Blutmond Kapitel 2

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Blutmond


Kapitel 2



Merlin sah zum Himmel, der sich langsam hell färbte, als er durch den schmalen Gang neben dem tosenden Wasserfall in die Höhle kam, der kleine Weg war so versteckt, das ihn niemand finden würde, der es nicht wusste. Sie lebten in der gegensätzlichen Richtung, in der Uther wohnte, weit draußen vor der Stadt, in unwegsamen Gelände, in das sich nie Menschen verirrten. Auch sie lebten in Höhlen, die in dieser Gegend weit verbreitet waren, allein schon deshalb, da sie sich vor dem Sonnenlicht schützen mussten. Ihre Höhle war auch sehr groß, ihr Clan bestand aus sechsundachtzig Vampiren, die hier auch ihr Zuhause hatten, auch kleine Wohnhöhlen, nur nicht so luxuriös wie die Wölfe. Vampire waren genügsam, brauchten nicht unbedingt Luxus....gut, wenn sie ihn hätten, dann würden sie ihn nutzen, aber sie waren schon zufrieden, wenn sie ein Platz hatten, um sich auszuruhen, ohne von der Sonne verbrannt zu werden. Balinor ging in dem breiten Gang in der Höhle auf und ab und blieb stehen, als er Merlin sah
„Da bist du ja endlich....die Sonne geht schon auf!"
„Ja, ich weiß!" sagte er desinteressiert.
„Was heißt du weißt es....du bist ein Vampir, man sollte doch meinen, das du ein Gefühl für die Zeit haben solltest....das ist lebenswichtig!"
„Vater....ich bin doch da!"
„Diesmal schon....das letzte Mal musstest du den ganzen Tag in der Kanalisation ausharren, bis du bei Sonnenuntergang nach Hause kommen konntest! Warst du jagen?"
„Gestern Abend....ich habe etwas getrunken....zufrieden?"
„Ja!"
„Kann ich jetzt schlafen gehen?" fragte Merlin
Balinor seufzte
„Ja....verschwinde!"
Merlin ging tiefer in die Höhle und Balinor sah ihm nach. Er hasste es, wenn Merlin auf den letzten Drücker nach Hause kam und er sich Sorgen machen musste, ob er es rechtzeitig schaffte, der Sonne auszuweichen!
Balinor sah nicht älter aus wie fünfunddreißig.....dunkles Haar und schlank und Merlin war sein Sohn....reinblütig geboren und deshalb noch empfindlicher gegen die Sonne, wie die Menschen, die zum Vampir geworden sind. Seine Mutter war aus einer angesehenen Vampir Familie gewesen, die sich in den mittellosen Balinor verliebt hatte und von ihrer Familie verstoßen wurde, aber sie waren glücklich gewesen und Merlin war die Frucht ihrer Liebe! Aber Silvia war wie Merlin gewesen, sie kostete die Nacht auch bis auf die letzte Minute aus und eines Tages hatte sie sich verschätzt....sie starb in der Sonne, auf dem Weg nach Hause! Balinor wollte nicht, das sein Sohn das gleiche Schicksal teilte! Er schüttelte den Kopf und ging in sein Quartier....die Stadt erwachte, aber für die Vampire war es Schlafenszeit!
Merlin betrat seine kleine Wohnhöhle, die einfach, aber zweckmäßig eingerichtet war. Im Gegensatz zu der Wolfshöhle, hatten sie kein elektrisches Licht, das sie eigentlich auch nicht brauchten, denn Vampire sahen im Dunklem ausgezeichnet. Trotzdem machte er eine kleine Öllampe an und stellte sie neben seinem Bett auf den Tisch und zog sich aus. Er hatte sich beeilen müssen, um noch rechtzeitig die Höhle zu erreichen, nachdem Arthur ihn freigelassen hatte und konnte darüber nicht nachdenken. Aber jetzt, da er Ruhe hatte und in Sicherheit war, schlich sich dieser Wolf wieder in seine Gedanken.
Er legte sich auf sein Bett und sah zur Decke....dieser Wolf....Arthur, er war so ganz anders gewesen, wie Uther, der ihm gedroht und ihn geschlagen hatte, damit er etwas sagte. Er hatte sich für ihn interessiert und da war kein Hass in seinen Augen gewesen, hatte Merlin sogar nach seinem Namen gefragt und ihn schließlich freigelassen. Er wollte das nicht seinem Vater erzählen, denn er hätte sich wieder aufgeregt und Uther das spüren lassen, das er es gewagt hatte, seinen Sohn der Sonne auszusetzen, aber zum Glück kam Arthur....Arthur, der ein Wolf war und Merlin beeindruckt hatte, durch sein Interesse an ihm, obwohl er sein Feind war und der....so verflucht gut aussah, gestern Abend, mit dieser engen Jeans und dem eleganten Jackett! Merlin seufzte, denn er mochte eigentlich lieber Männer, wie Frauen....das war der Grund dafür, das er so lange weg war. Balinor hatte ihn mit einem Menschenjungen erwischt und schickte ihn acht Jahre in den Clan seines Onkels nach Europa....er war erst seit drei Wochen wieder zu Hause und wollte seinen Vater nicht mit der Nachricht schockieren, das er heute fast gestorben wäre und er wollte Arthur da nicht mit hineinziehen!
Er hatte schon von ihm gehört....von seinen Vampirfreunden....das er ein sehr gefragter Typ bei den Mädchen war und sich nie öfter als einmal mit ihnen traf....das hieß....er schlief mit ihnen und dann war es das....also hetero....war ja klar....warum sollte es auch anders sein?
Abgesehen davon....er war ein Wolf, eine Spezies, die so weit weg von einem Vampir war und außerdem der feindlichen Fraktion angehörte....er sollte ihn vergessen....er war dankbar, aber er sollte ihn vergessen!
Er machte die Lampe aus und schloss seine Augen, aber immer wieder schlich sich Arthur in sein Bewusstsein....diese schönen stahlblauen Augen und sein helles Haar....seinen durchtrainierten Körper und diese Art, wie er Merlin angesehen hatte....vergiss ihn....vergiss ihn ....vergiss ihn, sagte er sich immer wieder.....bis er einschlief!





