51- Der Beginn vom Vergessen

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Ein weiterer mahnender Blick ihres Trainers und ein paar starrende Blicke seiner Mannschaft. Um nicht wirklich noch eine Strafe zu bekommen, lehnte er sich zu Stegi runter und flüsterte ihm ins Ohr:„ Setz dich bitte raus. Ich komm in fünf Minuten zu dir. Halt bis dahin durch." Nachdem er ein letztes Mal beruhigend über Stegis Schopf gestrichen hatte, löste Stegi sich höchst widerwillig und setzte sich mit wehklagendem Blick raus an den Rand. Tim sagte nichts dazu und tat so, als wäre nie etwas passiert. Das holte auch die anderen zurück zu ihren Aufgaben. Nur ihr Trainer stand immer noch an Ort und Stelle und musterte ihn mit mahnenden Blick. Wenn jemand das Training störte, dann war das so mit das schlimmste, was passieren konnte in seinen Augen. Die Ablenkung die daraus folgte nicht in seinem Sinne. Sowas konnte einem bei einem Spiel den Platz auf dem Feld kosten und das war das letzte was man wollte. Und das schien auch jetzt der Fall zu sein. „ Tim kommst du bitte mal zu mir?" Seufzend ging Tim zu ihrem Trainer, ohne auf den Rest zu achten. Der machte zum Glück keine Anstalten sich dafür zu interessieren, dass ihr Trainer ihn her zitierte. Schließlich wussten sie alle, was jetzt passieren würde. „ Wenn deine Geschwister schon das Training betreten, dann sollen sie bitte draußen warten." Tja. Stegi war aber nicht einfach nur Teil seiner Familie, er hatte vor allem Probleme, um die er sich kümmerte. „ Ich kümmere mich privat um den Jungen, weil er einige Probleme hat. Ich hab ihm erlaubt her zu kommen, weil er das Grab seiner Eltern heute zum ersten Mal besucht hat. Er braucht einfach jemanden, der für ihn da ist und das bin nunmal ich. Ob ihnen das passt oder nicht. Stegi ist mir wichtig. Wichtiger noch als das Basketball. Wenn sie damit ein Problem haben, dass ist nicht mein Problem." Damit ließ Tim ihn stehen, um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen. Da es eh nur zwei Minuten waren, konnte er das Training auch abbrechen. Er nahm Stegi erstmal nur mit nach draußen, außerhalb der Sichtweite ihres Trainers. Erst dann nahm er Stegi in den Arm und drückte ihn beruhigend an sich. „ Mach dir keinen Kopf. Bis nächste Woche ist das alles wieder vergessen.", beruhigte er Stegi vorsorglich. Es schien zu wirken, denn Stegi blieb ruhig. Klammern tat er trotzdem und er war sicher, dass es an dem lag, was Stegi gesehen hatte und was er gerade noch versuchte zu verarbeiten. Er wünschte sich so sehr, dass Stegi es schaffte das richtig zu verarbeiten und damit sich endgültig abzuschließen. Vielleicht nicht sofort, aber in absehbarere Zeit. „ Tim ich will nach Hause. Ich kann nicht mehr.", jammerte Stegi und sackte in seinen Armen zusammen. Leises Schluchzen drang an seine Ohren. Er hielt Stegi fest und somit auch aufrecht. Behutsam griff er Stegi unter die Arme und hob ihn hoch. Sanft gegen sich gedrückt, hielt er Stegi oben, holte seine Sporttasche aus der Umkleide und trug ihn nach Hause. Daheim setzte er sich mit Stegi aufs Bett und wog ihn sachte hin und her. Er machte keine Versprechungen, da es eh nur leere Worte waren. Stattdessen war er einfach für Stegi da und hielt ihn im Arm, bis er eingeschlafen war. Erst dann legte er Stegi sachte neben sich ab und deckte ihn zu. Selbst jetzt im Schlaf sah er unentspannt und erschöpft aus. Er würde Stegi jetzt nicht alleine lassen. In Klamotten legte er sich zu Stegi ins Bett, zog sich lediglich die Schuhe aus und kuschelte sich dann in die Decke. Müde schloss er die Augen und legte einen Arm um Stegi, um zu spüren, dass er da war und es ihm gut ging. Noch bevor er ganz eingeschlafen war, spürte er, wie Stegi sich an ihn kuschelte.

Der Morgen kam leider viel zu schnell und unbarmherzig. Tim spürte halb auf sich, halb neben sich einen schweren Körper. Stegi. Auch wenn er sich kaum bewegt hatte, wachte der kleinere auf und blinzelte ihn im halbdunkeln verschlafen an. „ Guten Morgen kleiner.", wisperte er und strich Stegi eine blonde Strähne aus dem Gesicht. Stegi kuschelte sich fest an ihn und schloss seine Augen noch mal. Tim ließ ihn und blieb selbst noch einen Moment liegen, weil er einfach nichts besseres zu tun hatte. Sein Wecker hatte eh noch nicht geklingelt, also mussten sie noch lange nicht aufstehen. Das Stegi so ruhig war, gefiel ihm gar nicht, aber er konnte verstehen, wenn Stegi um die Zeit noch nicht reden wollte und müde war. Tim legte seine Hand auf Stegis Rücken und streichelte sanft über die unter dem Shirt liegende Haut. Stegi seufzte leise und drehte dann den Kopf leicht, sodass er ihn ansehen konnte. „ Tschuldige. Gestern sind die Emotionen mit mir durchgegangen. Aber als ich da stand..., mir ist alles wieder hoch gekommen. Ich konnte einfach nicht mehr. Das war mich zu viel für mich. Trotzdem hat es sich irgendwie richtig angefühlt. Kannst du das verstehen?" Konnte er. Besser als Stegi sich vielleicht vorstellen. Sowas war unfassbar schwer. Bis jetzt hatte es nur einen Todesfall in ihrer Familie gegeben und das war sein Opa. Klar stand er ihm nicht so nah, wie seinen Eltern, aber er hatte ihn trotzdem lieb gehabt. Seinen Tod konnte er dennoch nicht mit dem vergleichen, was Stegi ertragen musste. Es war bewundernswert, wie Stegi das in dem Alter meisterte. Sicher hätte er das in dem Alter nicht geschafft trotz seiner Freunde. Zumindest hatte Stegi jetzt ihm und er würde ihm da durch helfen. „ Du bist tapfer Stegi. Ich könnte nicht stolzer auf dich sein. Wenn's dir zu viel war, kannst du heute daheim bleiben. Ich würde dich in der Schule auch abmelden." Stumm schüttelte Stegi den Kopf. Er würde sich also in die Schule begeben. Irgendwo hatte er das auch gehofft, aber wenn es nicht gegangen wäre, hätten alle sicher Verständnis dafür gezeigt. Aber vielleicht war es gerade die Ablenkung, die Stegi gut tun würde. Die Normalität, der geregelte Alltag, der Stegi das Gefühl gab, dass sein Leben wieder in geregelten Bahnen lief. Das er beginnen konnte zu vergessen.

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