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Es gab viele Dinge, nach denen mir die letzten Tage zu mute gewesen wäre; weinen, schreien, jemanden schlagen oder mich Tage lang in meinem Bett zu verkriechen.
Was jedenfalls nicht dazugehörte war der Abschlussball unserer Jahrgangsstufe.

Wen es allerdings nicht interessierte, dass ich dafür keinen Kopf hatte, war Caroline.
Wofür ich ihr allerdings wirklich dankbar war, war dass sie mir ein Kleid ausgesucht hatte. Sie selbst hatte ihres schon vor Monaten ausgewählt, was anders nicht zu erwarten gewesen wäre.
Mir ihrer Wahl für mich war ich ziemlich zufrieden; ich trug ein bodenlanges Kleid aus schwarzem Satin, das ich mit schwarzen High-Heels kombiniert hatte.

Dennoch hatte ich das Gefühl ein Stein würde auf meiner Brust liegen, als ich mich im Spiegel ansah.
Eigentlich wäre ich mit Kol dorthin gegangen.
Ja, es war nur ein dämlicher Abschlussball, aber die Tatsache, dass Kol mich nicht dort hin begleitete machte mir mehr zu schaffen als ich gedacht hatte.
Kol wollte nichts mehr von mir wissen.
Zumindest nicht die Seite von ihm, die gerade überwog.
Ich glaube immer noch daran, dass ich ihn irgendwie zurückgewinnen konnte, koste es was es wolle.
Es würde vielleicht nicht gerade angenehm werden, aber ich war mir sicher, dass es das wert sein würde.

-

"Gott, da bist du ja endlich!", begrüßte Caroline mich.
"Dir auch einen schönen Abend", erwiderte ich zynisch und nahm mir ein Glas Sekt von einem Tablett.
"Wolltest du nicht eigentlich ein rotes Kleid anziehen?", fragte ich verwundert und sah sie an. Sie trug ein weißes, mit Perlen besetztes Kleid, das ohne Frage wunderschön war, aber eben nicht das, das sie sich bereits vor Monaten ausgesucht hatte.
"Ja", meinte sie verbittert und trank einen Schluck von ihrem Sekt.
"Dreh dich mal um."
Ich blickte über die Schulter hinter mich und sah Elena den Raum betreten. Sie trug Carolines Kleid.
"Oh."
"Ja. Elena ohne Menschlichkeit ist einfach nur eine verdammte-"
"Liebes, lass dir von ihr nicht den Abend verderben", wurde sie von Klaus unterbrochen, der sich zu uns gesellt hatte.
"Das ist ziemlich schwierig!", erwiderte sie nach wie vor aufgebracht und leere den Restinhalt ihres Glases in einem Zug.
Er nahm ihr das Glas ab und ging, vermutlich, um ihr ein neues zu holen.
Natürlich war sie nicht mit Klaus zusammen. Nein. Überhaupt nicht.
Als er außer Hörweite war sagte ich: "Klaus Mikaelson ist also nicht dein Freund..."
Care verdrehte die Augen.
"Nein. Also nicht wirklich. Ich habe keine Ahnung", antwortete sie, wobei ihre Stimme gegen Ende immer unsicherer wirkte.
Ich schmunzelte.
"Natürlich nicht."

Etwa eineinhalb Stunden später saß ich allein auf einem Stuhl, hielt bereits mein viertes Sektglas in der Hand und wusste nicht was ich tun sollte.
Ich fühlte mich wieder einmal allein; Caroline hatte Klaus, die Salvatore-Brüder hatten Elena und Matt und Bonnie hatten immerhin einander als Freunde.
Zugegeben, Elena war mit Sicherheit nicht die beste Begleitung, die man sich für so einen Ball hätte wünschen können.

"Du siehst aus als könntest du das hier gebrauchen."
Ich drehte mich um. Damon hatte sich neben mich gesetzt und hielt mir einen Flachmann hin.
Ich lächelte.
"Danke", sagte ich und nahm die kleine Flasche entgegen, um einen großen Schluck daraus zu nehmen.
Bourbon, natürlich.
"Wo ist deine Begleitung?", fragte er und ich gab ihm den Flachmann zurück.
"Er rennt wahrscheinlich irgendwo in der Stadt herum und bringt wahllos Menschen um."
"Ouh, er macht ja Elena schon Konkurrenz", erwiderte Damon und nahm ebenfalls einen Schluck Bourbon.