Arthur hörte am nächsten Morgen seinen Vater schreien bis in seine Zimmer. Er stand auf und zog seinen Morgenmantel an, streckte sich und gähnte herzhaft, bevor er seine Zimmer verließ, um sich in die Höhle des Löwen zu wagen....eigentlich des Leitwolfs, der unten tobte!
Er ging die Treppe hinunter, sich voll bewusst, das sein Vater jetzt über ihn herfallen würde, wenn er ihn mit der Wahrheit konfrontierte.
„Was ist denn los?" fragte er scheinbar desinteressiert und fuhr sich durch die Haare, während er wieder gähnte. Sein Vater, der angezogen war, frisch rasiert und wie das blühende Leben aussah, obwohl die Party bis in die frühen Morgenstunden gegangen war, sah ihn an, dann wieder zu Gwaine, der mit eingesunkenen Schultern vor ihm stand und schuldbewusst auf den Boden sah. Arthur tapste barfüßig näher.
„Was los ist? Irgendjemand hat diesen verfluchten Vampir frei gelassen....ich kann mir nicht vorstellen, das er allein aus dieser Zelle herauskam....die Elektrik war ausgeschaltet und die Zelle offen! Wenn ich den gefunden habe, der das getan hat....dann Gnade ihm Gott!" schrie er....er war wirklich angepisst.
„Dann brauchst du nicht lange zu suchen....das war ich!" sagte er fast beiläufig. Sein Vater sah ihn entgeistert an
„Was!?"
„Ich war das....gestern Nacht!" sagte er wieder und schenkte sich Kaffee ein.
„Verschwinde!" sagte er zu Gwaine, der sich das nicht zweimal sagen ließ und eiligst das Zimmer verließ, um so viel Abstand zwischen den Leitwolf und sich zu bekommen, wie möglich war.
Uther ging um seinen Schreibtisch herum und sah seinen Sohn an....seine Augen hatten im Moment mehr von einem Wolf, als von einem Menschen.
„Du hast ihn freigelassen....bist du verrückt? Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht!" schrie er ihn an. Arthur antwortete ruhig
„Mein Gott....er war ein Junge, der so viel getrunken hatte und sich in diesem Zustand verirrt hatte....das ist wahrlich kein Grund, ihn dafür zu grillen!"
„Die ganze verfluchte Vampirbande hat es verdient zu brennen....ich frage dich noch einmal, warum hast du das getan?" fragte er so ruhig, aber ein Blick in seine Augen zeigte, das der Wolf nah an der Oberfläche saß.
„Weil ich es bescheuert finde, das du einen Vampirjungen verbrennen willst, weil er aus Versehen es gewagt hatte, dem großen Uther etwas zu nah zu kommen! Ich verstehe sowieso nicht, wieso du sie so hasst....sie haben dir doch nichts getan....sie leben ihr Leben und fertig!"
„Die haben kein Leben!" schrie Uther „Und was den Vampirjungen angeht....er ist mindestens zehn mal so alt, wie du....mein Sohn!"
„Ach wirklich?" fragte er unschuldig und machte seinen Vater noch wütender.
„Weißt du eigentlich, was ich mit demjenigen machen wollte, wenn ich ihn gefunden hätte? Ich hätte ihn in der Luft zerrissen....als Strafe und Warnung....diesem.....diesem Vampirpack zu helfen!" schrie er und Arthur hatte die Befürchtung, das er sich gleich aus Wut verwandelte.
„Du wirst doch jetzt nicht deinen eigenen und einzigen Sohn töten wollen?" fragte Arthur lässig.
„Führe mich nicht in Versuchung!" knurrte er und es war ein Knurren.
