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"Das hatte ich nicht gemeint, als ich dich nach einem Auto gefragt habe", meinte Kol, als ich ihm die Schlüssel zuwarf.
Ich verdrehte die Augen.
"Willst du Lucien nun aufhalten, oder nicht?", erwiderte ich.
Er seufzte und nahm auf dem Fahrersitz Platz und ich stieg ebenfalls ein.
Es war ganz angenehm einmal nicht fahren zu müssen.
Den eigentlich Besitzer dieses überteuerten Sportwagens hatte ich manipuliert, er würde dieses Auto nie wieder sehen oder vermissen.

Eine Weile fuhren wir schweigend, doch nach einiger Zeit brach ich die Stille.
"Wieso bist du hier her gekommen?", fragte ich kühl und sah ihn an.
"Weil ich dich nicht aufgebe, Bree", seufzte er. Er hatte die Augen weiterhin auf die Straße gerichtet, doch ich konnte den Schmerz in seinem Blick erkennen.
Gott, das konnte doch nicht wahr sein!
Die letzten beiden Wochen ging es mir gut und ich hatte keine Gedanken an irgendetwas verschwendet und kaum tauchte er hier auf, dachte ich bereits das dritte Mal daran, den Schalter wieder umzulegen!

"Vielleicht solltest du das aber", seufzte ich und drehte mich um, um einen Blick auf die Rückbank zu werfen.
Dort lagen einige Flaschen Cola, zwei Flasche Jack Daniels und Chips.
Vermutlich hatte der eigentliche Besitzer dieses Wagens vorgehabt, später noch auf eine Party oder etwas in der Art zu gehen.
Ich lächelte zufrieden und griff nach einer der Whiskey-Flaschen und schraubte sie auf.
"Ist das dein Ernst?", fragte Kol zynisch, während ich einen Schluck nahm.
Ich ignorierte seinen Kommentar und hielt ihm ebenfalls die Flasche hin.
"Willst du?"
"Ich fahre, Bree", erwiderte er trocken, schenkte mir dann allerdings einen Seitenblick.
Ohne noch etwas zu sagen nahm er mir die Flasche aus der Hand und trank ebenfalls.
"Na also", seufzte ich, bevor ich den Whiskey wieder entgegen nahm und noch einen Schluck nahm.

"Von was für einem Serum hat Klaus vorhin geredet?", fragte ich dann.
"Lucien hat ein Serum entwickelt, das ihn zu einer Art Urvampir machen kann, nur dass er dann um einiges stärker wäre", erzählte er und seufzte.
"Den Zauber kann er nur dort aktivieren, wo meine Geschwister und ich zu Vampiren gemacht wurden. Deswegen schleppt er meine Schwester dorthin, damit sie den Zauber für ihn durchführt."
"Freya?", fragte ich überrascht. Diesmal waren ja tatsächlich alle Mikaelson-Geschwister in den Konflikt verwickelt.
"Ja, genau. Und wenn er stärker ist als jeder einzelne von uns-"
"Dann wird er euch alle töten", vollendete ich seinen Satz und trank erneut.
"Nur, wenn er es schafft vor uns in Mystic Falls zu sein", erwiderte Kol. "In jedem anderen Fall töten wir ihn."
Ich grinste Kol an.
"Immerhin in diesem Aspekt sind wir uns einig."

-

Kol

Auf gewisse Weise tat es weh, Bree so zu sehen.
Ohne ihre Menschlichkeit und all die kleinen Dinge, die ich so an ihr liebte.
Was ich immer so an ihr bewundert hatte war, wie sie in das Beste an Menschen glaubte, ohne dabei naiv zu sein.
Wie bei mir. Sie hatte daran geglaubt, dass sie mein wahres Ich wieder zum Vorschein bringen konnte, hatte es allerdings nicht erwartet.

Und selbst jetzt, wo sie quer durchs Land gereist war, um Gebäude niederzubrennen (wobei sicher auch einige Leute ihren Tod gefunden hatten), konnte ich nicht anders als ihr zu verfallen.
Ich zeigte es ihr zwar nicht, doch seit der Sekunde in der ich sie hier wieder gesehen hatte war es, als hätte sie mein Herz zum Blühen und gleichzeitig zum Sterben gebracht.
Es tat so gut, sie wieder zu sehen, doch anzusehen, wozu der Tod ihres Bruders sie gebracht hatte, schmerzte.

