Kapitel 41

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„Ich kann immer noch nicht glauben, dass du in Contreas warst!" Maélys sah mich neugierig von der Seite her an. Der Angriff war mittlerweile fast zwei Monate her, doch die Kriegsnymphe fing immer wieder mit dem Thema an. Es beschäftigte sie wohl noch immer. Die ganze Situation war auch ziemlich skurril gewesen. Aufgrund einer Verletzung zusammenzubrechen, die eine Person tausende Kilometer weit weg hatte, war schon eine ziemlich komische Situation, doch dann als eine Art Geist oder was auch immer herumzuspuken, machte das ganze einfach nur noch skurril und merkwürdig.
„Weißt du, was ich nicht glauben kann, Maélys? Dass du da warst! Wegen dir wären meine Kinder fast Halbwaisen gewesen! Du gehörst doch in die Klapse, so wie James und ich von Anfang an gesagt haben." Ich tätschelte Sirius die Hand.
Mein Ehemann hatte die ganze Situation auch nicht verkraftet. Wann immer das Thema aufkam, warf er ihr wieder vor, leichtsinnig gewesen zu sein. Nicht, dass sie nicht leichtsinnig gewesen war, doch Maélys und ich hatten beide unsere Lektion gelernt. Sophia hatte uns nicht grundlos gewarnt. Wir brachten uns mit irgendwelchen gefährlichen Aktionen beide in Gefahr. Wie sehr in Gefahr war uns nun bewiesen worden. Als Maélys Verbrennung geheilt worden war, wurde dabei festgestellt, dass die Verletzung zwar nicht gerade angenehm war, doch dass die Kriegsnymphe zusammengebrochen war, war nicht normal.
„Ich habe mich doch schon eintausend Mal deshalb entschuldigt. Ich habe in dem Moment einfach nicht nachgedacht. Allison brauchte Hilfe. Ich wollte alles in meiner Macht stehende tun, um sie zu retten. Dazu gehört nun einmal nicht alles den kanadischen Auroren zu überlassen. Seitdem habe ich mich doch brav zu Hause aufgehalten. Meine Füße halte ich still. Was soll ich noch machen, damit du es mir nicht mehr vorwirfst?" Mein Partner schnaubte wütend, während er am Zaun auf und ab lief, auf dem wir beiden Frauen saßen.
„Keine Ahnung. Du hast meine Ehefrau in Lebensgefahr gebracht!" Ich zog meinen Ehemann zu mir, damit er endlich aufhörte herumzurennen. Das machte mich nur nervös.
„Sie hat es nicht böse gemeint, Stallbursche. Jetzt nimm sie endlich in den Arm." Er grummelte leise, doch ging auf die Kriegsnymphe zu.
„Komm her, du großer Wuschelhund." Die beiden schlossen sich gegenseitig in die Arme. Die Französin konnte nicht widerstehen. Sie wuschelte meinen Ehemann durch die Haare. Dabei verfingen sich ihre Finger in diesen.
„Sirius, ich fürchte, dass die Götter wollen, dass wir vereint bleiben. Ich hänge in deinen Haaren fest." Die Brünette sah zu mir herüber, damit ich ihr aus der Misere heraushalf. Ich rutschte näher an sie heran. Vorsichtig versuchte ich, ihren Ring aus den Haaren zu lösen. Seit wann trug sie überhaupt einen Ring? Es dauerte ungefähr zwei Minuten, bis ich meinen Ehemann von der anderen Nymphe getrennt hatte.
„Danke, Carolin." Sirius trat einen Schritt zurück. Anscheinend war er froh wieder ein wenig Abstand zwischen sich und Maélys bringen zu können. Ich hatte allerdings nicht vor, so schnell wieder Abstand zwischen die Französin und mich zu bringen. Stattdessen betrachtete ich ihr neues Accessoire.
„Seit wann magst du Ringe?"
„Wahrscheinlich ist das ein getarnter Giftbehälter." Die Kriegsnymphe sah meinen Ehemann an, als hätte einen Vogel.
„Warum sollte ich denn bitte Gift mit zu euch nehmen?"
„Marlon hat Messer dabei. Warum solltest du keine Waffen dabei haben?" Die Brünette dachte kurz nach, bevor sie leicht nickte.
„Das ist ein Argument, aber mein Zauberstab reicht hier, um mich im Notfall zu verteidigen." Ich stupste die andere Frau in die Seite.
„Also, was hat der zu bedeuten?"
„Marlon meinte, ich bräuchte neuen Schmuck. Deshalb hat er mir den hier besorgt." Sie wackelte mit ihrem Ringfinger, weshalb das Licht von dem goldenen Ring und den Edelsteinen darin reflektiert wurden.
Ich betrachtete das Schmuckstück genauer. Es war mit Sicherheit kein billiger Modeschmuck, den man seiner Freundin schenkte, um ihr eine Freude zu machen. Natürlich wurde in der Kriegsnymphenfamilie nicht ganz so auf das Geld geachtet, wie es in meiner Familie der Fall war. Sie waren alle angesehene Kämpfer in Frankreich und anderen magischen Ländern. Wenn mal ihre Dienste von der Regierung beansprucht wurden, wurden diese auch sehr gut bezahlt. Dazu kamen noch die gut gefüllten Schatzkammern, die Ares seiner Nymphe hinterlassen hatte. Geldmangel war für sie ein Fremdwort. Doch trotzdem wirkte der Ring nicht so, als wäre er ein Geschenk zwischendurch gewesen.
„Er kauft dir einen Ring, weil er meint, du hast zu wenig Schmuck?" Ich dachte an die ziemlich gut gefüllte Schmuckschatulle der Französin. Ihr Freund machte sich eher darüber lustig, dass sie viel zu viel von dem Zeug besaß, als dass er meinte, es wäre zu wenig.
„Ja, genau."
„Und es hatte keinen bestimmten Anlass, dass er dir den Ring gekauft hat? Zum Beispiel weil er dich heiraten will?" Das Gesicht der Kriegsnymphe nahm die Farbe einer Tomate an. Es entging weder mir noch Sirius, auch wenn sie versuchte es mit aller Macht hinter ihren langen, braunen Haaren zu verstecken. Ich hatte also den Nagel auf den Kopf getroffen. Marlon wollte sie heiraten.
„Ihr werdet heiraten." Ich fiel der jungen Frau um den Hals. Doch diese schien nicht ganz so euphorisch zu sein, wie ich es war.
„Ich habe nicht ja gesagt."
„Du hast nein gesagt?" Kopfschütteln war die Antwort auf meine Frage.
„Ich habe ihm gesagt, er würde spinnen. Daraufhin hat er mir den Ring in die Hand gedrückt und gemeint, ich solle es mir überlegen." Ich zog eine Augenbraue hoch. Marlons Ego hatte mit Sicherheit einen ordentlichen Dämpfer bekommen, als seine Freundin ihm nach dem Heiratsantrag als Spinner bezeichnet hatte.
„Willst du ihn denn heiraten?" Sirius sah nicht zur Kriegsnymphe, sondern zu dessen Freund. Dieser war mit Samuel und den Pferden beschäftigt. Mein Großcousin saß mittlerweile wieder ziemlich sicher auf unserem Mikky, der Muggel hingegen wirkte noch ein wenig unsicher auf den Pferden. Allerdings hatte er auch erst vor ein paar Monaten mit dem Reiten begonnen. Das Reiten gehörte heutzutage wohl nicht mehr zur Ausbildung der Kriegsnymphenfamilie. Dafür genug anderes, um sich fortzubewegen, wie apparieren und Auto fahren. Maélys sah ebenfalls in die Richtung der beiden jungen Männern und der Pferde. Ein leichtes Rosa schlich sich wieder auf ihre Wangen.
„Keine Ahnung. Ich meine, ich habe ihn schon gerne und ich kann es mir eigentlich auch vorstellen, den Rest meines Lebens mit ihm zu verbringen."
„Aber?" Ich sah zu meiner Freundin herüber. Sie biss sich auf der Unterlippe herüber.
„Ich habe einfach gerade nicht die Nerven meine Hochzeit zu planen. Mal ganz davon abgesehen, dass es komplett sinnlos ist. Schließlich geht es dabei darum, dass zwei Menschen ihr ganzes Leben zusammen verbringen wollen. Ich lebe aber wahrscheinlich nicht mehr lange genug, damit ich mit Marlon ein Leben zusammen verbringen könnte. Wenn es so weiter geht, sterben wir letzten drei Nymphen in den nächsten Tagen alle weg. Als erstes Carolin und ich. Schließlich gibt es eine doppelte Chance, uns umzubringen. Ich kann ihm also nicht versprechen ihm zu heiraten. Ich sterbe, bevor ich mein Versprechen einlösen kann."
Das erste Mal seitdem die Prophezeiung ausgesprochen worden war, wirkte die Kriegsnymphe wirklich betroffen deshalb. Bisher hatte sie es immer mit einem Schulterzucken abgetan. Als wäre es nichts weiter als sich die Hand zu brechen. Ein Teil von mir hatte sie immer dafür beneidet.
Natürlich vertraute ich darauf, dass die nächste Generation an Nymphen uns zurückholen würde. Ich vertraute meinen Zwillingen. Eine von beiden würde meine Nachfolgerin werden, doch die andere würde ihr mit Sicherheit unter die Arme greifen. Sirius und Samuel würden sie zu zwei guten Mädchen erziehen. Doch trotzdem hatte immer die Sorge mitgeschwungen. Wer wusste schon, wie lange ich im Zwischenreich festhängen würde? Wer wusste, ob unser Plan wirklich aufgehen würde?
Prophezeiungen konnten sich ändern. Gerade welche, die man unbedingt verhindern wollte, trafen in der Regel genau deshalb ein, warum sollte es hier nicht andersherum sein. Wir verließen uns so auf Mopsos Nobles Prophezeiung, dass sie vielleicht aus genau dem Grund nicht eintreffen würde. Doch auch wenn sie es tat, konnten bis dahin zehn, zwanzig oder noch mehr Jahre vergangen sein. Vielleicht würden wir auf eine Welt zurückkehren, die sich soweit verändert hatte, dass wir gar nicht mehr reinpassen würden.
„Du kannst ihn doch sonst noch heiraten, wenn du auf diese Welt wieder kommst." Sirius hatte ein tröstendes Lächeln aufgesetzt. Doch anstelle, dass Maélys glücklich über diesen Gedanken schien, fing sie an zu lachen. Ein kaltes, frustriertes Lachen.
„Merlin, Black. Deine Kinder sind nicht einmal ein Jahr alt. Bevor sie nicht sprechen und ihre Magie halbwegs kontrollieren können, wird es auf jeden Fall keine Rückkehr für uns alle geben. Wenn wir mal von dem Kontrollieren absehen, wird es noch durchschnittlich fünf weitere Jahre dauern bis sie ihre Magie entdecken. Das heißt, es wird noch mindestens fünf Jahre dauern, bis wir wiederbelebt werden können. Mal ganz davon abgesehen, dass sie dann nicht ihre Magie kontrollieren können, Adina mit ihren Nymphenkräften bis heute verschollen ist und sie den dunklen Lord noch davon überzeugen müssen, bei dem Zauber mit zu machen. Es kann noch Jahre dauern, bis wir wirklich zurückkehren. Ich werde nicht von ihm verlangen, solange auf mich zu warten. Und das würde ich nun einmal, wenn ich ihm verspreche, dass wir spätestens nach meiner Rückkehr heiraten. Außerdem verändern sich die Menschen in all den Jahren. Vielleicht komme ich wieder und liebe ihn nicht mehr, weil wir uns nun einmal auseinandergelebt haben. Dann hat er vollkommen umsonst sein Leben lang mit warten verschwendet."
Sirius Blick glitt zu mir. Dass wir Jahre getrennt voneinander sein würden, hatten wir genauso verdrängt, wie dass wir uns in dieser Zeit beide weiterentwickeln würden. Es würde mindestens diese fünf Jahre dauern. Das war eine lange Zeit, gerade wenn er auf der Erde leben würde, während ich in der Zwischenwelt gefangen war.
Ich spürte, wie mein Ehemann nach meiner Hand tastete. Die Angst, mich zu verlieren, war ihm wieder ins Gesicht geschrieben. Ich hasste diesen Gesichtsausdruck. Hasste ihn so abgrundtief, doch ich konnte rein gar nichts dagegen tun.
Ich würde diesen Sirius Black, der jetzt bei mir war, für immer in meinem Herzen behalten. Ein Teil von mir würde ihn für immer lieben, doch das galt nicht für den Sirius Black, welcher nach meiner Auferstehung auf mich warten würde. Genauso wenig konnte jemand sagen, was dieser Sirius Black zu der Carolin Black sagen würde, die dann vor ihm stand.
Maélys hatte recht. Es war ungerecht, zu verlangen, dass er dann noch auf mich wartete, wenn wir vielleicht keine Zukunft hatten. Wir würden nicht einfach in unser altes Leben zurückkehren, auch wenn wir beide es jetzt wollten. Alles in mir verzehrte sich danach, dass Sirius sagen würde, dass er wartete, doch er sollte kein schlechtes Gewissen haben, wenn er sich eines Tages in eine Neue verlieben sollte. Es war sein gutes Recht, so wie jeder Witwer es hatte.
„Carolin?" Sirius Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Ängstlich, verzweifelt und flehend. Er wollte, dass ich Maélys widersprach, damit wir uns weiterhin der Illusion hingeben konnten, die wir uns aufgebaut hatten. Ich zog meinen Ehemann an mich heran. Die Kriegsnymphe neben mir sprang vom Zaun. Sie landete außerhalb der Koppel. Sie strich noch einmal über den Ring an ihrem Finger, bevor sie ihn entschlossen abzog.
„Ich sollte mich von ihm trennen und aus seinem Leben verschwinden, damit er schnell eine Neue finden kann." Das Schmuckstück landete im Gras, bevor sich die Nymphe umdrehte und wegrannte.
„Maélys!", schrie ich ihr nach, doch sie reagierte gar nicht. Ich befreite mich von meinem Ehemann, damit ich ihr nachrennen konnte. Ich erreichte Maélys erst kurz vor der Appariergrenze. Ich packte gerade ihren Arm als sie Disapparierte, weshalb ich mitgezogen wurde. Sofort erinnerte ich mich wieder daran, warum ich Seite-an-Seite-Apparieren hasste. Mir wurde von der Drehbewegung sofort wieder schlecht. Als diese aufhörte, kam ich auf einem ziemlich unebenen Untergrund heraus. Ich versuchte, mein Gleichgewicht wiederzugewinnen, doch ohne wirklichen Erfolg. Bevor ich mich versah, landete ich schon auf dem Boden.
Die Kriegsnymphe drehte sich verwirrt zu mir um. Über ihre Wangen flossen Tränen. Eine nach der anderen, ohne zu versiegen. Ich rappelte mich mühsam auf, bevor ich sie in die Arme schloss. Dabei betrachtete ich die Umgebung.
