Kapitel 16:

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Am nächsten Morgen wachte Lily sehr spät auf. Ihr Wecker, welcher in den Gryffindorfarben im Licht der Sonne leicht schimmerte, zeigte 12:14 Uhr an.
Nachdem sie Butter gestern Abend noch weggeschickt hatte, hatte sie versucht, sich wieder mit Petunia zu versöhnen, doch Petunia machte kein einziges Zeichen der Versöhnung. Höchstens vielleicht eins der Verabscheuung, wenn das in irgendeiner Weise zählte.
James' Antwort kam nachts nicht mehr und Lily ging ins Bett. Um Mitternacht wachte sie auf und erschrak, als sie ihr Kissen nass vorfand. Sie hatte im Schlaf geweint.
Jetzt stand sie auf, mit der festen Absicht, sich wieder mit Petunia zu versöhnen.
Unten reinigte ihre Mutter die Küche und Petunia schaute fern. Auf dem Esstisch stand eine Schüssel voller Heidelbeeren und Lily nahm sich eine Handvoll. " Guten Morgen."
" Guten Morgen, Liebes! Gut geschlafen?", fragte Mrs. Evans aus der Küche.
" Ja", log Lily und ließ die Beeren in ihren Mund regnen. " Petunia?"
" Was?", fauchte ihre Schwester.
" Tunia, ich... Ich möchte mich mit dir wieder versöhnen."
" Ich mich aber nicht mit dir!"
Petunia schaltete den Fernseher aus, stand auf und stapfte mit wehendem Haar an Lily vorbei. Sie griff nach Petunia's Hand.
" Tunia! Wieso hasst du mich?", fragte Lily zitternd.
Petunia hielt inne. " Tue ich eben. Find' dich damit ab."
Sie entzog ihre Hand Lily's Griff und stürmte die Treppe hoch.
" Tunia!", schluchzte Lily fast lautlos, so brüchig war ihre Stimme. Oben angekommen, hielt Petunia nochmal an, dann wirbelte sie um die Ecke.
" Ich fasse es nicht." Lily kauerte sich zusammen und hockte sich auf die erste Treppenstufe.
Ihre Mutter kam mit einem Tablett voller Chocolat-Chip-Cookies aus der Küche und stellte sie auf den Esstisch. " ... Die sind für die Smiths. Ach nein! Ich muss noch eine Karte besorgen. Naja, ich sollte sowieso Mehl... Lily! Was ist los?" Mrs. Evans streifte sich die weichen Ofenhandschuhe von den Händen.
" Petunia hasst mich", brachte Lily schlotternd hervor. " Liebling! Das meint sie doch nicht so!" Mrs. Evans kniete sich neben ihre jüngste Tochter.
" Doch, tut sie ", widersprach Lily schockiert.
" Lenk dich am Besten etwas ab. Solltest du nicht Hokus-Pokus-Kunde wiederholen, Liebes?"
Lily musste lachen, auch wenn sie nicht wollte. Ihre Mutter missverstand das Lachen offensichtlich: "Hast du etwa schon alles fertig? Brilliant. Dann kannst du mir mit den Plätzchen helfen. Viel zu tun, viel zu tun!", lächelte Mrs. Evans und zog Lily's schlaffen Körper wieder auf die Beine.
" Umziehen, jetzt ", kommandierte sie sie und glatte fünf Minuten später stand Lily in einer pinkfarbenen Schürze vor der Theke und Mrs. Evans drückte ihr ein Rezept in die Hand.
" Dekoration liegt im Schrank. Sei vorsichtig mit dem Zuckerguss. In zwei Stunden solltest du etwa 100 fertig haben." Und schon war sie zur Tür heraus.
Lily machte sich an die Arbeit, ohne ein einziges Mal einen Blick auf die Küchenuhr zu werfen.

Als sie das erste Tablett aus dem Ofen holte, um es zu dekorieren, klopfte es an der Küchentür, die in den Hintergarten führte, und Lily horchte auf.
Durch das verschwommene Glasfenster der Tür konnte Lily eine Gestalt erkennen.
Sie eilte zur Tür und öffnete sie.
Petunia.
" Hallo", sagte Lily mit brüchiger, eisiger Stimme, drehte sich wieder um und wandte sich wieder ihren Plätzchen zu.
Petunia schloss schweigend die Tür und stellte Einkaufstüten auf den Boden.
Auf dem Weg ins Wohnzimmer rempelte sie Lily hart an, so dass Lily zu fest auf die Zuckergusstube draufdrückte und die Hälfte hinauslief.
" Oh nein! Petunia!", fauchte Lily, entsetzt über die grobe Gemeinheit ihrer Schwester.
Sie schnappte sich ein Küchentuch und schaffte es, die meiste Menge an Zuckerguss wieder gleichmäßig auf alle Plätzchen zu verteilen.
Nach einer weiteren Stunde hatte sie die geforderte Menge an Gebäck fertig gebracht und begab sich wieder auf ihr Zimmer. Sie wollte gerade die Klinke herunterdrücken, als sie ein Geräusch hörte: jemand war in ihrem Zimmer. Überrascht presste sie ihr Ohr gegen die massive, jedoch nicht schalldichte Holztür. Sie erhörte Geräusche, die nach Gerümpel klangen und ihr Herz sank ihr in die Hose. Sie traute sich eine halbe Minute lang nicht, durch das Schlüsselloch zu spitzeln, doch die Neugier überwältigte sie.
Petunia hockte auf dem Boden und las in ihren Schulsachen.
Wohl eher in ihrem Buch für ... Verwandlung! Hoffte sie darauf, nützliche Haushaltstipps zu finden?
Wohl eher nicht. Petunia fand das alles gar nicht dumm. Sie hielt Lily nicht für einen Freak. Petunia wollte im Inneren selbst ein solcher Freak sein. Lily konnte nicht anders ; eine gigantische Welle Mitleid überschwappte sie. Sie kniete noch lange vor dem Schlüsselloch, ihre im Moment friedlich dreinschauende Schwester beobachtend.
Unten hörte man die Haustür aufgehen. Petunia spitzte die Ohren und schmiss das Buch aufs Bett. Lily konnte gerade rechtzeitig aufspringen und sich hinter einen Vorhang schieben, bevor die Tür aufflog und eine rotwerdende Petunia hinausstürmte.
Lily kauerte ratlos hinter dem langen glänzend fliederfarbenen Vorhang und fragte sich, weshalb sie eine Hexe war und Petunia nicht. Sie seufzte und schlich auf ihr Zimmer.

Beim Abendessen war Vernon wieder anwesend : diesmal in einem grasgrünen Pullover, der ihm überhaupt nicht stand. Petunia hatte sich ganz fein zurechtgemacht ; ihr stilloses Kleid mit Perlenkette ließ sie schon jetzt wie eine Frau in den Mitvierzigern aussehen, doch das sagte Lily nicht. Sie selbst hatte nur ein lockeres weißes T-Shirt mit einem braunen Woll-Cardigan und einer Jeans an.
" Und? Mit welch' verbundenen Aktivitäten hast du heute deinen, ich schätze aufregenden, Tagesablauf gefüllt, meine liebe Petunia?", fragte Vernon schleimerisch.
Lily's Augen wanderten zwischen den Beiden hin und her und sie fragte sich still, wie zur Hölle Petunia und der eine anscheinend ernsthafte Beziehung führten und miteinander wie Möchtegern-Junior-Shakespeare quatschten. Lily schüttelte sich. Prompt wurde sie von allen angestarrt. " Äh... Ich habe nur gerade an etwas gedacht. Tut mir leid."
Lily gab sich Mühe, mit einer höflichen und gleichzeitig emotionslosen Miene, sich Salatblätter in den Mund zu schaufeln.
Im Moment war das Konversationsthema der Tischgesellschaft auf 'Hygiene' gewechselt.
Lily stellte sich gerade vor, wie sie sich ihren Teller gegen den Kopf hauen würde: würde sie dann ohnmächtig werden? Es war immerhin Keramik.
" ... Ich finde Deodorant überhaupt nicht gesellschaftsfähig."
" Aber manche Düfte sind doch reizend!"
" Mädchen brauchen das sowieso nicht! Nur echte Handwerkermänner, die schwitzen nämlich!"
" Das ist sehr sexistisch. Männer schwitzen nicht mehr als Mädchen!"
" Vernon! Natürlich tun wir das", warf Petunia ein.
Lily nahm einen Schluck Saft nach dem Anderen und ging wahrscheinlich 3 Mal allein während der Vorspeise auf die Toilette, unter der fatalen Ausrede, sie leide an Krämpfen.

тне мaurauders ~ eine erinnerung {fanficтion}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt