Hilfe

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Kilian hatte es sich grade auf dem Sofa bequem gemacht, als es an der Tür klingelte. Bis auf den Lieferdienst, wo er vor wenigen Minuten sich eine Pizza bestellt hatte, erwartete er niemanden mehr.

„Das ging aber schnell", wunderte er sich, normalerweise brauchte die Pizza mindestens eine halbe Stunde bis sie hier ankam

Aus der Schublade der Kommode, griff er einige Scheine und öffnete die Tür.
Überrascht blickte er in das aufgewühlte Gesicht seines Nachbarn, welcher vor wenigen Tagen in die Wohnung gegenüber gezogen war. Bislang waren sie sich noch nie begegnet, Kilian hatte ihn lediglich am Tag des Einzugs einmal kurz gesehen, jetzt aber, wo er direkt vor ihm stand musterte er ihn einmal gründlich. Sein Körper war ziemlich muskulös und sein Gesicht wirklich attraktiv, mit den blauen Augen, die unter seinen verwuschelten Haaren hervor blitzten, aber sie wirkten müde und dunkle Augenringe zeichneten sich unter ihnen ab. Den Grund konnte man bereits hören, aus der Nachbarwohnung erklang lautes, durchdringendes Babygeschrei, was mit jeder Minute weiter anschwoll.

„Kann ich dir helfen?"

„Äh ja", wurde sein Gegenüber aus seiner Starrerrei gerissen

„Hast du vielleicht ein Fieberthermometer?"

„Klar, ich hohle es dir, warte kurz", Kilian verschwand im Bad, während Louis Augen den Muskeln folgten, die sich beim Gehen unter dem Shirt anspannten

Als Kilian fast alle Schränke durchwühlt hatte, fand er endlich wonach er gesucht hatte und lief wieder zurück zur Tür. Neben Louis war ein Lieferant getreten, der bereits ziemlich ungeduldig schien, entschuldigend warf Kilian ihm einen Blick zu und griff nach dem Geld.

„Entschuldigung, ihn hatte ich schon ganz vergessen", wandte er sich nun wieder zu seinem Nachbarn und gab diesem das Thermometer

„Brauchst du sonst noch was?"

„Ich weiß nicht?"

„Erstes Mal Vater geworden?", grinsend sah Kilian ihn an als er nickte. Er selbst hatte zwar keine Kinder, arbeitete aber in einer Krippe und kannte die Ratlosigkeit, weil sich die Kinder nicht selbstständig äußern konnten

„Hat es denn nur Fieber oder auch noch was anderes?"

„Ich weiß nicht, ob sie überhaupt Fieber hat, sie schreit die ganze Zeit, ich hab sie schon gefüttert, Windeln gewechselt und grade als du weg warst, war ich kurz bei ihr, da schlief sie dann endlich, aber total unruhig, die letzten Tage war sie schon total quengelig und jetzt fühlte sich ihre Stirn etwas warm an"

„Miss einfach mal sicherheitshalber die Temperatur, du kannst ihr auch Fiebersaft geben, wenn es nicht besser wird"

„Danke, dann noch einen schönen Abend, hoffentlich ist die Pizza noch nicht allzu kalt"

„Wenn was ist, Klingel einfach nochmal"

„Danke", damit schloss Kilian die Tür und ging wieder an seinen ursprünglichen Platz auf dem Sofa um sich seiner Pizza zu widmen.

Mitten in der Nacht schreckte er hoch, verwirrt sah er sich um, er lag nicht wie sonst im Bett, sondern auf dem Sofa, anscheinend war er beim Fernsehen eingeschlafen. Müde rieb er sich über die Augen und schlurfte zur Tür, die Klingel hatte ihn aus dem Schlaf gerissen.

Vor der Tür stand ein völlig aufgelöster Louis, dem Tränen über die Wangen liefen.

„Hab ich dich geweckt? Das tut mir leid, ich weiß bloß nicht mehr was ich machen soll, sie hört einfach nicht auf zu schreien, Fieber hat sie auch keins"

„Shh, beruhige dich erstmal, ich komm jetzt einfach mal mit zu dir und schau was ich machen kann, in Ordnung?", immer noch schniefend nickte Louis

„Hey kleine Maus, du musst doch nicht so schreien, was hast du denn? Tut dir dein Bauch weh?", mit geübten Händen fuhr er ihr über den Bauch, aber das Geschrei ebbte nur mäßig ab

„Warte kurz hier, ich glaube ich habe da eine Idee", wieder in seiner Wohnung steuerte er zielsicher auf die Spielzeugkiste im Wohnzimmer zu, die dort für seinen Neffen stand

Als er endlich das richtige gefunden hatte, lief er zurück zu Louis, erschöpft sah dieser ihn an

„Hier Mäuschen, damit ist es gleich besser", Kilian drückte der Kleinen das Spielzeug in die Hand und kaum hatte er es losgelassen schob sie es sich gierig in den Mund und kaute eifrig darauf rum, sofort war es still im Raum

„Danke", murmelte Louis leise und fuhr sich erschöpft über das Gesicht

„Gerngesehene, behalt das Spielzeug ruhig, vermutlich wird sie es jetzt noch öfter brauchen und du brauchst jetzt eine ordentliche Portion Schlaf"

Ergeben stimmte Louis ihm zu und begleitete ihn noch zur Tür, kurz bevor er die Tür ganz geschlossen hatte, hielt Kilians Stimme ihn auf

„Warte! Kommt doch morgen zum Frühstück zu mir, vielleicht kann ich dir ja noch ein paar Tipps geben"

„In Ordnung, dann bis Morgen, ich freu mich", den letzten Teil flüsterte Louis nur noch

„Gute Nacht", wünschte ihm Kilian und verzog sich nun auch wieder in seine Wohnung

Die Treffen zwischen ihnen wurden immer regelmäßiger und schon bald wohnte Kilian mehr bei Louis als bei sich zuhause, es war also nur eine Frage der Zeit bis er schlussendlich ganz bei ihnen einzog und aus einer bloß lieb gemeinten Hilfe wurde später die große Liebe.

BxB Oneshots  Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon