Kapitel 39- Geschwisterliche Ehrlichkeit

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Ihre Eltern holten derweil Stegis Taschen aus dem Kofferraum und folgten ihnen dann. Tim schloss ihnen erstmal auf und wurde direkt von seinem übel gelaunten Bruder begrüßt. „ Hättest ruhig noch ein bisschen länger wegbleiben können. Ich hab Besuch und du störst ziemlich.", wurde er direkt angemault. Wie sehr er diese Seite an seinem Bruder vermisst hatte. Tim zog sich Schuhe und Jacke aus und stellte sie ordentlich beiseite, bevor er sich an seinen Bruder wandte. „ Ist mir egal Max. Das Haus ist groß genug. Außerdem hab ich auch Besuch dabei. Darf ich vorstellen. Stegi mein jüngerer Bruder Max, Max das ist Stegi. Er wird erstmal hier wohnen. Keine Angst, er kommt in mein Zimmer, du wirst also nicht eingeschränkt." Zwar hatten sie auch mit Max darüber geredet, aber der hatte das als Witz abgestempelt und war gegangen. Tim hätte es noch so oft sagen können, Max hatte ihm nicht zugehört. Musste er ihn jetzt eben vor vollendete Tatsachen stellen. „ Das ist jetzt nicht dein verdammter ernst. Du hast das ja ernst gemeint." Was glaubte Max, was er in den letzten Wochen versucht hatte ihm klar zu machen. „ Du bist ein verdammter Idiot.", schrie Max und verschwand in sein Zimmer. Nicht aber ohne die Tür zuzuknallen. Neben ihm wich Stegis Freunde und seine Augen glänzten verdächtig. Max schaffte auch es auch echt alles kaputt zu machen. „ Ich geh das schnell klären. Nimm es dir nicht zu Herzen Stegi. Max ist in der Pubertät. Das gibt sich in ein paar Tagen.", meinte seine Mutter und ging dann in Richtung von Max Zimmer, um dort gegen die Tür zu klopfen. Er nahm derweil selbst Sachen und dirigierte ihn die Treppe hoch. „ Wir richten deine Sachen jetzt erstmal in meinem Zimmer ein und dann gehen wir runter beim kochen helfen. Was hältst du davon?" Stegi nickte kaum merklich und machte sich ganz klein neben ihm. Der Arme war total verunsichert und das tat ihm ehrlich leid. Er hatte Stegi in eine totale Unsicherheit und das komplette Chaos geworfen, ohne es zu wollen. Um Stegi das schlechte Gewissen zu nehmen, nahm er Stegi in den Arm, sobald er seine Taschen abgestellt hatte. „ Max fängt sich schon. Der ist nur ein bisschen überrumpelt und außerdem in der Pubertät.", beruhigte Tim ihn und versuchte das Stegi sich hier wieder wohl fühlte. Stegi löste sich aus der Umarmung und sah sich zögernd um. Tim hatte nicht wirklich viel in seinem Zimmer stehen. Es war ein typisches Teenager Zimmer. Gut er hatte noch ein bisschen ausgemistet, damit Stegi erstmal ein bisschen Platz in seinem Zimmer hatte. Provisorisch hatten sie erstmal einen alten Tisch inklusive Stuhl in sein Zimmer gestellt, damit Stegi erstmal einem Platz hatte, wo er zeichnen und vielleicht bald Hausaufgaben machen würde. Denn es herrschte immer noch Schulpflicht und so allmählich war Stegi aus der Trauer und psychologisch instabilen Phase heraus. Somit musste er langsam sich wieder in die Schule eingliedern. Für die erste Zeit konnte er auch noch dabei sein. Immerhin war er trotzdem noch schulpflichtig, obwohl er sein Abitur hinter sich hatte. Aber bald war auch die letzte Klausur um und er durfte früher als gewohnt in seine unendlichen Sommerferien starten. Denn er würde nie mehr dorthin zurück müssen, wofür er sehr dankbar war. So sehr er seine Freunde mochte, er hasste diesen Leistungsdruck und die ständigen Klausuren, die nur unnützes wissen abfragten, was er nie wieder brauchte. Stegi sah unsicher zu ihm, ohne etwas zu sagen, aber er verstand auch so, was Stegi hatte sagen wollen. „ Ich weiß, es ist nicht optimal, aber ich werde eh in ein paar Monaten wahrscheinlich kaum mehr hier drin sein, abgesehen vom schlafen. Du kannst dich also einrichten. Der halbe Kleiderschrank und der Schreibtisch gehören dir. Deine Malsachen kannst du in die drei Schubfächer da tun. Den Rest ins Regal.", lächelte Tim. Stegi wurde neben ihm noch mal kleiner. Daher nahm Tim die erste Tasche, legte sie aufs Bett, öffnete sie und zog die ersten Klamotten heraus, um sie in den Schrank zu räumen. Sein Plan ging auf. Stegi verlor allmählich seine Hemmungen und räumte zögerlich seine Sachen in die freien Fächer. Ein paar Minuten verbrachten sie in schweigen und räumten Stegis wenige Habseligkeiten ein, bevor sie sich gemeinsam auf das Bett setzten. Stegi fiel hier wohl zum ersten Mal auf, dass es in diesem Raum kein zweites Bett gab, denn Stegi stellte leise die Frage, wo er denn schlafen sollte. „ Also entweder du kuschelst mit mir hier im Bett, oder du nimmst die bequeme Schlafcouch, oder aber du schläft in meinem Bett alleine. Das kannst du dir aussuchen.", lächelte Tim und deutete auf die Couch, auf der er bereits selbst geschlafen hatte. Sie war wirklich äußerst bequem. Als er jedoch Stegis unsicher ansah, ergänzte er:„ Für mich ist alles in Ordnung." Stegi schien das nicht sonderlich zu beruhigen. Er deutete fast sofort auf die Couch, wohl aus Höflichkeit. Gemeinsam bezogen sie ein zweites Bettzeug und klappten die Couch um. Er hatte sein Zimmer damals extra so umgestellt, dass die Couch so stand, dass man noch gehen konnte, ohne irgendwo rein zu stolpern. Sanft griff er Stegis Hand und zog ihn mit sich nach unten. Ganz behutsam und mit einem milden Lächeln führte Tim ihn nach unten, wo das komplette Chaos herrschte. Im Wohnzimmer lagen Kissen und Decken auf dem Boden, die zerbrochene Lieblingsblumenvase seine Mutter, so wie der Blumenstrauß und das Wasser verteilten sich über das Parkett und den Teppich. Draußen hörte er seinen Bruder schreien. Das was er schrie hätte er nie für möglich gehalten. Vor allem in diesem Vokabular. Stegi sah betrübt zu Boden, den Blick noch weiter gesenkt. Und dann sah Tim die Träne, die auf den Boden tropfte. Die Worte griffen ihn mehr an, als es sollte. Klar sagte sein Bruder da unschöne Dinge, aber er meinte es sicher nicht so. Was sein Bruder sagte, egal zu wem, durfte man nicht an sich ran lassen. Meist kam sein Bruder später zu einem und entschuldigte sich für seine Worte. Aber er konnte gut verstehen, was Stegi gerade durch den Kopf ging.

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