Kapitel 35

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Am nächsten Morgen stehe ich um vier Uhr morgens auf und mache mich fertig, um meine Aufgaben so früh wie möglich zu erledigen. Als ich angezogen bin, laufe ich direkt in Jimins und Chanyeols Schlafzimmer, da Jimin noch schläft, obwohl ich ihm gesagt habe, dass wir um fünf Uhr los fahren. Ich schalte das Licht an und stelle mich neben Jimin, der seelenruhig schläft und sich an Chanyeol gekuschelt hat. Angewidert betrachte ich die beiden für wenige Sekunden, bevor ich Jimins Wasserflasche vom Boden aufhebe und sie aufdrehe. Einen kurzen Moment zögere ich, aber halte die Flasche dann über die Beiden und kippe ihnen den ganzen Inhalt über die Köpfe. Die Beiden reißen gleichzeitig die Augen auf und sitzen in weniger als fünf Sekunden aufrecht im Bett. 

"Bist du behindert?!", schreit mich Chanyeol an, aber ich beachte ihn kaum, sondern sehe meine Bruder auffordernd an. 

"Los, steh auf. Ich habe dir gesagt, dass du um viertel vor fünf fertig sein sollst. Es ist jetzt viertel vor fünf. Ich gebe dir zehn Minuten", teile ich ihm mit.

Anschließend gehe ich die Treppen runter und suche nach Chanyeols Jacke, die in der Garderobe hängt und klaue mir sein Feuerzeug und seinen Geldbeutel. Eigentlich versteckt er es in seinem Zimmer, damit ich es nicht klaue. Jedoch habe ich gestern gesehen, dass er es vergessen hat. Grinsend stecke ich mir beides in die Hosentasche und verlasse entspannt das Haus. 

"Oh, guten Morgen", wünscht mir unsere Nachbarin und lächelt mich an, als ich aus der Haustür komme.

"Guten Morgen", entgegne ich und lächle sie genauso breit an, während sie zu ihrem kleinen weißen Fiat 500 läuft. 

Ich schaue ihr dabei zu, wie sie in ihr Auto steigt und ihre schwarze Handtasche auf den Beifahrersitz schmeißt. Sie dreht sich kurz zu mir um und winkt mir nochmal zu. Lächelnd winke ich ihr solange zu, bis sie endlich wegfährt. Mein Lächeln fällt augenblicklich, als sie sich immer weiter entfernt und ich verziehe mein Gesicht vor Ekel. Ich frage mich, ob sie wirklich nicht weiß, dass ich sie durch mein offenes Fenster beim Masturbieren höre und aus Versehen mal dabei erwischt habe. Ich kann durch mein Fenster direkt in ihr Schlafzimmer schauen und habe Sachen gesehen, die ich nicht sehen wollte. 

"Ich bin fertig!", reißt mich Jimin schwer atmend aus meinen Gedanken und sieht total verstreut aus. 

"Zum Glück musst du später nur fahren", sage ich abschätzig und laufe dann zu meinem Auto, welches vor der Haustür steht. 

"Halt die Fresse", murmelt der Ältere und setzt sich auf den Beifahrersitz, nachdem ich das Auto aufgeschlossen habe. 

Schmunzelnd steige ich ebenfalls ein und lege den Schlüssel in den Getränkehalter, bevor ich den Motor starte. Jimin schaut mich mal wieder blöd an, da ich dafür nur einen Knopf hinter dem Lenkrad drücken muss. Er sagt aber nichts und schließt müde die Augen, als ich los fahre. Ich habe die nächsten Tage so viel zu tun, weil ich wegen Taehyung alles stehen und liegen gelassen habe. Leider werde ich ihn nicht beobachten oder generell sehen können, aber dieses Arschloch wird mich eh nicht vermissen. Das macht mich schon wieder total sauer. 

"Junge, wieso beschleunigst du auf einmal? Bist du dumm?", beschwert sich Jimin genervt. 

"Sei doch ruhig. Fahr einmal mit Taehyung und du würdest in einen Eimer kotzen!", motze ich zurück. 

"Wenn du so weiter fährst, bin ich auch kurz davor. Warum fährst du eigentlich diesen Weg? Du wärst schneller, wenn du in die andere Richtung fahren würdest. Du weißt schon, dass wir zum anderen Ende der Stadt müssen"

Warum habe ich nochmal gesagt, dass er mit mir kommen soll? Ich hätte doch wissen müssen, dass er dann alles kritisieren wird, was er kritisieren kann. Vor allem ist er immer noch total angepisst, weil Jin Hyung nicht auf seiner Seite war. Ich antworte nicht darauf und fahre einfach still weiter. Wenn ich jetzt anfange mit ihm zu diskutieren, dann artet das nur aus.

Eine halbe Stunde später komme ich an meinem Ziel an und fahre langsam durch die Straßen, um einen passenden Parkplatz zu finden, der nicht so nah an meinem eigentlich Ziel ist. Nach wenigen Minuten der Sucherei parke ich einfach vor einer Bar, die ich nicht kenne. Generell kenne ich dieses Stadtviertel nicht. Jimin schaut sich gelangweilt um, während ich aus dem Auto steige und nach hinten zu meinem Kofferraum laufe. Kurz bleibe ich vor dieser Bar stehen und mustere sie still, weil ich gar nicht gewusst habe, dass es hier eine Bar gibt. Meine Augen wandern zu der Seitengasse, die mit Absperrband abgesperrt wurde. Neugierig gehe ich auf sie zu und steige über das Absperrband, um in der dunklen Gasse nachzusehen, was dort geschehen ist. Im nächsten Moment stelle ich direkt fest, dass hier jemand umgebracht wurde. Neben den Mülltonnen befindet sich eine riesige Blutlache auf dem Boden und mir steigt der unangenehme Gestank vom alten Blut in die Nase, der mich das Gesicht verziehen lässt.

"Alter, haben die jemanden hier geschlachtet oder was? Konnten die nicht mit einem Wassereimer das Blut wegschütten oder so? Ekelhaft", murmle ich zu mir selbst und mache sofort auf meinem Absatz kehrt, weil dieser Gestank echt fies ist. 

Wenn es frisches Blut gewesen wäre, dann hätte man noch diesen süßen, metallischen Geruch in der Luft riechen können, aber wenn die Verwesung einsetzt, riecht es alles andere als gut. Angeekelt steige ich wieder über das Band und laufe zu meinem Auto. Jimin öffnet die Beifahrertür und fragt mich, warum ich so eine hässliche Fresse ziehe. 

"Da wurde jemand vor ein paar Tagen umgebracht und es stinkt nach Verwesung", sage ich nur und gehe zu meinem Kofferraum, um diesen zu öffnen. 

"Geil, ich schau mir den Tatort an, während du deinen Teil erledigst", meint Jimin erfreut und hüpft aus dem Auto. 

Kopfschüttelnd schaue ich die ganzen Kuscheltiere in meinem Kofferraum an und greife nach einem rosa Elefanten, der dem kleinen Mädchen, welches ich gleich abholen werde, gefallen wird. Ich schließe den Kofferraum und laufe dann los, da ich nicht noch mehr Zeit verlieren möchte. Mein Bruder ist schon in der Gasse verschwunden und hat jetzt den Spaß seines Lebens. Hoffentlich hat er dann gute Laune, wenn wir später zu Vater fahren.

Revenge | TaekookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt