Kapitel 28

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Irgendwie war es makaber, wie hübsch und gepflegt so ein Friedhof aussah. Die Blumen auf den Gräbern leuchteten in den buntesten Farben. Die Bäume waren gepflegt und zurechtgeschnitten. Zu allen Überfluss schien auch noch die Sonne vom wolkenlosen Himmel, was die ganze Szenerie noch makabrer machte. Doch egal wie strahlend die Sonne schien, wie bunt all die Blumen waren und wie gepflegt die Bäume zurechtgeschnitten worden waren, die Trauer konnte das alles nicht vertreiben.
Das Loch im Erdboden zwischen all den gepflegten Gräbern, welche viel zu viel Liebe und Freundlichkeit ausstrahlten, dafür, dass darunter tote Menschen lagen, wirkte hingegen finster und bedrohlich. Die Trauergemeinde hatte sich davor versammelt, während sie dabei zusahen, wie langsam der Sarg unter der Erde verschwand.
Elaina, wohl die einzige Person, die nicht wirklich traurig war, hatte es sich auf Sirius Arm gemütlich gemacht. Sie versuchte liebevoll, die Tränen meines Mannes wegzuwischen. Der andere Arm von ihm war, um meine Schulter gelegt worden.
Während alle dabei zusahen, wie der Sarg mit Marys Leiche im Inneren unter einer dicken Schicht aus Erde verschwand, starrte ich Remus Rücken an. Er wirkte müde und geknickt. Der sonst so riesige Mann wirkte klein und schwach. Sein Rücken war gekrümmt, als trüge er eine riesige Last auf seinen Schultern, unter der er zusammenzubrechen drohte.
Vorsichtig löste ich mich von meinem Ehemann, auch wenn ich nicht das Gefühl hatte, bereit zu sein, ihn zu verlassen. Doch der Werwolf brauchte gerade jemand, mit dem er seine schwere Last teilen konnte. So ungern ich auch meinen sicheren Hafen verließ, Remus alleine zu lassen, fiel mir noch schwerer.
Langsam trat ich neben den ehemaligen Freund der Toten. Meine Hand tastete sich automatisch nach seiner. Als ich sie gefunden hatte, drückte ich sie leicht. Ich merkte, wie meine Hand festumklammert wurde. So fest als sollte sie zerquetscht werden. Obwohl sich langsam ein Gefühl von Taubheit darin breitmachte, bat ich den Werwolf nicht locker zu lassen. Er hatte bei allen Quidditchspielen neben mir gesessen, während ich mich an ihn geklammert hatte. Nun war es an der Zeit es ihm zurückzugeben. Auch wenn es bedeutete, morgen ein paar blaue Flecke an meiner Hand zu haben.

