Kapitel 24

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"Shana, komm doch wieder hier her." Can zeigt schalkhaft auf seinen Schoß. Wie peinlich, wieso ist es mir nicht aufgefallen? "Sei leise und steh auf!", fahre ich ihn an. Er liegt seelenruhig auf der Matte und lacht herzlich. "Steh doch auf!", fordere ich harsch. Er soll aufstehen. Nun erhebt er sich in einem schnellen Tempo und kommt, mit einem wütenden Blick auf mich zu - mal wieder. Langsam gewöhne ich mich daran. "Wie oft habe ich dir gesagt, dass du nicht so mit mir reden sollst? Wie oft?" Die letzte Frage schreit er, sodass ich zusammenzucke. Ich ziehe die Augenbrauen zusammen. Oh, Can, du bist so dumm. "Wie oft habe ich dir gesagt, dass du nicht schreien sollst? Wie oft?", erwidere ich schreiend. Er spannt sich an - mal wieder -, und seine Halsader sticht heraus - mal wieder. Bevor er mir antworten kann, schreie ich ihn wieder an. "Ich werde nicht auf dich hören! Niemals, verstehst du? Niemals! Verstehe es!" Ich zittere leicht an den Händen, weil ich so sauer bin. Was ist immer sein gottverdammtes Problem? "Shana, Can was ist hier los?", fragt Herr Markus. Can packt mich fest am Handgelenk. Ich verkneife mir ein Zischen, denn diese Genugtuung werde ich ihn nicht geben. "Keine Sorge, Herr Markus, wir gehen raus und klären das, sodass niemand belästigt wird", antwortet Can gespielt freundlich und zieht mich raus, auf den Vorhof der Sporthalle, wo ich zuletzt war, nachdem ich Aleyna eine Standpauke gehalten habe. Dort lässt er mich los. "Was hat dir das jetzt gebracht?", fragt er trocken. Sein Ernst?

"Ähm, Gegenfrage: Was hat dir das jetzt gebracht?" Ich schaue ihn abwertend an. "Warum bist du so frech, huh?" Bei dieser Frage kommt er mir näher, zurücktreten tue ich aber diesmal nicht. "Anders verdienst du es nicht", spotte ich. "Du sollst Respekt haben. Das habe ich dir schon mal gesagt!" Ich erinnere mich an unsere Auseinandersetzung an der Ecke Nettos. "Tja, ich werde dich aber nicht respektieren. Du verdienst meinen Respekt nicht, da du mich so ekelhaft behandelst!" Er lacht verächtlich auf.  "Anders verdienst du es nicht. Du bist nichts Besonderes, sowie alle anderen Mädchen, die ich hatte." Oh, nein. Das hast du nicht gesagt. Ich bin gerade so sauer, dass ich wieder an den Armen zittere. Wie kann er es nur wagen? Sofort schnellt meine Hand zu Cans linker Wange. Sein Gesicht fliegt zur Seite und färbt sich schnell rot. "Wage es nicht, mich mit deinen Huren zu vergleichen. Wir beide wissen ganz genau, dass ich nicht so bin!", brülle ich. Er schaut mich stumm, aber wütend an. "Du wirst niemals meinen Respekt erhalten, da du einfach lächerlich bist, Can, lächerlich!", brülle ich erneut und tippe auf seiner Brust herum. Ich bin so wütend, dass ich nur ihn sehe. Alles andere ist ausgeblendet, als ob ich ein Glaukom hätte. Sein Verhalten macht mich so derart wütend. Er ist so asozial.

Can ergreift die Initiative und drückt mich, mit seiner rechten Hand fest, an meinem Schlüsselbein gegen die Wand, die plötzlich hinter mir ist. Seine Hand verlässt mein Schlüsselbein nicht und ich spüre seine unregelmäßige Atmung gegen meine Stirn prallen. Mein Herz pocht. Mal wieder ist er mir sehr nahe, doch diesmal interessiert es mich nicht. Es ist mir nicht unangenehm und rot werde ich sicherlich auch nicht. Vielleicht vor Wut, aber mehr auch nicht. Ich muss den Kopf etwas anheben, um ihn ins Gesicht zu gucken. Völlig gefühlskalt erblicke ich sein Gesicht. Er ist immer noch wütend. Soll er doch! Er hat es sich selbst eingebrockt. "Falls du mich erwürgen willst, dann musst du deine Hand hier anlegen", tadele ich monoton und lege seine große rechte Hand, die locker meinen ganzen Hals umfassen könnte, um meinen Hals. Er schaut mich überrascht und zum Teil auch geschockt an. Was ist denn jetzt schon wieder? Er zieht seine Hand weg, so als ob ihn etwas an meinem Hals gestochen hätte. "Ich würde dir niemals ein Haar krümmen, Shana. Denkst du etwa so schlimm von mir? Weil du mich einmal ausrasten gesehen hast?", versucht er kühl zu fragen, doch ich höre und sehe die Enttäuschung und Verletzlichkeit. Ich kann sie förmlich aus ihm herauslesen. Denke ich so von ihm? Er hat mich ja nur beschützt. Statt ihm zu antworten, laufe ich einfach rein, doch drehe mich einmal um, um Can doch zu antworten. "Vielleicht", antworte ich matt und laufe hinein. Dieses Szenario war sehr merkwürdig. Es war irgendwie affektiv, aber doch so alexithymisch.

ArroganzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt