12. This is a déjà-vu

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/Überarbeitet/

"Das ist gerade das Schöne an Liebe und Freundschaft, dass ihre eigentlichen Werte und Gaben beiden Seiten unbewusst bleiben. Was man sich bewusst gibt, ist nicht das Eigentliche, sondern das Nebensächliche."

- Heinrich Lhotzky


Yannik's POV:

Kennt ihr das Problem, dass ihr nicht wisst, zu welcher Gruppe ihr euch setzen sollt? Nein? Dann ging es wohl nur mir so. Denn in jeder Schulpause stand ich vor diesen Problem. Es zog mich jedes Mal in die Runde von Leo. Ich wollte mich an ihren Tisch setzen, nur um ihm nah zu sein, andererseits wollte ich meine Freunde nicht vernachlässigen. Seitdem ich denken kann, hatte ich immer exakt einen Freundeskreis, indem sich jeder kannte und alle ein Teil dessen waren. Nun hatte ich das Gefühl, mein Zugehörigkeitsbereich würde sich nach und nach Spalten, seitdem ich Leo kannte. Gehörte ich denn nun überhaupt zu den Leuten von Leo? So sicher war ich mir dessen nicht. Einerseits waren alle nett zu mir, aufgeschlossen, banden mich regelmäßig in Gespräche ein, dennoch spürte ich stetig eine Distanz zwischen uns, welche sich auch nach einiger Zeit nicht überbrücken ließ. Zudem wirkte auch Leo seit einigen Tagen in meiner Gegenwart ziemlich grimmig und angespannt. Er sprach mit mir nicht darüber, was los war, weshalb ich nicht wusste, was ich hätte tun können. In mir wuchs die Angst, dass es daran lag, dass ich ihn letztens darauf angesprochen hatte, wie wir zueinander stehen. Daher traute ich mich nicht ihn nochmals darauf anzusprechen. Ich  saß gerade im Unterricht, als es zur Pause klingelte. Ich hatte kein bisschen ausgepasst. Viel zu sehr bombardierten mich meine Gedanken mit möglichen Problemen. Lissy drückte sich in mein Sichtfeld und grinste mich erwartungsvoll an. Ich hielt ihrem Blick stand, während ich meine Sachen versuchte in meinem Schukranzen zu befördern.

"Yannik, komm schon, beeil dich. Wir müssen noch zum Sekretariat. Los, los, los...", wurde ich von ihr rücksichtslos konfrontiert. Wenn sie wüsste, was in meinem Kopf gerade alles los war...

"Ich mach ja schon.", verteidigte ich mich und legte sogar einen Zahn schneller zu.

"Ich muss noch den Krankenzettel abgeben. Wenn ich den heute nicht abgebe, bekomme ich einen Fehltag und dann bin ich offiziell geliefert. Meine Eltern bringen mich um, weil sie wüssten, dass ich geschwänzt habe, dann würden sie wissen wollen, was stattdessen in meinem bescheidenen Leben abging. Und dann würde ich irgendwann einknicken, dann erfahren sie, dass Clara und ich stattdessen shoppen waren und uns einen gechillten gemacht haben, ...ja und dann, ... dann würde Clara mich hassen, weil meine Eltern es ihren Eltern stecken würden...", spätestens dort schaltete ich auf Durchlauf. Man merkte deutlich, wie nervös sie wegen dem Ganzen war. Ich schnappte mir meinen Schulranzen und ging aus dem Klassenraum.

"... ist ja gut, Frau Schulschwänzerin! Warum macht du sowas, wenn du dann ein schlechtes Gewissen hast?"

"Hab ich doch gar nicht!", widersprach Melissa direkt.

"Achso?", ich konnte das Grinsen nicht unterdrücken, doch zum Glück lief Melissa schräg hinter mir, sodass sie es nicht sehen konnte.

"Ich bin ein wahrer Draufgänger, also Ruhe!", und schon zog Melissa an mir vorbei, um die Treppen hoch in Richtung Sekretariat zu hetzen, gefolgt mit einem "... schneller, Herr Keppler!".

Schnellen Schrittes liefen wir die Gänge entlang, bogen um mehrere Ecken ... und so war ich völlig außer Puste, als wir endlich am Ziel ankamen. Sport war bisher schon immer Mord und das würde sich nicht so schnell ändern, nicht für mich. Ich hatte kaum Zeit, um zu Atmen zu kommen, als Melissa bereits zweimal kräftig gegen die Tür klopfte. Ohne auf ein "Herein" abzuwarten, öffnete sie die Tür und zog mich am Ärmel direkt mit sich in den kleinen Raum.

How much I am worth to youWhere stories live. Discover now