"Also bitte, ich habe ja wohl um einiges mehr Stil als das Gilbert-Mädchen."
Für den Bruchteil einer Sekunde spürte ich Freude in mir aufsteigen, doch dann kam ich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
Ich blickte auf und sah Kol schmunzelnd vor mir stehen.
Er hielt mir den Arm hin.
"Darf ich um diesen Tanz bitten?", fragte er.
Wieso hatten sich meine Gefühle ihm gegenüber kein bisschen verändert?
Wieso spürte ich immer noch dieses bekannte Kribbeln in der Brust, wenn ich ihn ansah?
"Oh, damit du mir wieder das Genick brechen kannst?", entgegnete ich sarkastisch.
Er seufzte.
"Komm schon, Bree, ist das nicht Vergangenheit?"
Was auch immer er vorhatte, ich war mir ziemlich sicher dass mein Herz am Ende daran zerbrechen, oder jemand sterben würde.
"Du hast ihr das Genick gebrochen? Im Ernst? Und du sagst, du hättest mehr Stil als Elena?", mischte sich Damon in unser Gespräch ein.
Ich unterdrückte ein Grinsen.
Auch wenn Damon und ich uns lange Zeit nicht all zu gut verstanden hatten, konnte ich nicht leugnen, dass ich ihn immer lieber mochte.

"An deiner Stelle würde ich aufpassen, dass ich nicht der nächste bin", meinte Kol und sah mich dann erwartungsvoll an.
Was sollte das bedeuten? War das eine Drohung?
"Schön", sagte ich genervt und stand auf, um mich bei ihm unterzuhaken.
Er führte mich auf die Tanzfläche und legte eine Hand an meine Taille. Seine Berührung fühlte sich auf so falsche Weise richtig an.
Gerade lief ein langsames Lied und die meisten Paare schaukelten einfach im Takt der Musik hin und her.

"Und was jetzt? Was ist dein teuflischer Plan um mich oder diesen Ball hier komplett zu ruinieren?", fragte ich und sah ihm direkt in die Augen.
Er lachte in sich hinein.
"Deswegen gefällt du mir so, Bree", sagte er, ließ meine Frage allerdings unbeantwortet.
"Wieso bist du hier?", fragte ich weiter. Er seufzte.
"Zum Spaß. Vielleicht suche ich nach einem Dessert. Wer weiß."
Nach einem Dessert. Die Last auf meinen Schultern wurde schwerer. Nicht noch mehr Tote, bitte nicht.
"Ich nehme dir das nicht ab. Das ganze Serienkiller-Ding. Das bist nicht du, Kol!"
Er verdrehte die Augen.
"Liebling, wenn du wüsstest wer ich wirklich bin-"
"Nein! Ich weiß wer du wirklich bist! Deine Schwester, die dich schon etwas länger kennt als ich dich, meinte, dass das nicht du bist! Und dass ich dir dabei geholfen habe du selbst zu sein und ich werde dich nicht einfach so aufgeben!", zischte ich und unterbrach ihn damit.
Für einen Moment hatte ich das Gefühl, etwas würde sich in ihm regen - sein Blick wirkte weniger kalt und sein Griff um meine rechte Hand wurde kurz fester.
Dann, nur einen Augenblick später, wirkte er wieder wie ausgetauscht.
Das mitanzusehen war vermutlich herzzerreißender, als wenn er mich verlassen würde.

Er zog mich etwas näher zu sich und lehnte sich ein Stück weiter zu mir.
Unsere Gesichter waren nur noch zwanzig Zentimeter voneinander entfernt und ich bemerkte, dass mein Herz schneller schlug.
"Geb dir nicht unnötig viel Mühe, Liebling", sagte er dann mit einer Stimme, die vielen vielleicht Angst gemacht hätte.
"Ich gebe dich nicht auf, Kol", erwiderte ich bestimmt.
Ein fast schon diabolisches Lächeln formte sich auf seinen Lippen.
"Dann kann ich dir nicht mehr versprechen, dass du verschont bleibst, Bree."
Mit diesem Worten löste er sich von mir, drehte sich um und verließ die Tanzfläche.

-

Nachdem ich von Kol allein auf der Tanzfläche stehen gelassen wurde, hatte ich wirklich keine Lust mehr zu bleiben, verließ den Ball um Carolines Willen aber noch nicht.
Ich hatte mich zu Damon gesellt, der eine ähnliche Abneigung gegen diese Veranstaltung zu haben schien wie ich, und mit ihm gemeinsam Bourbon getrunken.
Für ein paar Minuten konnte ich die Probleme, die ich gerade hatte, sogar etwas vergessen.

Allerdings wurde dieser kurze Zeitraum des Friedens damit zerstört, dass mein Handy klingelte.
Ich war überrascht, als ich Klaus' Namen auf dem Display las.
War er vorhin nicht auch noch hier gewesen?
Ich sah mich um und entdecke Caroline, die bei Bonnie und Matt stand, allerdings keinen Klaus.

"Ist alles in Ordnung?", fragte ich direkt, nachdem ich abgenommen hatte.
"Nein", erwiderte er knapp. "Ich will, dass du zu mir kommst."
"Warum sollte ich-"
"Komm einfach her. Ich brauche deine Hilfe."
Ich wusste nicht wieso, aber irgendetwas löste in mir das Gefühl aus, ihm wirklich helfen zu müssen. Es war, als hätte ich keine andere Wahl.
"Schön, aber worum geht es eigentlich?", fragte ich, während ich meine Jacke anzog.
"Um Kol", erwiderte er. "Ich will, dass du ihn tötest."

Breathe - Kol MikaelsonWhere stories live. Discover now