Kapitel 86

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Zum Glück ist Mutter so dumm und denkt, dass ich ihr wirklich verzeihe, wenn sie die Beweise zu Taehyung bringt. Ich nutze sie einfach nur aus, damit ich seine grässliche Visage nicht mehr sehen muss. Wie könnte ich ihr auch verzeihen? Die blöde Bitch hat ihr Kind mit einem Psychopathen alleine gelassen und dachte tatsächlich, dass mir nichts geschehen würde. Ich wurde jahrelang von meiner eigenen Familie verprügelt, erniedrigt und fertig gemacht. Mich gegen sie wehren, durfte ich nie und Jin ging erst am Ende dazwischen, nachdem ich zusammengeschlagen wurde.

"Ach, Jungkookie. Du bist so ein hübscher junger Mann geworden. Es ist einfach so schade, dass ich nicht physisch dabei sein konnte", seufzt Mutter, die zwischen Vater und Jimin auf der Couch sitzt und mich 'liebevoll' beäugt.

Chanyeol hat sich irgendwohin verpisst und gibt meinen Augen etwas Ruhe vor seiner Hässlichkeit. Jin sitzt wieder in seinem Sessel und scheint auf einmal überglücklich zu sein, dass die ganze Familie wieder zusammengefunden hat. Dagegen stehe ich hinter dem Zweisitzer Sofa und halte genügend Abstand zu diesen abartigen Menschen.

"Naja, da kannst du dich bei deinem Ex-Lover bedanken, dass ich noch Leben darf. So oft wie der mir gedroht hat, mich irgendwann an die Hunde zu verfüttern oder mir ein Messer durch die Brust zu jagen", lächle ich scheinheilig und provoziere Vater extra, weil mich seine bloße Anwesenheit stört.

"Keine Sorge, mein Schatz. Ich habe ihm schon gedroht und gesagt, dass er dich nicht mehr anfassen darf und er es noch bereuen wird, dir das alles angetan zu haben", meint sie und wirft dem Spasten einen Todesblick zu.

Beinahe hätte ich laut los gelacht bei ihren Worten. Damit kommt sie jetzt an? Nachdem er mich jahrelang verdroschen hat und ich unter pathologischem Lachen leide? Toll, jetzt muss ich mir auch noch neue Tabletten kaufen, weil sie noch bei Taehyung liegen. Ach, scheiß drauf. Ich schau erstmal, wie lang ich es ohne den Dreck aushalte. Vielleicht habe ich Glück und verrecke an meinen Kopfschmerzen.

"Oh, das gefällt Jimin überhaupt nicht. Er mag es doch so sehr, wenn ich Ärger bekomme, nicht wahr? Wie läuft es eigentlich mit deinem Lover?", antworte ich darauf und grinse den Genannten fies an.

Vater, Jimin und Jin starren mich erbost an und weisen mich daraufhin, die Fresse zu halten. Ach, Chanyeol weiß es immer noch nicht? Das arme Schwein. Aber das ist so typisch für diese Familie. Ich meine, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Bei meinen eigenen Gedanken lache ich los und klatsche fest in meine Hände.

"Warum lachst du so blöd?", knirscht Jimin mit den Zähnen und ballt seine Hände zu Fäusten.

"Ach, nichts. Ich habe nur daran gedacht, wie sehr ich euch verabscheue", erwidere ich und wische mir die Lachtränen weg.

"Hör mal zu, du kleines Arsch-", beginnt er zu schreien, jedoch unterbricht ihn Mutter.

"Jungkook! Das kannst du doch nicht sagen", ruft sie und schmollt mich einfach an.

"Natürlich kann ich das. Warum willst du mich überhaupt zurechtweisen? Hast du all die Jahre davor auch nicht gemacht und ich sehe dich seit wie viel Minuten? Zwanzig?", sage ich ihr und mein Lächeln fällt augenblicklich aus meinem Gesicht.

Mutter zieht die Augenbrauen zusammen und sucht nach einer passenden Antwort, während Vaters Gesicht rot anläuft und er plötzlich mit beiden Händen auf den Kaffeetisch vor ihm schlägt, sodass Jimin, Mutter und Jin sich erschrecken. Ich schaue ihn ruhig in die Augen, was ihn noch mehr aufregt, weil ich keine Angst vor ihm habe.

"Sprich nochmal so respektlos mit deiner Mutter und du kannst was erleben", knurrt er mich an und möchte mir unbedingt in die Fresse schlagen, aber wegen seiner großen Liebe kann er das leider nicht.

"Aw, was wirst du dann machen? Mich schlagen? Du denkst auch, dass du mir irgendwie noch drohen kannst, alter Mann. Fass mich einmal falsch an und ich mach dich fertig", mache ich mich über ihn lustig und warne ihn vor.

"Wie bitte?", fragt er ungläubig nach und ich sehe, wie seine Ader an seinem Hals heraussticht.

"Jungkook, es reicht jetzt wirklich. Wo ist dein Respekt?", fährt mich Jin von der Seite an und sieht mich ernst an.

"Keine Ahnung. Aber ich weiß, dass ich vor einem Hund mehr Respekt habe als vor irgendeinem Menschen", gebe ich zurück und schmunzle etwas.

"Was zur Hölle hat Taehyung mit dir in diesen wenigen Wochen gemacht?", schüttelt Jimin entsetzt den Kopf.

"Du willst nur Taehyung die Schuld geben? Guck mal die zwei Idioten neben dir an. Die sind schuld, dass ich überhaupt lebe. Mir wäre es übrigens lieber gewesen, wenn ihr mich nie gezeugt hättet... was auch immer. Ich gehe dann mal", teile ich ihm mit und wende mich von ihnen ab.

"Wo zur Hölle willst du hin? Wir wollten noch über Sungjins und Yunais Beerdigung sprechen. Kannst du ohne deinen Taehyung nicht mehr oder was?", fragt Vater mich und steht von der Couch auf, um mich am linken Arm zu packen und zu sich zu drehen.

Ein fetter Kloß bildet sich in meinem Hals und mir schießen Tränen in die Augen, als er die Frage so formuliert. Ein bitterer Schmerz übermannt meinen ganzen Körper und betäubt ihn gleichzeitig. In den letzten Jahren hat sich mein Leben nur um Taehyung gedreht. Es fühlt sich so an, als wäre mein Lebenssinn endgültig verschwunden. Wofür lebe ich noch? Um Menschen zu ermorden? Um Rache zu nehmen? Ich weiß es nicht mehr. Jin steht ruckartig auf und läuft zu uns, da er befürchtet, dass ich nun ausraste, jedoch lache ich lauthals los und irritiere Vater damit so sehr, dass er meinen Arm loslässt.

"Sehe ich etwa so aus, als würde ich ihn jemals wiedersehen wollen? Ich muss nur einen dummen Fehler rückgängig machen", kichere ich und zeige ihm meine rechte Hand, auf der Taehyungs Spitzname steht.

Danach drehe ich ihm den Rücken zu und haue endlich ab. Als ich aus dem Aufenthaltsraum laufe, fließen mir dir Tränen über das Gesicht und ich weiß wirklich nicht, was ich mit meinen Leben anfangen soll. Ich werde Taehyung das niemals verzeihen können. Was denke ich da? Er ist sicherlich froh, dass er mich losgeworden ist und nicht mehr vorspielen muss, dass er mich liebt. Ich habe ihm wirklich geglaubt. Es fühlte sich alles so echt an, aber meine Hoffnungen haben mich getäuscht. Meine Hoffnungen, dass er mich mit all meinen Problemen und Macken liebt, weil mich meine Familie dafür hasst.

Revenge | TaekookWhere stories live. Discover now