Wir waren an irgendeinem Sandstrand gelandet. Die Wellen schwappten im gleichmäßigen Takt an Land, wo sie brachen, bevor sie zurück ins Meer gesogen wurden. Maélys und ich standen allerdings nicht auf Sandboden, sondern auf Steinen. In die Felsen, welche sich zehn Meter entfernt von dem Wasser erhoben und den Strand einzingelten, hatte die Zeit eine kleine Höhe geschlagen. Sie reichte nur wenige Meter in das Gestein herein, doch im Sommer wäre hier wohl ein schöner Schattenplatz. Jetzt allerdings war es ziemlich kühl hier. In England hatten wir die ersten wärmeren Tage gehabt, sodass wir ohne Jacke in der Sonne gesessen hatten. Hier sehnte ich mich allerdings wieder nach dem zusätzlichen Kleidungsstück.
„Wo sind wir hier?"
„In Frankreich. Nahe Beauxbatons." Ein neuer Schauer fuhr mir über den Rücken. Dieses Mal allerdings nicht auf Grund einer kalten Windböe.
„Wir sollten hier verschwinden. Nach deinen Erzählungen von der Schule sollten wir uns nicht leichtsinnig in ihrer Nähe aufhalten."
„Uns wird hier niemand finden. Wir sind nicht auf dem Gelände. Keine Sorge. Ich wäre nicht gekommen, wenn es nicht sicher wäre", schniefte die Französin bei dem Versuch, ihre Tränen irgendwie zurückzuhalten. Ich strich ihr über den Rücken. Sie gab es endlich auf, ihre Traurigkeit verbergen zu wollen. Stattdessen ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Erst als sich die Kriegsnymphe halbwegs beruhigt hatte, löste sie sich wieder von mir.
„Geht es wieder?" Sie nickte leicht.
„Fürs erste." Sie setzte sich an eine Wand, den Rücken dagegen, die Knie an ihren Oberkörper herangezogen. Ich ließ mich neben sie fallen.
„Maélys, darf ich dich mal etwas fragen?"
„Hm?"
„Warum tust du dir das an? Warum trennst du dich von Marlon, anstatt ja zu sagen?" Während sich die Französin ausgeheult hatte, waren mir noch ein paar Gedanken zu dem Thema durch den Kopf gegangen. Natürlich stimmte ich ihr zu, dass wir nicht verlangen konnten, dass Marlon und Sirius auf uns warteten. Das konnte keiner der Nymphen. Marlene hatte nicht das Recht, Deborah nicht und auch sonst niemand.
Wir alle hinterließen Familien auf dieser Erde. Das Letzte, was wir für diese wollten, war nun einmal, dass sie traurig waren. Sie sollten über unsere Abwesenheit hinwegkommen. Wenn sie jemand Neues fanden, sollten wir nicht diejenigen sein, die ihnen im Weg standen, doch dass hieß noch lange nicht, dass wir sie von uns wegschubsen mussten. Es hieß auch nicht, wir durften auf gar keinen Fall hoffen, dass sie warten würden. Genau das tat ich. Wenn ich in Zukunft irgendwann einmal auf diese Erde zurückkehren würden, konnte ich hoffentlich mit Sirius unsere Beziehung aufbauen.
Außerdem wusste niemand, wann wir sterben würden. Vielleicht dauerte es auch noch zehn Jahre. Warum sollte ich also alle von mir wegstoßen, wenn ich sie in den nächsten zehn Jahren vielleicht noch bei mir haben konnte? Maélys biss sich auf die Unterlippe.
„Eigentlich hatte ich das Gefühl, du würdest mir zustimmen." Sie hörte sich wieder furchtbar traurig an. Deprimiert, niedergeschlagen und vor allem zweifelnd. Sie zweifelte an ihrer Entscheidung. Liebevoll strich ihr wieder über den Rücken.
„Ich stimme dir in vielen Punkten, die du gesagt hast zu. Da hast du recht. Wir können nicht von Marlon und Sirius erwarten, ihr Leben lang auf unsere Rückkehr zu warten. Ein Teil von mir will, dass er eine Neue kennenlernt, die er genauso liebt, wie er es jetzt bei mir tut. Damit er mich nicht vermisst. Weil er es nun einmal verdient hat, ein glückliches Leben mit Frau und zwanzig Kindern zu führen. Doch ein anderer Teil in mir will genau das nicht. Ich gönne ihm wirklich, eine neue Liebe zu finden, aber das heißt nicht, dass ich nicht hoffe, dass ich zurückkehre und es auf magische Art und Weise so ist, als wäre alles wie früher. Vielleicht können wir uns wieder zusammenraufen. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass wir uns auseinandergelebt haben. Niemand kann mit Sicherheit sagen, was dann ist, aber ich kann dir mit Sicherheit sagen, dass ich ihn jetzt liebe. Das werde ich nicht wegwerfen und du solltest es auch nicht tun. Wir sterben vielleicht morgen, vielleicht dauert es noch zehn Jahre. Es kann uns auch niemand sagen, wie lange wir noch leben, bevor wir sterben werden. Genauso kann uns niemand sagen, wie lange wir wirklich tot sind. Vielleicht leben wir auch noch die nächsten zwanzig Jahre und sind dann nur ein paar Stunden in der Zwischenwelt, vielleicht ist es auch andersherum. Aber solange es geht, sollten wir die Zeit mit unseren Liebsten genießen. Also gehst du zurück zu Marlon und sagst ihm, was momentan in deinem Kopf vor sich geht. Er wird es mit Sicherheit verstehen. Und dann solltest du dir noch einmal in Ruhe darüber Gedanken machen, ob du ihn wirklich nicht heiraten willst."
„Will ich nicht. Was ändert schon eine Hochzeit zwischen uns?" Ich zuckte mit den Schultern. Eigentlich hatte sich gar nichts geändert. Weder Sirius und ich, noch James und Lily oder Alice und Frank hatten durch die Hochzeit wirklich etwas dazugewonnen. Trotzdem hatte sich gleichzeitig irgendwie alles verändert.
„Es ändert nicht wirklich etwas. Ihr bleibt einfach Marlon und Maélys. Trotzdem ändert sich gleichzeitig einfach alles. Du versprichst deinem Partner bis zum Ende deines Lebens bei ihm zu bleiben. Es schweißt euch noch einmal auf eine andere Art zusammen, die man nicht beschreiben kann. Es ist ein tolles Gefühl, wenn jemand der ganzen Welt zeigen will, wie sehr dieser Mensch einen liebt. Ich weiß, in deiner Familie ist es nicht normal, aus Liebe zu heiraten. Also bei deinen Eltern in der Familie, nicht in deiner Aktuellen. Du siehst vielleicht keinen Sinn darin, jemanden zu heiraten, aber ich glaube, Marlon bedeutet es sehr viel. Sirius hat die Hochzeit auch mehr als mir bedeutet. Es war für ihn der Moment, wo er das erste Mal wirklich das Gefühl hatte, eine Familie zu haben. Eine richtige Familie. Natürlich hat er schon vorher in Euphemia und Fleamont Eltern gefunden, in James einen Bruder und er wusste auch schon vorher, dass er ein Teil von meiner Familie geworden ist, aber mit der Hochzeit war es offiziell und das hat ihm mehr bedeutet als alles andere, was ich hätte machen können. Ich glaube, Marlon ist es genauso wichtig." Ich lächelte der jungen Frau zu, die nachdenklich nach draußen starte.
„Carolin, glaubst du wirklich, Marlon und ich wären für ein Eheleben geschaffen? Schließlich sind wir beide nicht so wirklich die Beziehungstypen. Vor einem Jahr haben wir uns noch gegenseitig regelmäßig betrogen."
„Kann es sein, dass du ein wenig Angst vor dem Heiraten hast?"
„Ja, ein bisschen vielleicht." Ich schüttelte den Kopf, bevor ich aufsprang. Ich hielt der anderen Nymphe meine rechte Hand hin.
„Egal, was passiert, ich stehe dir bei." Die Französin lächelte leicht. „Danke, Carolin."
„Nicht dafür, Maélys. Dafür sind Freunde da."

Hexagramm-SpinnefeindWhere stories live. Discover now