sirius Erzeuger sahen zu uns herüber. Ihre Blicke waren noch genauso kalt, wie bei unserer ersten Begegnung. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, obwohl sie mit Sicherheit fünf Meter von uns entfernt waren. Die Zweitklässlerin erreichte uns.
„Hallo, ihr drei." Ich umarmte meine Cousine.
„Jean, wie war Hogwarts? Hattet ihr viel Spaß?"
„Sehr viel Spaß. Avelaine und Avril haben sich mit dem neuen Lehrer für Verteidigung angelegt. Er war davon genervt, dass sie schon alles wussten und sie waren davon genervt, dass wir so viel theoretisch machen."
„Zu Recht. Was hilft es uns die Zauber ewig lange theoretisch durchzukauen und dann eine Doppelstunde damit verbringen, das Zaubern zu lernen. Anders herum wäre es sinnvoller", unterbrach Avelaine die Blondine.
„Auf jeden Fall hat der Verteidigungslehrer sie dann rausschmeißen wollen."
„Nur weil er keine berechtigte Kritik verträgt", grummelte Avril.
„Jetzt unterbrecht nicht dauernd Jean." Hestia sah die beiden Französinnen genervt an.
„Also auf jeden Fall haben die beiden ihre Sachen gepackt und ihm ins Gesicht gesagt, sie könnten nichts dafür, dass sie bisher kompetenteren und wirkungsvolleren Unterricht hatten. Daraufhin meinte er, sie würden keine Minute in einem richtigeren Duell durchhalten, wenn sie die ganzen theoretischen Grundlagen nicht hätten. Deshalb fingen sie an zu lachen. Das passte dem Professor natürlich gar nicht. Der Streit endete mit einem Duell zwischen ihm und Avelaine."
„Ich habe gewonnen."
„Was dem Professor nicht gepasst hat. Unsere Eltern wurden in die Schule bestellt und wir müssen den ganzen Januar über die Stallungen ausmisten, weil wir respektlos gegenüber einer Lehrkraft waren." Avril schien ziemlich stolz auf Grund dieser Strafe zu sein.
„Und jetzt fragen sich alle, wie es die beiden geschafft haben nach Hufflepuff zu kommen. Die beiden haben nichts von diesem Haus. Das neue Rätsel Hogwarts: Warum kommen mitten im Schuljahr zwei neue Französinnen an die Schule und kommen in ein Haus, wo sie nicht reinpassen? Und woher können sie so gut kämpfen?"
„Eines Tages erzählen wir es dir Hestia."
„Warum nur mir und nicht Jean?" Die beste Freundin meiner Cousine sah fragend in die Runde. Der Blick von meiner zwölfjährigen Verwandten glitt zu mir. Natürlich wollte sie ihrer besten Freundin von unserem Familiengeheimnis erzählen.
„Wir reden in Ruhe zu Hause darüber. Nicht hier mitten auf dem Bahnsteig. Wir suchen jetzt Hestias Eltern und irgendjemand, der Avelaine und Avril mit nach Frankreich nimmt. Wisst ihr zufällig, nach wem wir Ausschau halten müssen?" Die beiden schüttelten ihre Köpfe.
„Wahrscheinlich wird irgendjemand kommen, ansonsten werden wir einfach das Flohnetzwerk nutzen." Avelaine zuckte desinteressiert mit den Schultern. Ihr machte es wohl nichts aus, wenn sie nicht abgeholt wurden.
„Es würde mich sehr wundern, wenn uns niemand abholen würde. Unsere Familie ist komisch, aber sie haben uns sehr lieb und haben uns bestimmt vermisst. Also kommt auch jemand, der uns holt."
„Also so ganz können wir diese These nicht bestätigen", hörte man hinter uns unverkennbar Luce. Ich drehte mich um. Neben der jungen Frau stand noch Falerina. Beide hatten ein breites Grinsen im Gesicht.
„Luce! Falerina! Ihr habt eure beiden kleinen Lieblingsschwestern doch vermisst. Ansonsten wäre nur eine von euch gekommen." Avril sah unschuldig zu ihrer großen Schwester und ihrer älteren Cousine.
„Vielleicht ein wenig, teigne. Komm her!" Luce streckte ihre Arme nach ihrer jüngeren Schwester aus, welche sich sofort in ihre Arme warf.
„Avelaine hat den Lehrer in Verteidigung in einem Duell besiegt. Will nicht nächstes Jahr einer von euch wieder Lehrer sein. Du könntest kommen und uns beibringen, wie man sich wirklich verteidigt. Wie wäre das?"
„Nein, ich bin für etwas anderes eingeteilt. Tut mir leid."
„Falerina?"
„Ich habe auch einen Auftrag."
„Dann beendet die mal schnell. Wir wollen kompetenten Unterricht." Die beiden Älteren verdrehten die Augen.
„Wir gehen jetzt mal Hestias Eltern suchen." Ich wank den Franzosen zum Abschied zu.

Hexagramm-SpinnefeindWhere stories live. Discover now