Kapitel 116

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Jungkooks Sicht:

Um acht Uhr morgens sitze ich allein in Areums Wohnzimmer und warte darauf, dass sie nach Hause kommt. Sie war die ganze Nacht weg, was mir etwas Sorgen bereitet hat. Ich konnte auch nicht so gut schlafen, weil mir zu viele Gedanken durch den Kopf gingen. Dagegen schläft Taehyung wie ein Stein und wird wahrscheinlich in den nächsten Stunden nicht aufwachen. Mir geht Seokjin nicht mehr aus dem Kopf. Wir haben immer zusammengehalten und ich habe ihn einfach zurückgelassen. Das ist alles die Schuld meiner Eltern. Sie machen uns das Leben zur Hölle und verlangen auch noch, dass wir dankbar für unsere ganze Drecksarbeit sein sollen.

Plötzlich höre ich wie die Wohnungstür geöffnet und schnell geschlossen wird. Erwartungsvoll sehe ich in Richtung Flur, in dem Areum auch schon auftaucht. Als sie mich im Wohnzimmer sieht, kommt sie lächelnd auf mich zu und setzt sich neben mich. Sie fragt mich, wieso ich schon wach bin, aber ich kann sie im Moment nur anstarren. Ihre Haare hat sie zugebunden und trägt einen grauen Pullover von Younghyun, der ihr viel zu groß ist. Ihre Augen strahlen wie Diamanten und sie sieht vollkommen entspannt aus.

"Ihr habt miteinander geschlafen. Uh, Areum! Du lässt ja gar nichts anbrennen", stelle ich fest und grinse breit los.

Ihre Wangen werden feuerrot und sie wendet den Blick ab, was mich zum Lachen bringt. Ich nehme sie in den Schwitzkasten und presse ihren kleinen Kopf gegen meine Brust, um ihre Haare zu verwuscheln. Sie quiekt los und versucht mich wegzuschubsen, was ich nicht zulasse.

"Er hat angefangen!", verteidigt sie sich und drückt mich mit ganzer Kraft weg, wodurch ich sie dann doch loslasse.

"Tja, wer kann einer wunderschönen Frau schon widerstehen?", gebe ich lächelnd von mir.

"Du?", antworte sie darauf und schmunzelt etwas.

"Stimmt. Bin ich nicht klasse?", erwidere ich selbstverliebt.

"Sei nicht so eingebildet", grinst sie und haut mir gegen die Brust.

Jedoch umarmt sich mich auf einmal von der Seite und gibt mir einen federleichten Kuss auf die Wange, bevor sie ihren Kopf gegen meine Schulter lehnt und so verweilt. Ich lege meinen Arm um ihre Hüfte und drücke sie etwas an mich. Scheinbar bedankt sie sich dafür, dass ihr ihn vorgestellt habe. Wir sehen mal darüber hinweg, dass ich seine Verlobte bei lebendigem Leibe in einen Ofen geworfen habe. Solange meine kleine Prinzessin glücklich ist, ist mir alles recht.

In einer Stunde muss ich mich auf dem Weg zum Friedhof machen. Mit Taehyung werde ich ganz sicher nicht dort auftauchen, aber ich möchte auch nicht allein gehen. Meine ganzen Halbgeschwister werden auch dabei sein und mich in die Mangel nehmen, so wie sie es immer tun. Vielleicht sind Jane und Woosung auch anwesend. Ich muss mich bei ihnen entschuldigen, weil ich ihr Studio so verwüstet habe.

"Gehst du mit mir zur Beerdigung? Ich muss vor zehn Uhr da sein", frage ich sie und kriege jetzt schon Bauchschmerzen bei dem Gedanken, diese ganzen Menschen sehen zu müssen.

"Klar, solange du mich von deinem Vater fernhältst", meint sie und kuschelt sich mehr an mich.

"Der wird dich ganz bestimmt nicht auf dem Schirm haben. Seine ganzen Kinder und Ex-Freundinnen sind auch vor Ort", versichere ich ihr.

"Dann müssen wir uns gleich fertig machen. Wir haben schon halb neun! Ich muss noch duschen. Wir müssen doch gut aussehen, wenn wir deine verkorkste Familie treffen", sagt Areum und steht ruckartig auf, um ins Bad zu eilen.

"Wollen wir Zeit sparen?", rufe ich ihr nach und grinse dreckig los.

"Halt die Klappe! Geh mit Taehyung duschen!", schreit sie zurück und knallt die Badezimmertür zu.

Lachend stehe ich von der Couch auf und laufe ins Schlafzimmer, in dem Taehyung noch friedlich auf dem Rücken schläft. Ich bleibe kurz stehen und sehe den schwarzen Kleiderschrank an, bevor ich zu ihm ins Bett klettere. Geduscht habe ich schon, darum kann ich meine Zeit mit Kuscheln verbringen. Ich lege mich auf seine Brust und knuddle ihn durch, wodurch er im Schlaf murrt. Ich beiße und küsse seine Wange, weil er so süß aussieht. Jedoch reagiert nicht, was mich zum Schmollen bringt. Ich bette meinem Kopf auf seiner Brust und lausche seinem ruhigen Herzschlag. Taehyung legt seine Hände auf meinen Rücken und streichelt über diesen. Er ist also doch aufgewacht.

"Wieso bist du wach?", brummt Tae mit rauer Stimme.

"Areum und ich gehen zur Beerdigung von Sungjin und Yunai. Ich würde dich bitten hier zu bleiben. Ich muss dir den Grund nicht erklären, oder?", sage ich ihm und hebe meinen Kopf, um ihn anzuschauen.

Taehyung presst die Lippen zusammen und nickt. In meiner Brust wird es deutlich schwerer, weil ich wieder an Sungjin denke. Ich schüttle den Kopf und setze mich auf, um vom Bett aufzustehen. Wenn Myunghee nicht aufgetaucht wäre, dann wäre das alles nicht geschehen. Vater lässt sie einfach damit davonkommen und tut nichts gegen sie. Wie kann er nur? Ich öffne den Kleiderschrank und suche nach einem schwarzen T-Shirt und einer schwarzen Hose, die ich nach wenigen Sekunden auch schon finde. Ich ziehe mir alles schnell an und schnappe mir meinen Gürtel auf den Boden, da die Hose am Bund etwas zu groß ist.

"Es tut mir leid", entschuldigt sich Taehyung, während er von hinten seine Arme um meinen Bauch schlingt.

"Schon gut. Ich habe es dir schon heimgezahlt", erwidere ich trocken und richte meinen Gürtel etwas.

Areum kommt mit einem Handtuch um ihren Körper ins Schlafzimmer und ignoriert uns beide, um sich vor mich zu stellen und nach ihren Klamotten zu suchen. Ihr laufen Wasserperlen über den Körper, womit sie den ganzen Boden nass macht. Taehyung lässt mich los und möchte sich gerade umdrehen, als die kleine Dame ihr Handtuch öffnet und sich vor uns trocknet. Desinteressiert wende ich mich ab und sehe ihn an, der sie nur schockiert anstarrt und nicht glauben kann, dass sie sich vor uns entblößt. Er zerrt mich aus dem Raum und hält mir die Augen zu, was ziemlich witzig ist.

Wahrscheinlich ist er noch traumatisiert von dem Fotoshooting von mir und Jane damals. Jane konnte er zum Tode nicht ausstehen, weil sie mich auch ständig geküsst hat, aber das hat sie bei jedem gemacht. Ich vermisse meine Freunde schon extrem. Immerhin konnte ich immer zu ihnen flüchten, wenn ich es bei meiner Familie nicht ausgehalten habe. Wir sind zusammen aufgewachsen und haben die dümmsten Dinge zusammen angestellt. Falls Jane und Woosung nicht an der Beerdigung teilnehmen, werde ich sie besuchen gehen.

"Gott, ich bin so gestresst. Ich ziehe mir jetzt einfach ein schwarzes Oberteil an und einen langen schwarzen Rock, okay?" ruft Areum gehetzt und kommt nach wenigen Sekunden nur mit schwarzer Unterwäsche ins Wohnzimmer.

"Ist mir doch egal. Du kannst auch so gehen", lache ich und kassiere einen bösen Blick von Taehyung.

"Was auch immer. Wieso frage ich dich überhaupt?", verdreht sie die Augen und zieht sich das Oberteil über den Kopf.

"Sie ist zwar eine sehr schöne Frau, aber gleich fängst du dir eine ein, wenn du deinen Blick nicht abwendest, Jungkook!", knurrt er mich an und packt mich am Kinn, um mein Gesicht in seine Richtung zu drehen.

"Warum bist du so eifersüchtig? Ich war die ganze Zeit mit ihr unterwegs und bin ihr kein einziges Mal an die Wäsche gegangen", möchte ich von ihm wissen und kann nicht anders als zu lachen.

"Ich würde dich auch nicht ranlassen, du kleines Baby. Mir haben die Küsse gereicht", wirft Areum ein und schüttelt ihren ganzen Körper vor Ekel, bevor sie sich auf die Couch schmeißt.

"Ist mir egal! Schau sie nicht an, wenn sie nackt oder in Unterwäsche ist!", mault mich Taehyung an und verschränkt die Arme trotzig vor der Brust.

Belustigt drehe ich mich zu Areum und finde es extrem amüsant, dass er wirklich denkt, dass sie an ihn herankommt. Areum ist ebenfalls entzückt von seiner Reaktion und lächelt über das ganze Gesicht. Ich schlinge meine Arme um ihn und küsse seinen Schmollmund. Taehyung stellt sich stur und wendet den Blick ab, aber ich mache mit den Küssen weiter und puste in sein Ohr. Er zuckt zusammen und fängt an zu lachen, als ich ihn ein wenig kitzle.

"Sei nicht böse. Du bist der Einzige für mich. Keine Frau und kein Mann kann dir das Wasser reichen", wispere ich in sein Ohr und ziehe ihn näher an mich, sodass kein Blatt mehr zwischen uns passt.

"Das hoffe ich doch, sonst landet ein Küchenmesser in irgendwelche Körperteile", murmelt er und drückt einen kurzen Kuss auf meine Lippen.

Revenge | TaekookWhere stories live. Discover now