"Sind wir bald da?", fragte sie genervt, tief in den Sitz zurück gelehnt, und nahm erneut einen Schluck Jack Daniels.
Inzwischen war die halbe Flasche leer und ich wollte gar nicht wissen, wie viel sie auf ihrer Reise bisher getrunken hatte, dass sie so viel vertrug.
"In einer halben Stunde", erwiderte ich kühl. Wenn ich ihr zeigte, wie ich mich neben ihr wirklich fühlte, würde sie das vermutlich sowieso nur gegen mich verwenden.
"Gut, ich kann es nicht erwarten, ihm das Herz aus der Brust zu reißen", murmelte sie und spielte mit dem Schraubverschluss der Flasche.

Ich konnte ihr nicht verübeln, dass sie Lucien so sehr hasste.
Wegen ihm war ihr Bruder tot, das letzte bisschen ihrer Familie, das ihr noch geblieben war.
Zugegeben, sie hatte Aurora getötet, in die Lucien schon seit Ewigkeiten verliebt gewesen war, doch ich wusste auch, dass sie dabei unter Klaus' Manipulation durch die Erschaffungsbindung gestanden hatte.

"Hör auf, so ein Gesicht zu machen!", unterbrach sie meine Gedanken und sah mich an.
Ich blickte weiterhin auf die Straße und verdrehte genervt die Augen.
Ich konnte nicht leugnen, dass Bree so um einiges anstrengender war.
"Was mache ich denn für ein Gesicht, Liebling?"
"Du siehst so furchtbar enttäuscht aus. Tut mir leid, aber ich dir nicht geschrieben, dass du nicht nach mir suchen sollst?", meinte sie.
Sie hatte Recht, in ihrem Brief hatte sie geschrieben, ich solle nicht versuchen, sie zu finden.
Aber wie hätte ich das bitte tun sollen?
Wie hätte ich die Person, die mir im Moment mehr bedeutete als sonst jemand auf diesem Planeten, einfach im Stich lassen sollen? Ihr dabei zusehen, wie sie ihren eigenen Gefühlen ausgeliefert war?

"Hättest du mich vor zwei Jahren einfach irgendwo hingehen lassen, um Leute zu töten?"
Sie seufzte.
"Deine Argumentation ist unfair", erwiderte sie sarkastisch und ich schmunzelte.
"Oh, du gibst mir also Recht?"
Sie verdrehte die Augen.
"Aber sicher, Kol."

"Riechst du das?", fragte Bree zynisch, als wir am Waldrand von Mystic Falls das Auto gestellt hatten und ausstiegen.
"Was?", fragte ich.
"All das Drama, den Verrat und die Mordlust. Ich sollte wieder hier herziehen, ich bin mir sicher das wäre lustig", antwortete sie sarkastisch.
Erneut verdrehte ich die Augen.
Obwohl sie mir auf die Nerven ging, konnte ich nicht leugnen, dass ich irgendetwas an ihrer Art immer noch mochte.
Einfach weil sie sie war.

"Wow, das klingt ja fast schon poetisch", erwiderte ich genauso zynisch, während wir in den Wald liefen.
Wir mussten zu genau der Stelle, an der meine Mutter vor einem Jahrtausend meine Geschwister und mich neu erschaffen hatte.

"Oh bitte, ich-", begann Bree, hielt dann allerdings inne.
"Was ist?", fragte ich alarmiert.
"Hörst du das?"
Ich konzentrierte mich auf mein Gehör und sie hatte Recht; von weiter weg konnte ich die Freyas Stimme hören, allerdings war sie zu weit weg, als dann ich ausmachen konnte, was genau sie sagte.

"Ich denke wir sollten uns beeilen", sagte ich, bevor ich in Vampirgeschwindigkeit in die Richtung rannte, aus der ich meine Schwester hören konnte.
Je näher ich kam, desto besser konnte ich verstehen, was sie sagte; es handelte sich um einen Zauber.

Als ich dort ankam, hatte sie aufgehört zu reden und Lucien war gerade dabei, etwas rote Flüssigkeit aus einer Schale in ein kleines Fläschchen zu füllen.
Bree war inzwischen neben mir aufgetaucht und sah mich erwartungsvoll an.

Lucien hatte uns beiden den Rücken zugekehrt und schien uns bisher noch nicht bemerkt zu haben, womit wir ganz klar im Vorteil waren - allerdings schien er kurz davor zu sein, das Serum zu trinken und sich selbst damit zu der tödlichsten Waffe zu machen, die auf diesem Planeten existieren würde.
"Freya, noch irgendwelche letzten Worte, bevor du das Ausmaß deines Zaubers bewundern kannst?", fragte er grinsend und führte das Gefäß an seine Lippen.

Dann geschah etwas, womit ich nicht gerechnet hätte; Bree tat etwas unheimlich Dummes und Kluges zugleich.
Sie raste nach vorne und stürzte sich auf Lucien.

Breathe - Kol MikaelsonWhere stories live. Discover now