„Vater....jetzt komm mal wieder runter....es war wirklich ein Versehen von seiner Seite aus. Ich verstehe ja, das du denjenigen töten willst, der dir schaden will, aber Merlin war unschuldig!"
„Ahh....scheinbar seid ihr ja sehr gut bekannt, wenn du seinen Namen kennst!" schrie er wieder
„Nein....ich hatte ihn nur danach gefragt!" antwortete Arthur immer noch seelenruhig und sah ihn an
„Lass es jetzt gut sein und beruhige dich, sonst verwandelst du dich noch und dann wäre der schöne Anzug ruiniert!" sagte er und grinste, als er Uther musterte. Wenn sie sich bekleidet verwandelten, dann löste sich die Kleidung auf, normalerweise zogen sie sich aus, wenn sie zum Wolf wurden.
„Nur Gott weiß....warum ich dich nicht auf der Stelle erwürge!" knurrte er
„Weil ich dein Sohn bin....dein einziger Sohn und du mich liebst!" gab Arthur zur Antwort.
„Und gerade das ist mir ein Rätsel....du lebst in den Tag hinein, hast kein Verantwortungsgefühl und interessierst dich nicht für das Rudel und die Geschäfte!"
„Ach komm, Vater....jetzt nicht wieder die alte Leier und das am frühen Morgen....ich bitte dich!"
Uther sagte nichts darauf, stattdessen fragte er etwas ruhiger
„Wie fandest du denn gestern Abend die Mädchen?"
Arthur seufzte und verdrehte die Augen
„Und jetzt das....wusste ich es doch! Ich sage dir noch einmal....ich will keine Beziehung mit diesen hochwohlgeborenen Töchter.....Händchen halten und scheue Küsschen und den Schwanz in der Hose lassen!"
„So ist das eben in der Szene bei den gehobenen Töchter....man muss Geduld haben!"
„Ich will aber nicht geduldig sein, wenn ich draußen jeden Tag fünf Mädchen nach Herzenslust vögeln kann!" sagte Arthur und grinste
„Weiß der Teufel, wo du das her hast!"
„Vater....du bist nicht viel besser, also...."
„Ich schlafe aber mit Unsresgleichen....keine Menschen!"
„Gwen, Leon und die anderen ficken auch die Mädchen aus der Stadt!" sagte er zu seiner Verteidigung
„Glaube ja nicht, das ich das gut heiße....ich kann das ihnen nicht verbieten und bei dir tolerieren....das geht nicht und benutze nicht diesen Ausdruck....das klingt ordinär und wie aus der Gosse!"
„Ja....gut....vögeln!" sagte er etwas genervt „Wir haben nur einfach Spaß!"
Uther nickte grimmig
„Ein Spaß, der mich ein kleines Vermögen gekostet hatte....wie hieß dieses Mädchen noch....
„Sandy....das war ein Unfall!" antwortete Arthur
„Ein Unfall, der mich zweihunderttausend Dollar gekostet hatte....die Abtreibung, inklusive einer Abfindung!"
„Es wird nicht wieder vorkommen!" sagte Arthur
„Das hoffe ich doch sehr....wenn du schon mit diesen Mädchen schläfst, dann passe gefälligst auf!"
„Ja, Vater!" sagte er genervt.
„Lass mich jetzt allein, ich habe zu arbeiten!"
Arthur stellte die Tasse ab und verließ das Zimmer. Uther sah ihm kopfschüttelnd nach, er wusste, er ließ ihm viel zu viel durchgehen....er liebte seinen Sohn, auch wenn Arthur das immer herab spielte....in ihm sah er Igraine....seine Frau, die gleichen Augen und Haarfarbe und das gleiche ungestüme Wesen! Arthur war vierundzwanzig, aber da Gestaltwandler langsamer alterten, war er ein noch junger Wolf, der Flausen im Kopf hatte! Er hoffte, das sich das eines Tages legen würde!

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