Kapitel 34- Berg auf

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Wünschte er sich auch, aber er hatte keinerlei psychologische Kenntnis, abgesehen von den bisschen, was er im Praktikum mitgenommen hatte. Er könnte Stegi nicht helfen. Aber wer sagte denn, dass er alleine Lösungen finden musste. Er konnte ja im Nachhinein noch mit den Psychologen hier reden und Stegi dann die Lösung vorschlagen. „ Du kannst gerne offen mit mir darüber reden. Ich kann mich auch im Nachhinein mit den Psychologen austauschen und mit ihnen eine Lösung finden, wenn dir das lieber ist.", schlug Tim vor. Wenn Stegi wirklich so Probleme hatte sich mit diesem Thema an anderen zu wenden, dann wäre das eine akzeptable Lösung, die eigentlich funktionieren müsste. Stegi hatte seine Sprache scheinbar schon wieder verloren, aber seine Lippen formten stumm das Wort bitte und er sah ihn fast schon flehend an. „ Okay. Aber erst wird was gegessen. Darüber können wir auch noch später reden."

Über den Sommer hinweg, war es wesentlich anstrengender alles unter einen Hut zu bringen, was er sich vorgenommen hatte. Direkt die erste Woche war er im Basketball Camp, wo er unbedingt mit wollte. Stegi hatte er es reicht schonend beigebracht und er hatte ihn gehen lassen. Um ihn nicht ganz alleine zu lassen, hatte er ausgemacht jeden Abend eine halbe Stunde mit Stegi zu telefonieren. Auch wenn Handys im Camp verboten waren, hatte er das irgendwie einfädeln können. Nach der Woche musste er wesentlich mehr Zeit bei Stegi verbringen, um ihn wieder aufzubauen, da ihn die Woche alleine doch mehr runter gezogen hatte, als er zugeben wollte. Einfach war es mit Sicherheit nicht, aber er bekamen es irgendwie hin mit kleineren Ausflügen und Aufmerksamkeiten. Sie verbrachten viel Zeit vor allem draußen in der Sonne, wo Tim sich meist auch dazu durchringen konnte, etwas für die Schule zu tun, während Stegi neben ihm saß und zeichnete. Es war wirklich gut, dass Stegi zumindest mal seinem Hobby wieder nachging. Ab und zu konnte er sich sogar zu ein paar Sätzen durchringen, was für Tim schon ein großer Fortschritt war. Mit der Therapie ging es auch recht gut voran, trotz einiger Rückschläge. Den heftigsten hatte er wohl, ein paar Wochen nach ihrem kennenlernen auf der Beerdigung seiner Eltern gehabt. Stegi hatte unbedingt hingewollt, daher war Tim mit ihm gegangen. Zwar hatten es die Psychologen hier nicht gut geheißen, aber wer konnte solchen unschuldigen Kinderaugen einen Wunsch ausschlagen. Eine Woche lang hatte Stegi dann niemanden mehr an sich ran gelassen und fast pausenlos geweint. Die Beerdigung war für Stegi jedoch der Moment gewesen, wo er sein Schicksal akzeptiert und losgelassen hatte und das war ihm auch anzumerken. Von den Psychologen bekam er sehr viel Hilfe und Tipps, um mit Stegi und der Situation optimal umzugehen. Klappen tat es nicht immer, aber nach vielen Wochen konnte er Stegi so helfen und ihm seine Albträume ersparen. Zumindest mal ein paar Nächte. Stegi wachte leider dennoch manchmal auf, schweißgebadet und mit Tränen in den Augen, weil er von dem Unfall geträumt hatte. Es würde wohl noch eine ganze Weile brauchen, bis Stegi gemeinsam mit ihm dieses Problem in den Griff bekam, aber er war für ihn da und würde ihm dabei helfen. Von heut auf morgen ging es einfach auch nicht. Therapie brauchte Zeit und Geduld, die sowohl er als auch Stegi mitbrachten. Wichtig war nur, dass Stegi seine Hilfe überhaupt annahm und mit ihm kooperierte. Am schlimmsten und am meisten in Erinnerung war der Tag geblieben, als er im Sommer Stegi zu einem Besuch im Freibad abholen wollte und er ihn rotz und Wasser heulend auf dem Boden vorgefunden hatte. Eine halbe Stunde hatte es ihn gekostet, bis er zu ihm durchgedrungen war und weitere zehn Minuten, bis er unter Stegis Schluchten verstanden hatte, was denn überhaupt los war. Er konnte sein geliebtes Plüschtier nicht mehr finden, was ihm seine Mutter geschenkt hatte, als er auf die Welt gekommen war und daran hingen natürlich viele Erinnerungen. So weit er es verstanden hatte, waren ein paar ältere Kinder zu ihm ins Zimmer gekommen und hatten ihm sein Plüschtier weggenommen. Tim hatte rein aus Intuition aus dem Fenster gesehen, als er die schreienden und lachenden Kinder gehört hatte und unten ein paar Kinder spielen sehen. An sich hatte er gedacht, dass es ein Ball war, den sie durch die Gegend warfen, doch bei genauerem hinsehen hatte er ein Stofftier erkennen können. Und er vermutete stark, dass es Stegis war. Auch wenn Stegi geklammert hatte, ließ er ihn kurz alleine sitzen und war runter zu den Kindern gegangen die wirklich Stegis Plüschtier durch die Gegend geworfen hatten und sich dabei über ihn lustig machten. Tim hatte ihnen das Plüschtier aus der Luft abgefangen, was sofort für Protest gesorgt hatte. Daraufhin hatte Tim ihnen dann eine Standpauke gehalten, die sich gewaschen hatte. Immerhin war es Stegis Eigentum und daran hatten sie nichts zu suchen. Egal was sie dachten. Ihm war dann erklärt worden, dass Stegi doch eh zu alt für ein Plüschtier sein und sie ihm doch nur helfen wollten davon loszukommen und es ja nicht in Mobbing enden sollte. Nachdem Tim ihnen dann wütend erklärt hatte, was dieses Plüschtier für Stegi bedeutete, hatte er die Gruppe einfach stehen lassen und war zurück zu Stegi gegangen. Er hatte ihn erstmal beruhigen in den Arm genommen und ihm dann sein Plüschtier in die Hand gedrückt. Tim konnte wirklich nicht unterscheiden, ob Stegi einfach immer noch weinte, oder ob es Freudentränen waren, die seine Wangen benetzten. Stegi jedenfalls schien unendlich erleichtert und glücklich und das war das wichtigste gewesen. Zwar hatte sie dieser Vorfall ein Stück zurück geworfen in der Therapie, aber Stegi war danach trotzdem mit ihm schwimmen gegangen und hatte daran sogar richtig Spaß gehabt. Das hatte ihn am meisten gefreut. Er hatte zum aller ersten Mal einen normalen Jungen ohne Probleme vor sich gehabt. Einen der redete, Spaß hatte und lachte. Mit den Winter Monaten begann dann auch der Stress für ihn. Klausuren standen an, sie wurden jetzt schon für die Prüfungen vorbereitet und er musste seine Zusammenfassungen auch noch irgendwie schreiben für das Abitur. Und lernen sollte er dabei am besten auch noch.

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