Kapitel 47- schwerer Start

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Er blieb die ganze Stunde neben Stegi sitzen und versuchte ihm die Angst zu nehmen. Die meisten nahmen kaum Notiz von ihm, ignorierten ihn regelrecht. Nur das Mädchen neben ihm, Kimberly versuchte Kontakt zu ihm aufzubauen. Stegi hatte schwer schluckend ein paar Worte geantwortet, sich dann aber ängstlich an ihn gedrückt. Beruhigend hatte er Stegi über den Rücken gestreichelt und dann mit ihm nach der Vorstellungsrunde die Aufgaben gemacht. Stegi hatte wirkliche Probleme sich wieder einzufinden. Mathe war ein Thema, das unheimlich schwer zu verstehen war, gerade wenn man nie gut war und dann so eine lange Pause hatte. Als es dann zur Pause klingelte, nahm er Stegi Widerwillens mit zu seiner Freundesgruppe. So unwohl, wie er sich gefühlt hatte, konnte er ihm das nicht antun. Auch wenn es besser wäre, wenn Stegi sich irgendwo in eine Gruppe von seinen Klassenkameraden aufgehalten hätte. Somit ging er zu der kleinen Gruppe, die aus seinem Mathekurs waren und seine besten Freunde waren. „ Nah Bad Boy, alles klar bei dir? Von dir sieht man ja gar nichts mehr. Wenigstens in der Schule lässt du dich noch blicken. Sag mal, wer ist das denn? Haben die dich in deinen letzten Tagen noch zum Tutor gemacht?" Tim erwiderte mit einem Augenrollen und schlug dann ein. „ So ähnlich. Stegi ist mein, naja ihr könnt euch doch sicher daran erinnern, dass ich einen Jungen in diesem Heim kennengelernt hab. Das ist er. Seit letzter Woche ist er mein Adoptivbruder.", lächelte Tim möglichst unschuldig, während seinen Freunden nacheinander der Kiefer runter klappte. Tim zog Stegi näher zu sich und nahm ihn in den Arm. Langsam verwandelte sich der Unglaube in Freude und ehe er sich versah, wurde er in den Arm genommen. „ Warum hab ich das erwartet. Du bist doch verrückt. Hallo Stegi.", begrüßte Mika auch Stegi und reichte ihm die Hand, nachdem er ihn losgelassen hatte. Nacheinander umarmten ihn auch die anderen und begrüßten dann Stegi in ihrer Runde. Der kleinere war total unsicher, entspannte sich allerdings allmählich ein wenig. „ So so du hast also hinter unserem Rücken und ohne unser aller Wissen einen Bruder bekommen? Du bist unglaublich Tim.", schüttelte nun auch Leona den Kopf über ihn. Sie wuschelte Stegi lachend durch die Haare. Obwohl sie ganze vier Jahre älter war als Stegi, war sie kaum größer als er. Wahrscheinlich das und ihre freundliche, offene Art trugen dazu bei, dass Stegi neben ihm vollkommen entspannt wurde und sogar in ihre Richtung lächelte. „ Sorry, aber ich konnte ihn einfach nicht da lasen, nachdem er mir gesagt hatte, dass ich alles bin, was ihn im Moment glücklich macht. Also hab ich meine Eltern gebeten ihn zu adoptieren.", grinste Tim in die Runde. Ehrlich, wie hätt er das tun können? Stegi bedeutete er die Welt und er mochte Stegi auch unheimlich gerne. Vom ersten Tag an, an dem er Stegi gesehen hatte, wusste er, dass er etwas ganz besonderes war und er ihn niemals alleine lassen würde. Stegi war für ihn ein richtiger kleiner Bruder geworden, den er beschützen wollte, komme was da wolle. „ Ich stell mir das schon komisch für deine Eltern gewesen sein. Ich mein, sie kennen Stegi nicht und du bittest sie ihn zu adoptieren. Meine Eltern hätten mich wohl gefragt, ob ich noch ganz dicht bin, wenn ich so nen Vorschlag gemacht hätte. Für Max ist das sicher auch nicht einfach." Gut die ersten paar Tage definitiv nicht. Da hatte er sich nur Händen und Füßen gegen Stegi gewehrt. Mittlerweile akzeptierten sich die beiden und Max schien sich auch mit seinem neuen Geschwisterchen ausgesprochen und sie hatten sich vertragen. Das war am wichtigsten. „ Naja ich hab ja ein kennenlernen vorher eingefädelt, sodass meine Eltern Stegi kennenlernen konnten, bevor sie ihn adoptiert haben. Max hat es anfangs nicht so gut aufgenommen. Er ist abgehauen und hat uns alle verflucht. Letzten Endes hat auch er Stegi im Kreise unserer Familie willkommen geheißen. Einfach war es sicher nicht, aber anders wäre es langweilig. Ich denke, wir können beide zufrieden sein." Tim sah mit einem Lächeln runter zu steht. Der jüngere wirkte vollkommen ruhig, schien es fast schon zu genießen hier zu stehen inmitten von Leuten, die er kannte und die ihn liebten auf ihre eigene ganz besondere Weise. Und Stegi wäre ab sofort Teil davon. Das musste er erstmal begreifen. „ Man ich hasse es, dass die Pausen immer so schnell um sind. Wir quatschen auf jeden Fall noch. Man sieht sich später." Damit löste sich die kleine Gruppe auf. Er würde Stegi jetzt zu seinem Unterricht bringen und dann anderthalb Stunden englisch über sich ergehen lassen. Englisch war echt die Hölle und er bereute es, dass er dieses Fach gewählt hatte. Aber was wollte man machen. Seine Alternative, eine weitere Fremdsprache, die er wesentlich schlechter beherrschte als englisch zu wählen, wäre dumm gewesen. Von daher war es seine beste Option gewesen. Er brachte Stegi bis vor den Klassenraum und drehte ihn davor noch mal zu sich, um ihn ansehen zu können. „ Alles wird gut. Da drin tut dir niemand was. Ich kenn die meisten deiner Lehrer und sie sind super nett. Versuch dich zu beruhigen und dir anderthalb Stunden durchzustehen. Ich komm in der Pause zu dir. Sollte irgendwas sein, ich hab in dreihundertacht Unterricht." Mit einem letzten aufmunternden Lächeln trat er einen Schritt zurück. Stegi sah dies als Aufforderung in den Klassenraum zu gehen. Auch wenn er sich noch mal nach ihm umdrehte und beinahe flehend ansah, dass er bleiben sollte, so ging er doch nach drinnen. Er war stolz auf Stegi. Erleichtert, dass Stegi es alleine geschafft hatte, ging er zu seinem Raum, der zum Glück hier in der Nähe war. Sonst wäre er gleich mal zu spät gekommen. Er musste sich merken, dass sie eher los gehen sollten, wenn er Stegi noch zu seinem Klassenraum bringen wollte. Gerade so kam er vor ihrem Lehrer an, der direkt mal mit der Besprechung der Hausaufgaben begann. Und das dauerte ewig. Die erste Stunde verging allein mit der Besprechung von drei lächerlichen Aufgaben. Tim war unheimlich dankbar, als das Gerede durch ein Klopfen zumindest mal ein paar Sekunden verstummen würde.

Orphan-StexpertWhere stories live. Discover now