Blutmond Kapitel 23

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Blutmond


Kapitel 23



Sechs Monate waren vergangen und der Wolf hatte sein Ziel erreicht, denn seit zwei Wochen lebte er in diesem Nationalpark in Alaska und hatte sogar schon eine kleine Höhle gefunden. Er hatte eine lange Reise hinter sich, hatte viel erlebt....einige Wunden davon getragen, als er mit Wölfen kämpfte, da er durch ihr Gebiet ziehen musste. Die kanadischen Wälder waren tückisch gewesen....er musste einigen Jägern ausweichen, die ihn verfolgt hatten und ihn als Trophäe haben wollten, musste sich mit Leitwölfe von wilden Wolfsrudeln anlegen, die ihn in ihrem Gebiet nicht akzeptierten und Arthur angegriffen hatten und er musste der Zivilisation ausweichen, die immer weniger wurde, je näher an Alaska herankam. Das Tier war stärker in ihm geworden, versuchte ständig die menschliche Hälfte, die noch kläglich anwesend war, zu dominieren. Hier im rauen und doch wunderschönen Norden ging es jeden Tag ums Überleben, wer schwach war, lebte nicht lange. Es war Spätherbst und es wurde langsam kalt und bald würde der Schnee kommen, der allen Tieren, die jagten es schwer machen würde, eine Spur von Wild zu finden. Er schleppte nun ein kleines Reh in seine Höhle, das er gejagt hatte und ihm für ein paar Tage den Hunger stillen würde.
Noch waren viele Touristen in den Parks unterwegs, die begierig darauf waren, einige Tiere vor die Kamera zu bekommen, aber er hielt sich immer sehr abseits von Menschen....da er viel größer als ein normaler Wolf war, würde er auffallen und die Ranger könnten vielleicht dann nach ihm suchen, wenn sie ein Bild von ihm sahen.
Sein Wolf war dominant, ließ ihn langsam und sicher vergessen, wer er war und bald würde er nur noch ein Wolf sein, wie ein Wolf denken und handeln, sicher....er würde immer intelligenter wie ein normaler Wolf sein, aber er würde trotz allem ein Tier sein und nicht mehr wissen, das er eine menschliche Hälfte, geliebt und Freunde hatte.
Arthur dachte schon jetzt nur noch selten an sein früheres Leben....an seine Freunde, immer undeutlicher wurden die Bilder Vergangenem und immer mehr wurde er zum Wolf und eines Tages würde er vergessen, das er auch ein Mensch war....eine menschliche Hälfte hatte und er würde vergessen, das er Freunde und....das er einmal geliebt hatte....und er würde Merlin vergessen!
Noch immer brannte der Schmerz in seiner Brust, wenn er an ihn dachte, was immer seltener wurde, der aber langsam abnahm, wenn sein Wolf dominanter wurde und ein Stück seiner Erinnerung fraß.
Er war der einsame Wolf, der keinem Rudel angehörte und als Einzelgänger sein Leben fristete, sich nicht fortpflanzte und durch die Wälder streifte....wie ein Geist!




Uther stand am Fenster, sechs Monate waren vergangen, seit er seinen Sohn das letzte Mal gesehen hatte.
Er war im Zorn davongerannt, hatte sich von ihm abgewendet und war spurlos verschwunden. Einige Wölfe dachten, sie hätten eine Spur von ihm im Wald gefunden, als sie dort unterwegs waren, aber der Geruch war alt und nicht mehr frisch, Regen hatte den Geruch weggeschwemmt und andere Tiere verfälscht, so das sie nicht sicher waren, das es Arthur war. Uther hatte ihn monatelang gesucht, eine Unmenge an Geld den Privatdetektiven gegeben, aber niemand fand einen Hinweis auf Arthur....niemand!
Uther hatte schreckliche Angst, das sie eines Tages seine verrottende Leiche finden würden und nur anhand einer DNA Analyse feststellen konnten, das dies Arthur war, der dort hingegangen war, wo er kein Geld mehr brauchte, indem er sich das Leben nahm. Allein der Gedanke an so etwas ließ Uthers Herz schwer werden, denn trotz Arthur ihm an den Kopf geworfen hatte, das er ihn nie geliebt hatte....liebte er seinen Sohn und war froh, das Igraine das nicht mehr erleben musste. Sie hatte Arthur abgöttisch geliebt, er war ihr kleiner Sonnenschein gewesen, denn so hatte ihn seine Mutter immer genannt.
Vielleicht wäre alles ganz anders geworden, wenn sie nicht gestorben wäre, sie war die Güte in Person gewesen, eine weiße Wölfin und so schön! Arthur hatte ihre strahlend blauen Augen und ihr schönes goldenes Haar geerbt und obwohl Uther ein attraktiver Wolf war, hatte Arthur auch viel von ihrer Schönheit.
Er dachte oft an sie, denn er hatte sie wirklich geliebt, aber jetzt in den letzten Monaten dachte er noch öfter an sie und das sie ihm bestimmt Vorwürfe machen würde.
Er seufzte....er war still geworden die letzte Zeit, stürzte sich in Arbeit, aber ertappte sich immer wieder dabei, wie er in Arthurs Zimmer stand und sich umsah....da lagen immer noch Kleider auf dem Sofa, die er damals dort hingelegt, als er sich umgezogen hatte, immer noch das benutzte Glas auf dem Tisch, aus dem er getrunken hatte, auch das Bett war nicht gemacht....es sah so aus, als würde er jeden Moment aus dem Bad kommen und freudig sagen....Hallo Vater! Uther hatte dem Personal verboten, jemals etwas in diesem Zimmer zu verändern oder es zu betreten. Es war abgeschlossen und nur er hatte den Schlüssel.
Den Aston Martin hatte er in die Werkstatt gebracht und den Schaden mit dem Zusammenstoß der Figur reparieren lassen....er stand in der Garage und Uther setzte sich manchmal hinein, umgriff das Lenkrad und dachte daran, das Arthur als Letzter hier gesessen hatte.
Aber sein Hass auf die Vampire war noch größer geworden, denn letztendlich ist es Balinor wirklich gelungen, ihn empfindlich zu treffen, so das er Schlagseite hatte. Dieses Drecksgesindel war schuld, das er seinen einzigen Sohn verloren hatte....ein geschickter Schachzug von ihnen und er hasste sie mehr als jemals zuvor.
Wieder seufzte er und sagte leise
„Es tut mir leid, Igraine....ich habe versagt!"





Gwaine saß mit seinen Freunden in seinem Zimmer. Seit Arthur verschwunden war, war die Stimmung nicht mehr so ausgelassen wie zuvor. Sie gingen noch jeden Samstag ins Rising Sun, hatten auch Spaß mit den Mädchen, aber es war längst nicht mehr das Gleiche wie früher. Sie saßen an ihrem Stammplatz im Club, aber niemand von ihnen setzte sich auf Arthurs Platz, der leere Sitz klaffte zwischen ihnen und erinnerte sie schmerzlich daran, das er wohl für immer leer bliebe. Auch hatten sie seit diesem Tag nicht einmal Merlin im Club gesehen, nur seine Freunde, die sie feindselig anblickten. Seit dem Vorfall mit Balinor war die Stimmung im Club noch eisiger, noch hasserfüllter und nur die Strafe hielt die Vampire ab, über die Wölfe herzufallen, weil sie es gewagt hatten, Balinor so feige anzugreifen. Balinor hatte jegliche Feindseligkeit und Übergriffe verboten, ihnen mit massiven Strafen gedroht und so hielten sie sich daran.
„Denkst du....er ist tot?" fragte Pascal aus heiterem Himmel. Er war der Sensibelste unter ihnen, nahm das Verschwinden von Arthur sehr schwer und konnte ihn nicht vergessen.
„Ich weiß es nicht!" antwortete Gwaine
„Das sagst du immer.... verdammt!"
„Was soll ich denn sagen, wenn ich verflucht nochmal nicht weiß, was aus ihm geworden ist!" schrie Gwaine, er war leicht reizbar die letzte Zeit!
„Bleibt ruhig, Leute!" sagte Leon, der von ihnen der Vernünftigste war....Gwaine eher ein Draufgänger und Pascal das Sensibelchen.
Einen Moment sprach niemand und Leon war nachdenklich, dann sagte er zu Gwaine
„Gwaine, du kennst ihn am Besten....also....wenn du an Arthurs Stelle wärst und hättest deine große Liebe verloren....und wolltest spurlos verschwinden....was würdest du tun, mal abgesehen, das du dich nicht tötest und du auch kein Geld hättest!"
Gwaine dachte einen Augenblick nach, dann antwortete er
„Ich würde mich verwandeln und verschwinden, die Wälder wechseln, irgendwo anders leben!" sagte er eigentlich wirklich beiläufig, als er in dem Musikmagazin blätterte.
Einen Moment war es still und Gwaine sah einen Augenblick später überrascht zu Leon, als er sich seiner Worte bewusst wurde und sagte atemlos
„Das ist es....verdammt....das ist es! Er hat sich verwandelt und hat als Wolf das Gebiet verlassen!"
„Aber wo ist er hin?"
Pascal sagte jetzt
„Er hat mir mal von einer Reise erzählt....er war so begeistert gewesen von der Schönheit des Landes und....er hatte damals gesagt, wenn er nur Wolf wäre, würde er dort leben wollen!"
„Wo war das?"
„Alaska!"
„Alaska....das sind zweitausend Kilometer von hier!" sagte Leon
„Aber als Wolf, wenn du eigentlich querfeldein läufst, kannst du es in dieser Zeit schaffen, dorthin zu kommen, die Entfernung ist doch an Straßen gemessen, die umständlicher und länger sind!" erklärte Gwaine
„Denkst du....das er das getan hat?" fragte Pascal
Gwaine dachte nach und nickte nachdenklich
„Ja....er hatte gesagt, dort wo er hingeht, braucht er kein Geld....er lebt als Wolf und dort hat er alles, was er braucht....Wald, vielleicht eine Höhle und jede Menge Wild! Wie hieß das noch, wo er damals war?"
Pascal überlegte, dann sagte er erfreut, als es ihm einfiel
„Denali Nationalpark!"
„Aber Gwaine!" sagte Leon besorgt „Er lebt jetzt schon so lange als Wolf....du weißt was passiert, wenn wir zu lange unser Tier sind!"
Er nickte
„Wir werden langsam zu einem Wolf....vergessen, das wir auch Menschen sind und irgendwann sind wir nur noch ein Tier ohne Erinnerung, was wir waren und können uns auch nicht mehr zurückverwandeln, weil wir es einfach vergessen haben, wie es funktioniert! Deshalb lernen wir von klein auf, nicht so lange in unserer Tiergestalt zu bleiben....ein paar Tage oder Wochen....ja, aber nicht länger!"
„Es sind sechs Monate, Gwaine!" sagte Pascal besorgt „Selbst wenn wir ihn finden....er wird uns vielleicht nicht erkennen und angreifen!"
Gwaine nickte und sagte nachdenklich
„Es sei denn....es findet ihn jemand....zu dem er eine sehr tiefe Bindung hat, der ihn dann wieder aus seinem Tier herausholt....Fazit....wir brauchen Merlin, denn er liebt Arthur abgöttisch und umgekehrt genauso!"
„Das heißt....wir gehen ihn suchen?" fragte Pascal hoffnungsvoll
„Nicht offiziell....wir machen eine kleine Tour....Urlaub!" antwortete Gwaine
„Aber wir haben ein anderes Problem....erstens kommen wir nicht an Merlin ran, er scheint nicht mehr ins Rising zu kommen, zweitens, falls er wirklich mitkäme....er kann nicht wie wir in der Sonne spazieren....er würde sterben!" sagte Leon. „Und dann ist Arthur verloren....für immer!"
„Dann mieten wir uns ein Wohnmobil, verschließen am Tag alle Fenster und suchen nur nachts! Es gibt inzwischen Wohnmobile mit totalem Sonnenschutz!"
„Ich weiß nicht, ob er das tun wird!" warf Leon ein „Er wäre auf uns angewiesen, denkst du, das er uns so sehr vertraut....wir hätten sein Leben in der Hand!"
„Er liebt Arthur und er ist verloren, wenn wir ihn nicht zurückholen....für immer, so wie du soeben so schön gesagt hast! Ich denke nicht, das er das zulässt, wenn er ihn so liebt!"
„Wie erreichen wir ihn?"
„Lass das meine Sorge sein, du Leon besorgst das Wohnmobil und erzählst deinen Eltern von einem Urlaub, du genauso Pascal! Sag ihnen, wir bräuchten etwas Abstand von allem, sie werden es verstehen, schließlich waren wir Arthurs beste Freunde! Ich habe Geld gespart, ich werde es dir geben und dann mietest du so ein Wohnmobil und achte auf den Sonnenschutz....er muss perfekt sein!" sagte Gwaine.
„Ich habe auch Geld!" sagte Pascal
„Gut.....wir werden es brauchen und betet zu Gott, das wir ihn finden, bevor der Wolf ihn komplett übernommen hat!"
„Bist du sicher, das er das getan hat und das er dort hingegangen ist?"
Gwaine nickte
„Je länger ich darüber nachdenke, um so sicherer bin ich, das Arthur so gehandelt hat! Morgen ist Samstag, gehen wir ins Rising und versuchen Merlin zu kontaktieren!"
Alle nickten und machten sich an die Arbeit, ihre Mission vorzubereiten!




Am nächsten Abend gingen sie in den Club und warteten auf die Vampire, die etwas später auch wirklich kamen, Merlin war wie immer nicht dabei!
„Da sind sie!" sagte Gwaine leise
„Was willst du tun?"
Gwaine grinste
„Mit der Tür ins Haus fallen!"
Und mit diesen Worten stand er auf und marschierte zu den Vampiren rüber, die ihn feindselig, aber auch überrascht ansahen.
„Ist der verrückt?" sagte Leon fassungslos, als er ihm nachsah.
„Ich muss mit Merlin reden....es ist wichtig!" sagte er, als er bei den Vampiren war
„Wie du siehst, ist er nicht hier....verschwinde in deine Ecke, Wolf!" sagte Jessy aggressiv
„Ich weiß, das ihr mit ihm befreundet seid, also würdest du ihm etwas ausrichten?"
„Warum sollte ich?" fragte Jessy
„Weil es um Arthur geht und ich denke, das er dir nie verzeihen wird, wenn ihm etwas wegen deiner Unfähigkeit passiert! Sage ihm, ich will ihn morgen Abend vor dem Rising treffen....um neun Uhr und sag ihm....es geht um Arthur und sein Leben....er ist in Gefahr!"
Dann drehte sich Gwaine um und ging auf seinen Platz zurück.
„Und?"
„Er wird es ihm sagen....ich hoffe es jedenfalls!"

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