Kapitel 50- Grabstätte

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Tim aß in schweigen mit den beiden zu Ende Mittag und schaute dann, das Max beim Fußball landete. Er selbst hatte später Basketball. Dahin würde er Stegi vielleicht mitnehmen. Einfach damit er nicht ganz alleine war. Das musste er dann spontan entscheiden. Nach dem Essen herrschte weiter schweigen, was nur daran lag, dass er Hausaufgaben machte, die er unnötigerweise immer noch bekam und Stegi mit einem Buch neben ihm saß. Er bauchte eine gute halbe Stunde, in der Stegi sein Buch irgendwann weg gelegt hatte und ihn dabei musterte, wie er seine Aufgaben machte. Als er dann endlich fertig war, lächelte Stegi ihn an. „ Ist dir das nicht zu langweilig, mir zuzusehen?", fragte Tim und packte seine Sachen zusammen, damit er sie morgen dabei hatte. „ Ne. Ich fühl mich bei dir wohl. Außerdem war ich in Gedanken gerade ganz wo anders. Ich bin dir unheimlich dankbar, dass du für mich da warst. Ohne dich hätte ich das nicht durchgestanden. Ich bin kurz davor gewesen ganz aufzugeben. Da hat nicht mehr viel gefehlt." In Stegis Augen glitzerten schon wieder Tränen. Stegi zeigte nicht mal ansatzweise, wie schlimm es mental damals für ihn gewesen war. Er konnte es nur erahnen und die Tränen zeigten ihm, dass noch immer etwas davon in ihm schlummerte und nicht ganz verarbeitet worden war. Er würde ihn das so gerne nehmen, aber das ging nicht. Da konnte auch ein Psychologe ihm nicht mehr helfen. Stegi musste das mit sich selbst ins reine bringen. „ Ich weiß Stegi. Ich hab oft genug deine pure Verzweiflung gesehen. Aber du warst stärker und jetzt bist du hier. Ich bin unglaublich stolz auf dich."
Nickend wischte Stegi sich die Tränen aus den Augen und lächelte dann leicht. Als könne er alles vergessen und in die hinterste Ecke seines verstanden verbannen, wo es so schnell nicht wieder in sein Bewusstsein drang. „ Wo hat man meine Eltern eigentlich beerdigt?" Tim wusste, dass die Frage irgendwann aufkommen würde, doch er wollte sie eigentlich nie beantworten. Zu Stegis Schutz. Doch er konnte ihn auch nicht davon abhalten. Es waren seie Eltern und er hatte ein Recht darauf zu erfahren, wo sie begraben lagen und sie zu besuchen. „ Ganz hier in der Nähe in einem kleinen Wald. Wenn du dich bereit fühlst, können wir dort gerne mal hingehen. Du kannst auch alleine, wenn du das willst, oder es dir damit besser geht." Stegi schien es in Erwägung zu ziehen, alleine hin zu gehen und dafür hatte er Verständnis. Es waren seine seltene, damit hatte Tim nichts zu tun. Und vielleicht er das der Ort, an dem er endlich einen Abschluss zu dem ganzen finden können. Damit er nach vorne in eine bessere Zukunft schauen konnte. Wünschen würde er es Stegi. „ Wenn du nichts dagegen hast, würde ich gerne alleine hin gehen. Heute noch. Du hast später doch sowieso Training. Dann hab ich was zu tun. Das Brauch ich denke ich jetzt einfach mal. Ich werd klar kommen.", versprach Stegi. Das würde er, dessen war er sich fast sicher. Trotzdem war ihm nicht wohl dabei, Stegi alleine zum Grab seiner Eltern zu lassen. Aber was sollte er sonst tun. Aufzwingen konntet sich Stegi nicht. Wenn musste diese bitte von ihm aus kommen. Tim kramte in seiner Schreibtischschublade nach der kleinen Karte und der Nummer des Baumes, die ihm das Kinderheim überlassen hatte und reichte sie an Stegi. „ Von hier aus mit der Bahn drei Stationen. Der Friedwald ist vom Bahnhof aus ausgeschildert. Mit der Karte solltest du es dann finden. Wenn was sein sollte, kannst du zu mir ins Training kommen. Die Turnhalle ist oberhalb der Schule den kleinen Gang lang." Stegi sah ihn einen Moment lang an, als wolle er sein gesagtes verinnerlichen. Dann aus dem nichts fiel Stegi ihm um den Hals und umarmte ihn fest. „ Danke Tim.", wisperte er einfach nur. Tim hielt ihn einen Moment im Arm, ohne etwas zu erwidern. Das brauchte er auch gar nicht. Seine Geste sprach mehr als tausend Worte. Ganz zart küsste er Stegi auf den Schopf, einfach weil er fühlte, dass es das richtige im Moment war und alles andere als fehl am Platz. Stegi löste sich von ihm und verschwand ohne ein weiteres Wort nach unten. Die freundschaftliche Geste hatte Stegi etwas bedeutet und ihm ein wenig Mut mitgegeben, dass hatte er gespürt. Tim schlug noch irgendwie zehn Minuten um, indem er mit diversen Leuten schrieb, bevor er sich so langsam auf den Weg machen konnte. Das Training heute wurde hoffentlich etwas angenehmer. Auf Ausdauer hatte er nämlich gar keine Lust, auch wenn es mal wieder so klang. Doch er hatte sich getäuscht. Sie durften übern, was ihm sehr zu gute kam. Auch wenn es ziemlich öde war, so ein Stationstraining zu machen, so hatte man doch mehr Spaß, als wenn sie nur laufen mussten. Besser wäre noch gewesen, sie hätten spielen können, aber das war wohl zu viel verlangt. Kurz vor Ende des Trainings nahm er eine Gestalt am Rand wahr, schenkte ihr aber keinerlei Beachtung. Erst als er noch mal genauer hinsah, erkannte er Stegis zierliche Statur. Da sie eh so gut wie fertig waren, wank er Stegi zu sich. Er sah recht gefasst aus und nicht verhüllt, was allerdings nicht hieß, dass er nicht geweint hatte. Stegi warf sich wortlos in seine Arme und drückte sich an ihn. War wohl doch etwas zu viel für ihn gewesen. Besser er wäre doch mitgegangen. „ Arg schlimm?", flüsterte er leise, um niemandem weiter auf sie aufmerksam zu machen, geschweige denn zu verraten, worum es ging. Stegi brachte eine Mischung aus nicken und kopfschütteln hervor, was ihm zumindest bestätigte, dass Stegi in einer guten Verfassung war. Sachte streichelte er Stegi über den Rücken, in der Hoffnung, dass er nicht zu weinen anfing vor allen, doch er blieb ruhig. Dafür stand ihm wohl eine Mahnung ihres Trainers bevor. „ Tim mit deinen Geschwistern kannst du dich nachher unterhalten. Wir haben noch ein bisschen Training. Würdest du dich bitte konzentrieren?" Tim nickte zwar, ließ Stegi jedoch nicht los. Denn selbst wenn er es täte, Stegis kleine Arme umklammerten ihn fest.

Orphan-StexpertWhere stories live. Discover now