08

4.6K 208 15
                                    

Rose kommt zu mir und reicht mir ihre Hand, sodass ich von der Couch aufstehe. "Ich geh dann mal ..." murmele ich durch die Atemschutzmaske. "Ok, Mama wartest du hier kurz? Ich bring sie zur Tür." sagt Rose. Ihre Mutter nickt und setzt sich auf die Couch, um Juliet zu streicheln. An der Tür gibt mir Rose einen flüchtigen Kuss. "Tut mir leid... Ich hab das total vergessen ..." flüstert sie aber ich schüttle den Kopf und lächle. "Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich schreib dir heute Abend." versichere ich ihr, ziehe die Atemschutzmaske aus und mache mich auf den Weg.
Ich laufe langsam durch den Schnee nachhause, denn der Gedanke, dass die Frau von meinem Vater wieder da ist, macht mich fertig. Ich kann sie nicht leiden. Mein Vater denkt wirklich, sie könnte Mutter ersetzen ... Niemand kann das. Ich bleibe stehen und drehe wieder um. Ich gehe sie nur kurz besuchen. Also gehe ich zum Friedhof zum Grab meiner Mutter. Ich schaue, ob die Blumen in Ordnung sind und setze mich dann davor in den Schnee. "Hallo Mama ..." murmele ich und schaue auf die weißen Rosen auf ihrem Grab. Sie stehen für Unschuld. "Ich hab jemanden kennengelernt. Sie ist echt toll ... Du würdest sie sicher auch mögen. Nur leider ist sie viel älter, als ich, was uns vieles verwehrt, aber du hast immer gesagt ich soll nicht aufgeben ... Und ... Das tue ich jetzt auch. Seitdem du weg bist, habe ich nichts mehr auf die Reihe bekommen ... Aber ich glaube mit ihr wird alles besser." Manchmal, wenn ich so mit ihr rede, komme ich mir total bescheuert vor, doch jetzt beruhigt es mich. "Ich vermisse dich ..." Meine Stimme zittert vor Kälte. Ich stehe wieder auf, klopfe den Schnee ab und laufe wieder zurück.

Zuhause angekommen höre ich die Stimme von meiner Schwester und die von meiner Stiefmutter. Streiten sie sich? Ich gehe ins Wohnzimmer, wo die Stimmen herkommen. "Was ist denn los?" frage ich verwundert. Beide hören auf zu diskutieren und schauen mich an. "Lady, sie will das Bücherregal verkaufen, samt allen Büchern!" sagt meine Schwester aufgebracht. Bitte was? Das geht mir jetzt zu schnell. "Die alten Schinken liest doch niemand mehr außer Lady. Außerdem solltest du sowieso mal deinen Kopf aus den Büchern heben und dich auf deine Zukunft konzentrieren!" sagt meine Stiefmutter an mich gerichtet. "Du spinnst doch! Die Bücher sind toll und selbst wenn du es verkauft, ich werde trotzdem viel lesen. Dann gehe ich eben in die Bibliothek. Außerdem gehörte das Bücherregal meiner Mutter! Du kannst es nicht verkaufen! Was sagt Papa dazu?" bringe ich wütend hervor. "Dein Vater hat mir zugestimmt. Es steht hier nur doof rum. Und wegen deiner Mutter, sie ist tot, Lady. Sie wird wohl am wenigsten davon profitieren." sagt sie kalt. "Wenn du auch nur eine Hand an dieses Regal legst, dann glaub mir, es wird dir leid tun." zische ich böse. "Was erlaubst du dir?!"
"Einiges! Lass deine dreckigen Hände davon oder ich mache das selbe bei dir! Deine ganzen teuren Ketten, was würdest du sagen, wenn ich sie alle kaputt mache, in den See schmeiße oder-" Ich spüre plötzlich einen pochenden Schmerz auf meiner Wange. Sie hat mich tatsächlich geschlagen. Geschockt schauen meine Schwester und ich sie an. Sie sieht genauso schockiert aus, scheint es aber nicht zu bereuen. "Ab in eure Zimmer oder ich erzähle eurem Vater davon!" schreit sie. Ich will protestieren aber Amber nimmt mich an die Hand und zieht mich in ihr Zimmer. Sie lässt sich erschöpft aufs Bett fallen. "Tut es sehr weh?" fragt sie besorgt. Ich schüttle den Kopf. "Ihre Worte haben mehr wehgetan." murmele ich.

Eine Weile hat mich meine Schwester noch beruhigen müssen, bis ich wieder in mein Zimmer gehe. Es ist schon fast mitten in der Nacht und morgen habe ich wieder Praktikum. Ich muss früh aufstehen. Also lege ich mich, mit meinen nervigen Kopfschmerzen von dem ganzen Trubel, ins Bett und schlafe ein.
"Mama, liest du mir noch was vor?" frage ich mit meiner kindlichen Stimme. "Aber klar, wie wärs mit einem Märchen?" schlägt meine Mutter vor und schaut mich lächelnd an. "Jaa, Rotkäppchen!" rufe ich vergnügt und hüpfe schon in mein Bett. Meine Mutter holt das Märchenbuch aus dem Regal und will gerade zum Bett zurück kommen, als sie plötzlich umkippt. "Mama! Was hast du?" Ich springe hastig vom Bett und setze mich zu ihr auf den Boden. Sie spuckt Blut und kann mir nicht antworten. "Papa, Amber kommt schnell! Mama blutet! Bitte, Papa!" schreie ich heulend.
Plötzlich sitze ich schweißgebadet im Bett. Heiße Tränen kullern mir über die Wangen. In meinem Kopf spielt sich ständig die gleiche Szene ab, wie meine Mutter quälend Blut spuckt und ich verzweifelt nach meinem Vater rufe. Ich beschließe aufzustehen und zu meiner Schwester zu gehen. Als ich in ihr Zimmer komme, sitzt sie weinend in ihrem Bett und schaut mit ihren aufgequollenen blauen Augen zu mir. "Hattest du auch einen Alptraum?" fragt sie schluchzend. Ich nicke, schließe die Tür hinter mir und umarm sie. Wir sind wirklich Schwestern.

Too young for you [GxG]Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon