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Ich hatte gedacht, wir würden in den Grill gehen, um dort etwas zu trinken, doch ich hatte mich  getäuscht; scheinbar war der Mystic Grill nicht ausgefallen genug für Kol.

"Was tun wir hier?", fragte ich und schaute nach oben. 
Wir befanden uns etwa zehn Minuten außerhalb der Stadt und abgesehen von im Moment brach liegenden Felden gab es hier nur einige Windkraftwerke. Er hatte das Auto genau vor einem geparkt.
Kol lächelte mich an. 
"Hast du Höhenangst?" Oh Gott, was sollte das werden?
Ich schüttelte den Kopf.
"Sehr gut."
Bevor ich irgendetwas sagen konnte legte er einen Arm um meine Taille, zog mich zu sich und urplötzlich verlor ich den Boden unter den Füßen. 
Vor Schreck entfuhr mir ein kurzer Schrei, doch nur einen Wimpernschlag später konnte ich wieder stehen. 
Ich stolperte einen Schritt zurück.

"Du bist unmöglich", sagte ich, als mir klar wurde was er eben getan hatte; wir befanden uns auf dem Windrad. 
"Das höre ich nicht zum ersten Mal", erwiderte Kol, setzte sich am Rand der Fläche hin und ließ die Füße im Leeren baumeln.
Mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen blickte er zu mir.
"Setz dich, Liebling", forderte er mich auf.
Das war lebensmüde. Es war vielleicht ironisch, dass ich das dachte, wenn ich vor einem Jahr noch Beruhigungsmittel mit Wodka heruntergespült hatte, aber ich zögerte trotzdem einen Moment.
Er hielt mir eine Hand hin und sagte: "Du wirst nicht fallen. Meine Reflexe sind besser als die von sonst jemandem auf diesem Planeten."
Ich seufzte. Na schön. 
Also nahm ich Kols Hand und nahm neben ihm Platz. Er war ein seltsamen Gefühl hier oben zu sitzen, doch es hatte definitiv seinen Reiz.
"Wenn ich sterbe, musste du es meinem Bruder erklären und das könnte nicht gerade lustig werden", sagte ich, woraufhin er lachte.

"Ich habe einen Bourbon aus dem Keller meines Bruders dabei, der sicherlich mehrere hundert Dollar wert ist", meinte er und zog den Korken aus der Flasche.
"Ich hoffe das ist dir edel genug?"
Ich musste lachen.
"Ein Wodka von der Tankstelle hätte gereicht." 
"Aber sicher", erwiderte er und nahm einen Schluck aus der Flasche, bevor er sie mir reichte.
Ich trank ebenfalls. Oh ja, man merkte definitiv dass das nicht irgendein Bourbon vom Grill war.
"Wird Klaus nicht wütend sein, wenn wir ihm seinen Alkohol wegnehmen?", fragte ich etwas sarkastisch und entlockte Kol ein Grinsen.
"Genau das ist doch der Punkt."

Wir saßen schon eine ganze Weile auf dem Windrad und redeten, als die Flasche beinahe leer war. Nicht nur der Geschmack des Bourbons war gut, der Preis ließ sich auch anhand der Wirkung erahnen.
"Was ist das eigentlich für ein Tattoo?", fragte Kol und deutete auf das V über meinem Knie.
"Es steht für Vicki. Sie war meine beste Freundin und ist vor einem Jahr gestorben", antwortete ich und trank einen großen Schluck, bevor der Schmerz wieder hochkam.
"Das tut mir leid", meinte er aufrichtig und legte seine Hand auf meine. "Erzähl mir von ihr."

Überrascht sah ich ihn an. Er interessierte sich also tatsächlich dafür?
"Sie war etwas älter als ich, aber wir kannten uns seit ich zwölf war. Sie hatte Probleme mit ihrer Mom und ich mit meinem Dad und irgendwie hat uns das verbunden. Irgendwann ist Vicki dann auf die Idee gekommen, unsere Probleme mit Drogen zu lösen. Es war nicht gut, aber einfach." Ich seufzte und nahm noch einen Schluck bevor ich Kol die Flasche gab. 
"Sie ist dann verwandelt worden und kurz darauf gestorben."

Für einen Augenblick hatte ich Angst, zu viel erzählt zu haben, doch Kol nahm nur meine Hand und drückte sie. 
"Tut mir leid."
"Ist schon okay... Ich weiß nicht, wo ich jetzt wäre, wenn sie noch hier wäre", sagte ich leise und spürte ein Ziehen in meiner Brust.
Ich vermisste Vicki unheimlich, aber unsere Freundschaft hatte mir in mancher Hinsicht nicht gut getan. Wäre sie noch am Leben, wäre ich vermutlich tiefer in die Sache mit den Drogen hineingerutscht und könnte dem vielleicht nicht mehr entkommen.

Ich hob den Blick. Die Lichter der Stadt verschwammen leicht, was vielleicht am Alkohol lag. Außerdem fühlten sich Kols Finger, die meine Hand umschlossen um einiges präsenter an, als sonst irgendetwas, was ich wahrnahm.

"Du bist wirklich schön, Bree", brach Kol das Schweigen zwischen uns, das länger angehalten hatte, als ich gedacht hatte.
Unweigerlich musste ich lächeln. Eigentlich hätte ich irgendeinen sarkastischen Kommentar abgegeben, aber der Alkohol erschwerte es mir im Moment ziemlich, meine eigentlichen Gefühle zu verbergen.
"Aber ich glaube ich sollte dich demnächst nach Hause bringen, wir wollen ja nicht, dass dein Bruder dich umbringt", fügte er hinzu. 
Ich seufzte, doch er hatte wahrscheinlich Recht. Auch wenn ich zugegeben gerne noch mehr Zeit hier mit ihm verbracht hätte. 
"Oh, war es doch nicht so schlimm wie du gedacht hast?", fragte er und lächelte schief.
"Es war erträglich", erwiderte ich, konnte jedoch nicht anders als mich zu ihm zu drehen und sein Lächeln zu erwidern.
Erst jetzt bemerkte ich, dass sein Gesicht meinem ziemlich nahe war. Viel zu nah. Wobei, war es wirklich zu nah? Oder war es genau das, was in diesem Moment diese Wärme in meinem Brustkorb auslöste? Ich kannte ihn eigentlich so gut wie gar nicht, wieso empfand ich dann offensichtlich etwas für ihn?
Sein Blick fiel auf meine Lippen, bevor er mir wieder in die Augen sah. 

Dann, urplötzlich hatte er mich wieder an sich gezogen und wir standen unten, neben dem Windrad, auf dem Boden.
"Gott, Kol, willst du mich umbringen?!", fuhr ich ihn an, doch er lachte nur. 
Mein Herz schlug um einiges schneller als normalerweise.
Auf einmal stand er wieder direkt vor mir, seine Lippen an meinem Ohr.
"Was ist? Hast du den Moment gerade etwas zu sehr genossen?", flüsterte er, wobei ich seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Zu. Nah.

"Welchen Moment?", erwiderte ich leise, doch mir war klar, dass ich die Spannung, die sich zwischen uns aufgebaut hatte, nicht leugnen konnte. Vielleicht lag es auch nur am Alkohol. Mit Sicherheit lag es nur am Alkohol.

Er gab mir keine Antwort, sondern verharrte nur so, sein Gesicht unmittelbar neben meinem.
Dann legte er seine Lippen auf meine.
Es war nur ein flüchtiger Kuss und trotzdem kribbelte alles in mir.
Verdammt. Warum? Warum Kol?
Ein Lächeln formte sich auf seinen Lippen.
Warum wollte ich mehr? Einerseits wollte ich so schnell wie möglich nach Hause, um ihm aus dem Weg zu gehen und andererseits würde ich am liebsten den Rest der Nacht hier mit ihm stehen bleiben.
Ich wusste nicht, warum ich das tat, was ich als nächstes tat, aber in diesem Augenblick fühlte es sich richtig an.
Ich legte meine Hände in seinen Nacken und zog ihn zu mir herunter, um ihn erneut zu küssen.
Doch diesmal nicht nur kurz. Seine Hände lagen an meinen Hüften und er zog meinen Körper näher an seinen, während der Kuss immer leidenschaftlicher wurde.
Mir war klar, dass ich am nächsten Morgen bereuen wurde, was ich gerade tat.
Doch in diesem Moment war es mir egal.
In diesem Moment gab es nur Kol, mich, und diesen Kuss.


Breathe - Kol MikaelsonWhere stories live. Discover now