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"Was ist eigentlich los mit dir?", fragte Jeremy, als wir gerade nach Schulschluss zu unseren Schließfächern liefen.
"Nichts, ich hab nur unheimlich schlecht geschlafen", erwiderte ich.
Das war nur die halbe Wahrheit; ich hatte verdammt wenig und nur sehr schlechten Schlaf abbekommen, allerdings lag das an meiner Angst vor der bevorstehenden Nacht.
Ich würde mich zum ersten Mal in einen Wolf verwandeln und auf die Schmerzen hatte ich um ehrlich zu sein nur mäßig Lust.

"Wirklich?", hakte er nach. "Ich will nicht, dass es wieder wird wie früher mit Vicki..."
Oh, das war also seine Sorge. Dass ich wieder heimlich hinter der Schule Joints rauchte oder Schnaps trank.
Ich lächelte ihn an. "Wird es nicht, Jer, versprochen."
Seine Miene hellte sich ein wenig auf.
"Okay, dann bin ich beruhigt. Ich muss nach Hause zu Elena. Wir sehen uns", verabschiedete er sich dann. 
"Bis dann", erwiderte ich und ging zu meinem Schließfach.

Ich fühlte mich müde, erschöpft und jedes Mal wenn ich daran dachte, was mir heute Nacht bevorstand breitete sich ein flaues Gefühl in meiner Magengegend aus.
Nicht einmal mehr sechs Stunden und schon würden sich all meine Knochen brechen, meine Organe sich neu anordnen und ich würde als unkontrollierbares Monster durch den Wald rennen.
Was für rosige Aussichten.

Ich saß also am Abend allein zu Hause auf meinem Zimmer, hatte schon fast eine halbe Flasche Scotch geleert und schaute ab und zu aus dem Fenster um zu sehen, wie hoch der Mond schon stand. 
Es gab so viele Dinge, die ich lieber tun würde. Das einzige, worüber ich im Moment froh war, war dass weder Tyler noch Mom zu Hause waren. Tyler hatte irgendwelche Schwierigkeiten mit Klaus und Mom war auf irgendeiner Gründerratssitzung.
Die beiden, vor allem Tyler, hätten mich im Moment vermutlich nur noch verrückter gemacht als ich mich ohnehin schon fühlte.

Plötzlich spürte ich ein unangenehmes Kribbeln, das tief in meinen Knochen saß und sich nach und nach in meinem gesamten Körper ausbreitete. Oh nein. Nicht jetzt schon. Wobei, eigentlich war es egal, bereit würde ich dafür wohl nie sein.
Ich trank einen letzten Schluck Scotch aus der Flasche und rannte dann aus dem Zimmer und die Treppen hinunter.
Eigentlich hatte ich vorgehabt, längst tief im Wald zu sein, wenn die Verwandlung einsetzte, doch im Moment konnte ich nur froh sein, dass ich es noch aus der Haustür schaffte.

-

Gott, war das kalt. 
Seit ich den Fluch ausgelöst hatte, hatte ich noch nie gefroren, doch im Moment hatte ich das Gefühl komplett durchgefroren zu sein. 
Ich öffnete die Augen und musste einige Male blinzeln, bis mein Sichtfeld sich aufklarte.
Jetzt erst bemerkte ich, dass ich nackt war. Natürlich. Meine Klamotten lagen vermutlich zerfetzt irgendwo im Wald oder in unserem Vorgarten. 
Mein Körper war umgeben von Laub, das allerdings nicht gegen die Kälte schützte.
Langsam setzte ich mich auf und zog die Knie an meinen Oberkörper in der Hoffnung, mir würde so etwas wärmer werden. Oh Gott. An meinen Armen klebte verkrustetes Blut. 
Hatte ich jemanden getötet? Oder verletzt?
Oder war ich verletzt worden und meine Wunden waren schnell wieder geheilt, da ich die Gestalt eines Wolfes gehabt hatte?

"Warum bist du immer voller Blut wenn ich dich treffe?"
Nein. Einfach nein. Ich blickte auf.
"Und wieso sitzt du nackt auf unserem Grundstück?"

Naja ich glaub ihr wisst wer da ist :p

Breathe - Kol MikaelsonWhere stories live. Discover now