Kapitel 19- Verlängertes Praktikum?

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Vielleicht hatte er sich auch einfach an die Hoffnung geklammert, die er ihm gemacht hatte. Nicht allein zu sein. Es war eine, die er halten konnte. Oder zumindest die Mitarbeiter hier. In der Schulzeit konnte er nicht herkommen. „ Is gut ich bin ja da. Ich bleibe so lange da, wie du das willst.", versprach er. Seine Mutter würde ihn wahrscheinlich was erzählen, aber was sollte man machen. Wenn er hier schon richtig helfen konnte, dann würde er das auch tun. Behutsam streichelte er weiter über seinen Kopf und teile der Wangen. Konnte so auch einen Blick auf das knuffig Gesicht des Jungen werfen. Seine Augen waren zusammengekniffen. Tränen rannen dennoch seine Wangen hinab und tropften auf das Kissen. Die kleinen Lippen bebten unaufhörlich und stumm. In seinen Gesichtszügen fand er all den Schmerz, den der jüngere im Moment verspüren musste. Er streichelte nur sanft über seinen Schopf und hielt seine Hand in einem lockeren, aber beruhigenden Griff. Nur knappe eine viertel Stunde später hob und senkte sich seine Brust gleichmäßig und langsam. Sein Klammergriff um seine Hand war sanfter geworden und er weinte nicht mehr. Er musste vor Erschöpfung eingeschlafen sein. Ganz vorsichtig löste er seine Hand aus dem Griff und legte die des Jungen sanft aufs Bett. Zum ersten Mal in den letzten Minuten wurde ihm bewusst, wo er gerade war und das er eigentlich vom Psychologen zurückgehalten wurde. Dieser stand jedoch nur hinter ihm und beobachtete sie scheinbar. Lautlos wurde er nach draußen gewunken und folgte dem auch. So leise wie möglich schloss er die Tür hinter sich, um den kleinen keinesfalls zu wecken. „ Sowas hab ich noch nie erlebt. Eigentlich erwartet man abgewiesen zu werden und bei solchen Worten neue Wunden aufzureißen. Sie wollen keine neue Bindung aufbauen, um nicht weiter verletzt zu werden. Bei ihm scheinst du ein Händchen zu haben. Ich wünschte, du könntest bleiben und ihm helfen. Das Waisenhaus würde dich herzlich aufnehmen." Warum eigentlich nicht? Er war gerne hier und dem kleinen Jungen zu helfen, wenn er schon einen kleinen Draht aufbauen konnte, war keine schlechte Idee. Nur gab es ein Problem. Seine Mutter würde ihn ganz sicher nicht ständig hin und her fahren. Mit der Bahn konnte er zwar fahren, aber das war teuer und so viel Taschengeld bekam er nicht. „ Natürlich würden die dir ein kleines Taschengeld zustecken, wenn du regelmäßig kommen würdest und die Kosten der Bahn übernehmen sie auch voll, aber ich will dich da nicht in was rein quatschten." Das hatte er schon geschafft. Die Idee hatte sich in seinem Kopf festgesetzt. Hier arbeiten für ein paar Stunden in der Woche, Kindern und Jugendlichen helfen und vor allem Stegi wieder auf die Beine helfen. Klar würde er weniger Freizeit haben, aber das war ne Erfahrung, die er nur jetzt machen konnte. Später hatte er für sowas keine Zeit. Hauptsächlich stimmte er wohl auch wegen Stegi zu. Er wollte ihm wirklich helfen. „ Ich mach's. Mir gefällt es hier unglaublich gut. Außerdem will ich Stegi helfen. Die Fahrkarten müssten sie aber wirklich übernehmen." Je nach dem, was er bekam konnte er auch selbst zahlen. Oder sie trafen sich in der Mitte. „ Ich glaub das klärst du erstmal mit deiner Mutter ab. Die wartet schon auf dich." Stimmt das hatte er total vergessen. Sie lächelte ihm schon von weitem entgegen. Mit schnellen Schritten ging er zu ihr und umarmte sie kurz. „ Na kannst dich wohl nicht lösen. Bei deinem letzten Praktikum konnte der Feierabend ja nicht schnell genug kommen." Das letzte Praktikum von dem sie sprach war von der Schule organisiert gewesen und war überhaupt nicht seins gewesen. Es war Gott sei Dank nur ein Tag gewesen, der sich aber wie eine gesamte Woche gezogen hatte. Hieran hatte er wirklich Spaß. Sowas könnte er sich auch mal als längeres Praktikum vorstellen. Nicht nur so ein paar Tage. „ Es macht unheimlich Spaß. Kann ich hier öfter herkommen?" Mit großen überraschten Auen sah seine Mutter zuerst ihm an und dann zu dem Psychologen. „ Ihr habt ihn mir ja ganz schön beeinflusst. In den Ferien kannst du gerne wieder herkommen, wenn das Ihrerseits auch okay ist." Innerlich könnte Tim gerade Freudensprünge machen. Natürlich könnte er so gesehen einfach herkommen, wenn er denn nicht auf Max aufpassen müsste. Nur die Ferien waren aber deutlich zu lange. Bis dahin konnte er Stegi nicht weiter so leiden lassen. „ Wir nehmen jede Hilfe, die wir kriegen. Aber ich glaub das hier soll ein bisschen dauerhafter werden. Ihr Sohn hat sich ein recht hohes Ziel gesteckt. Er möchte einem unserer Waisenkinder wieder auf die Beine helfen, welches gerade seine Eltern verloren hat." Möchte, er wollte es unbedingt. Stegi tat ihm so unendlich leid, dass er ihn einfach nicht hier alleine sitzen lassen konnte. „ Oh.... Das ist löblich mein Schatz. Ich kann dich aber nicht immer hier her fahren. Wenn ich dir nen Zuschlag aufs Taschengeld gebe, zahlst du deine Fahrkarten bitte selbst." Das machte überhaupt nichts. Ihm war es das jetzt schon wert. Er könnte Stegi helfen und das zählte. „ Müssten Sie nicht. Schüler und Studenten, die nur ab und zu vorbei schauen haben keine festen Zeiten. Er könnte also mit der Bahn kommen. Die Tickets übernehmen wir, da wir es wertschätzen wollen, dass sich Leute die Zeit nehmen, um unseren Problemkindern wieder auf die Beine zu helfen. Natürlich sehen wir es als Art Minijobs und zahlen auch ein kleines Taschengeld aus." Diese Wertschätzung und der nette Umgang waren etwas, was Tim hier so unheimlich mochte. Die Atmosphäre war einfach entspannt und ausgeglichen. Hier fühlte es sich nicht nach Arbeit an, sondern nach einem spaßigen Zusammensein. Hier konnte man sich wirklich wohlfühlen. „ Okay. Ich glaub ein nein akzeptierst du eh nicht. Von daher ja du darfst. Aber bitte vernachlässige die Schule dabei nicht. Sonst streich ich dir das hier. Ich fahr dich dann nächste Woche noch mal zum Vertrag unterzeichnen her. Ihnen ein schönes Wochenende." „ Gleichfalls." Winkend verabschiedete auch Tim sich und folgte seiner Mutter dann nach draußen. „ Du bist mir echt einer. Aber wenn's dir Spaß macht, freut mich das. Die Schule hat trotzdem höchste Priorität."

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