Ich sah verunsichert in die Runde. Da saßen wir alle. Unsere ehemalige Hogwartsclique. Na ja, was noch von uns über war. Marys und Remus Plätze waren noch leer. Ersterer würde auch nie wieder besetzt sein. Jedenfalls nicht mit der richtigen Person. Eines Tages würde es wieder eine Frau geben, die auf diesem Platz sitzen würde. Unsere Zukunft war vielleicht ungewiss, doch bei einer Sache war ich mir absolut sicher. Sollte der Werwolf diesen Krieg überleben, würde sich jemand finden, der wieder den Platz an seiner Seite einnahm. Jemand, der sein kleines pelziges Problemchen nicht interessierte. Jemand, der ihn liebte, genauso wie er war.
Doch um diesen leeren Platz besetzen zu können, musste erst einmal der zweite leere Platz wieder gefüllt werden. Remus war bisher noch nicht zu diesem Treffen eingetroffen, dabei hatten wir uns schon vor einer halben Stunde treffen wollen.
„Vielleicht sollten wir doch ohne ihn essen. Carolin, Remus wird nicht mehr –"
„Er wird noch kommen, James. Da bin ich mir sicher." Sirius legte mir vorsichtig eine Hand auf die Schulter.
„Carolin, er –" Es klingelte an der Haustür. Mit einem Satz sprang ich auf.
„Das wird er sein." Bevor jemand reagieren konnte, war ich schon an der Tür, die ich aufriss. Erleichtert stellte ich fest, dass meine Vermutung richtig gewesen war.
„Remus! Bei den zwölf Göttern, ich habe mir Sorgen gemacht, weil du nicht gekommen bist. Ist alles in Ordnung?" Der junge Mann nickte leicht.
„Ja, ich – erzähle ich gleich in Ruhe allen gemeinsam." Mir lief ein Schauer über den Rücken. Es hörte sich nicht so an, als wäre wirklich alles so, wie es sein sollte. Eher im Gegenteil. Es wirkte so, als wäre rein gar nichts in der richtigen Bahn. Zusammen mit dem Werwolf ging ich zurück auf die Terrasse, wo wir zusammen in der Sonne saßen.
„Moony, du bist doch noch gekommen!" James und Sirius sprangen gleichzeitig auf, um ihren alten Schulfreund um den Hals zu fallen. Dieser wirkte ein wenig überfordert.
„Ansonsten hätte ich euch Bescheid gesagt, damit ihr euch nicht sorgt." Er wurde von den beiden jungen Männern auf einen Stuhl gesetzt.
„Essen!" Elaina klatschte glücklich in die Hände.
„Ihr habt auf mich gewartet?"
„Natürlich, Carolin wäre schon fast losgegangen, dich suchen." Samuel grinste unseren vernarbten Gast an.
„Ich war mir nicht mehr sicher, wer von uns der Pazifist ist und wer die Kriegsnymphe. Die verrückte Tierflüsterin hat schon die Messer geschärft", erzählte Maélys. Ich merkte, wie ich rot anlief. Jetzt wurden mir hier komische Dinge unterstellt.
„Ich habe das Messer doch nur geschärft, damit wir den Braten besser schneiden können." Ich kratzte mich verlegen am Hinterkopf.
„Klar, zum Braten schneiden. Nicht, um damit Remus hierherzutreiben." Die Kriegsnymphe grinste mich an. Ich gab ein leises Grummeln von mir, bevor ich mich an den Werwolf wandte.
„Warum bist du überhaupt erst so spät gekommen?" Remus sah von seinem Teller auf.
„Ich werde umziehen."
„Wie umziehen?" Sirius sah alarmiert herüber.
„Ich bin gefeuert worden. Mein kleines pelziges Problem, ihr wisst schon."
„Oh, Remus, es tut mir so unendlich leid." Da verlor der Arme erst seine Freundin und jetzt auch noch seinen Job. Dabei gab es kaum einen ungefährlicheren Werwolf als ihn.
„Wohin willst du denn gehen?"
„Dumbledore hat mir was Neues besorgt." Er wirkte nicht glücklich auf Grund dieser Tatsache. Sein Blick lag wieder auf dem Teller, wo er in seinem Essen herumstocherte.
„Was ist das für ein Job?" James sah besorgt und neugierig zu gleich zu seinem Freund herüber.
„Ein Job halt." Mein Blick glitt zu Sirius, welcher die Stirn runzelte. Es war die zweite Kündigung von Remus auf Grund seiner Verwandlungen in den Vollmondnächten, doch bisher hatte er immer glücklich über seine neuen Arbeitsplätze geredet. Auch wenn sie meiner Meinung nach alle unter seiner Würde waren.
Der schlaue und mutige Mann gehörte sicherlich nicht zu den Leuten, die irgendwelche Akten in einem staubigen Keller sortieren sollte oder Ähnliches. Er hatte echt viel auf dem Kasten. Sollte er irgendwann einen Arbeitgeber finden, welcher über seine pelzige Seite hinwegsehen kann, würde er mit Sicherheit einen fleißigen und treuen Arbeitnehmer abgeben. Einer, der mehr als nur Akten sortieren und Lochen konnte. Doch diese neue Arbeit schien anders zu sein. Remus schien sich auf diese nicht zu freuen.
„Wo gehst du denn hin?"
„Schottland." Sirius Blick verdunkelte sich noch ein wenig mehr.
„Bist du aus irgendeinem Grund sauer auf uns, Moony?"
„Nein."
„Warum erzählst du dann nichts? Wir sind deine Freunde. Schon seit der ersten Klasse." Remus seufzte leise.
„Ich will einfach gerade nicht reden, Sirius." Mein Ehemann nickte traurig.
„Wenn du reden willst, kannst du immer zu mir kommen." Er klopfte dem Werwolf auf die Schulter, welcher traurig nickte. Schweigen breitete sich über dem Tisch aus, welches erst wieder durch Marlene unterbrochen wurde.
„Wo die Stimmung jetzt eh schon ziemlich im Keller ist, können Samuel und ich noch mit unserer schlechten Nachricht rausrücken. Wir beide werden nicht im Oktober heiraten. Wir haben beschlossen auf Grund meiner Schwangerschaft, das Ganze erstmal auf unbestimmte Zeit zu verschieben."
„Aber warum denn? Ihr habt doch schon so viel geplant!" Alice sah entsetzt die Blondine an.
„Der Arzt meinte, ich solle mir nicht so viel Stress machen, weil es dem Kind schadet."
„Und Marlene will nur ungern das Zepter für ihre eigene Hochzeit aus der Hand geben, so wie Carolin es getan hat. Also entweder Stress und Hochzeit oder kein Stress und keine Hochzeit." Samuel grinste seine Verlobte an, die rot anlief.
„Wir holen sie nach. Mit unserem Kind." Die Kunstnymphe kratze sich verlegen am Hinterkopf.
„Könnt ihr die Hochzeit denn so einfach absagen?"
„Das meiste schon. Nur die Anzahlung für die Lokation kriegen wir nicht wieder." Lily sah zu James herüber, welcher ebenfalls zu seiner Freundin sah.

Hexagramm-SpinnefeindWhere stories live. Discover now