Kapitel 68

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Schweigend sitze ich neben Daehyuns Leiche auf dem Boden und schaue dabei zu, wie Vater Giuseppes Leiche an die Decke hängt. Ich habe die Kameras vor einer halben Stunde ausgeschaltet, sodass wir endlich die Masken ausziehen und aufräumen können, aber der alte Sack ist anderer Meinung. Er hat Giuseppes Füße an ein Seil gebunden, welches an der Decke herunterhängt und zieht ihn an diesem nach oben. Giuseppes Blut fließt wie bei einem Schwein von seinem Hals über sein Gesicht und tropft schlussendlich auf den weißen Boden unter ihm.

"Musst du jetzt den ganzen Boden vollsauen?", maule ich ihn nun doch an und lehne mich gegen den Metallstuhl hinter mir.

"Sei ruhig", befehlt er mir und bindet das Seil an einen Metallring, den ich an die Wand geschraubt habe.

Genervt schnalze ich mit der Zunge und verschränke meine Arme vor der Brust. Vater läuft zu meinem Waffenschrank und holt sich eine Säge aus diesem, bevor sich grinsend zu mir umdreht. Ich hebe nur eine Augenbraue an und warte ab, was er als nächstes tut. Er geht wieder zurück zu Giuseppe, dessen Gesicht man kaum wiedererkennt. Ihm sind der Schock und die Angst ins Gesicht gemeißelt worden, als das Leben ihn verlassen hat. Dagegen kann man Daehyuns hässliche Fresse überhaupt nicht mehr identifizieren.

"Was hast du jetzt mit der Säge vor?", frage ich ihn und möchte die Beiden eigentlich in den Brenner schmeißen, damit ich endlich schlafen gehen kann, aber Vater will immer noch nicht abzischen.

"Schau zu und lerne wie man einen Körper richtig ausbluten lässt", meint Vater und setzt die Säge an Giuseppes Hals.

"BIST DU DUMM? Du kannst ihm doch nicht einfach den Kopf abtrennen! Weißt du eigentlich, wie viel Arbeit es ist, diesen scheiß Boden wieder komplett weiß und den Blutgeruch raus zu bekommen?", schreie ich ihn an und springe vom Boden auf, um ihm die Säge aus der Hand zu nehmen, jedoch schlägt er mir so fest gegen die rechte Wange, dass mein Gesicht zur Seite fliegt.

Ruckartig gehe ich mehrere Schritte zurück und sehe Vater wütend an, während meine ganze rechte Gesichtshälfte pulsiert. Er grinst mich blöd an, weil er ganz genau weiß, dass ich ihn nicht weiter provozieren werde. Mit einer geschmeidigen Bewegung dreht er sich zu Giuseppe und greift mit einer Hand in seine Haare, bevor er die Säge gegen seinen Hals drückt und beginnt seinen Hals durchzutrennen. Ich wende mich von den Beiden ab und beschließe einfach abzuhauen. Ohne noch etwas zu sagen, laufe ich zum Ausgang und möchte die Tür öffnen, aber halte in meinen Bewegungen inne, als Vater etwas sagt, was ich auf keinen Fall hören wollte.

"Das ist eine ganz dumme Idee, Schatz. Du kannst weder zu deinen Brüdern, noch zu deinem Loverboy. Er hat uns nämlich gesehen, als wir ins Auto gestiegen sind und er sah ziemlich aufgebracht aus. Ich weiß zwar nicht, ob er mich erkannt hat, aber sein Blick hat Bände gesprochen"

"Was?!", frage ich nach und verliere wohl jegliche Farbe im Gesicht.

"Guck mich doch nicht so an. Du hast darauf bestanden die zwei Idioten zu schlachten und zu demütigen. Wieso machst du eigentlich so ein Drama aus dieser ganzen Sache? Du könntest mit Leichtigkeit Taehyungs Leben ein Ende setzen. Liebst du ihn wirklich oder hältst du einfach an dem Gedanken fest, dass es jemanden gibt, der beinahe genauso gestört ist wie du? Meinst du nicht, dass du auf der Seite deines Vaters spielen solltest? Ich würde ihm gerne diesen Kopf vor die Tür legen und ihm endlich die Wahrheit sagen, damit er uns endlich in Ruhe lässt. Ich hoffe für dich, dass du nicht wirklich darauf hoffst, dass Taehyung bei dir bleiben wird, wenn er die Wahrheit erfährt", erwidert er und kommt mit Giuseppes abgetrennten Kopf auf mich zu gelaufen.

Ich schaue hoch in seine Augen und merke, wie mein ganzer Körper durch die ganzen Aggressionen in mir, beginnt zu zittern und bohre meine Fingernägel in meine Handflächen. Vater hält mir Giuseppes Kopf vor die Nase und lacht mich aus, da ich ihn so hasserfüllt anstarre.

"Du wirst ihm gar nichts sagen, alter Mann. Wenn er die Wahrheit von jemanden erfährt, dann von mir. Ich habe auch nie gesagt, dass ich nicht auf deiner Seite spiele. Du wärst schon längst tot, wenn ich mit Taehyung richtig zusammenarbeiten würde. Manchmal wünsche ich mir, dass du einfach tot umfällst, damit ich meine Ruhe vor dir habe. Du bist zwar mein Vater, aber tief in meinem Inneren empfinde ich nur Hass für dich. Mein ganzes Leben lang hast du nichts anderes getan, als auf mich einzuprügeln oder mich und Mutter zu beschimpfen und zu verfluchen. Ich weiß, dass du auch diesen Hass neben dieser komischen Liebe in dir trägst. Du fühlst genauso wie ich und du hast meine Mutter auch geliebt. Zu deinem Pech sehe ich ihr auch noch total ähnlich und du kannst es nicht ertragen, mir ins Gesicht zu schauen, weil du deine Fehler von damals so sehr bereu-", nehme ich nun kein Blatt mehr vor den Mund und pikse ihm mit meinem Finger gegen die Brust, bis er auf einmal den Kopf in irgendeine Ecke schmeißt und mich am Kragen packt.

"Halt deine Fresse, Jungkook. Es reicht jetzt", warnt er mich, aber ich wäre nicht ich, wenn ich jetzt aufhören würde.

"Gib es doch verdammt nochmal zu! Du bereust es Eomma mit einer anderen Frau betrogen zu haben! Sie war deine Seelenverwandte. Jin hat mir alles erzählt. Du hast monatelang geweint und sie angefleht dir diesen dummen Fehler zu verzeihen, aber sie konnte nicht, weil sie dir vertraut hat. Sie wollte sogar Jimin, Jin mit dir großziehen, weil sie dich so sehr geliebt hat. Sie war deine große Liebe und du hast keine weitere Frau so sehr geliebt wie sie... Wieso hast du sie so einfach gehen lassen? Du hast mir meine Mutter genommen! Du hast Jimin und Jin die Mütter genommen! WIESO DÜRFEN DEINE ANDEREN SCHEISS KINDER BEI IHREN MÜTTERN LEBEN?! WARUM DURFTEN WIR DREI DAS NICHT? WARUM MUSSTEN WIR BEI EINEM VATER AUFWACHSEN, DER NIE DA WAR? WARUM MUSSTE ICH IMMER VERPRÜGELT WERDEN? HUH?! WIESO LÄSST DU DEINE FRUSTRATIONEN IMMER AN MIR AUS? ICH KANN NICHTS DAFÜR, DASS DU EIN EGOISTISCHES ARSCHLOCH BIST!", brülle ich ihm ins Gesicht und schubse ihn mit ganzer Kraft von mir weg, sodass er mich loslässt und nach hinten stolpert.

Schwer atmend sehe ich ihn an und fahre mir mit meinen blutverschmierten Händen durch die Haare. Ich gebe einen frustrierten Schrei von mir und schließe meine Augen vor Verzweiflung. Vater räuspert sich nach wenigen Sekunden und ich öffne meine Augen wieder, jedoch reiße ich meine Augen auf, da ihm Tränen über die Wangen laufen, die er versucht wegzublinzeln. Die Wut in mir verfliegt urplötzlich und ich stehe regungslos und total sprachlos vor ihm. Ich habe meinen Vater noch nie weinen sehen.

"Ja, es stimmt alles, was du gesagt hast. Ich habe damals einen riesigen Fehler gemacht und ja, wenn ich dir ins Gesicht schaue, muss ich immer wieder daran denken, was ich getan habe und hasse mich dafür. Du verhältst dich auch noch genauso wie sie. Sie hat mir immer die Stirn geboten und hörte auf niemanden. Sie war perfekt... und ich habe es versaut", sagt er und schaut verbittert zu Boden.

Will er mich eigentlich verarschen? Was erwartet er jetzt von mir? Dass ich ihn in den Arm nehme und sage, dass wir Eomma wiederfinden können?

"Wenn du Mitleid von mir willst, dann kannst du das vergessen. Du bist ein erwachsener Mann und wusstest ganz genau, was du tust. Deine Krokodilstränen kannst du wieder wegwischen. Ich falle nicht mehr auf deine falschen Spielchen rein. Ich gehe jetzt", erwidere ich kalt und drehe mich wieder zur Tür, um sie endgültig zu öffnen und zu verschwinden. 

Revenge | TaekookWhere stories live. Discover now