Kapitel 39

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Montag, 6. März

Ich stehe gerade mit Viyan und den anderen vor dem Bus, mit dem wir nach Berlin fahren werden. Wir werden fünf Tage im Meininger Hotel unterkommen, worauf ich mich schon sehr freue, da einige Freundinnen von mir dort waren und meinten, dass es dort nachts eine sehr schöne Aussicht gibt. Ich habe etwas mit Malik über Viyan geredet. Nicht allzu auffällig, aber ich habe versucht, die Vermittlerin zu spielen, in dem ich Suggestivfragen gestellt habe. Er meinte, dass er sie – wenn überhaupt – erst richtig kennenlernen muss. Also habe ich mir überlegt, dass Viyan, die während der Fahrt eigentlich neben mir sitzt, den Platz mit Maliks Nachbar tauscht. Als ich ihr davon erzählt habe, ist sie dankbar auf mich gesprungen und hat mich fast zu Boden geworfen. Seitdem strahlt sie und kann es kaum noch abwarten, bei ihm zu sein. Es ist 17:54 Uhr. Um Punkt 18:00 Uhr fahren wir los. Meine Mutter und mein Bruder sind dabei. Mein Vater würde mich fahren, wenn er heute länger arbeiten müsste. Wie in allen anderen Familien mustert auch meine Mutter die anderen. "Der Junge mit den blauen Augen sieht gut aus." Ich muss schmunzeln, als Mama Malik als gutaussehend betitelt. Sofort springt Viyan auf die Aussage meiner Mutter zu. "Ja! Er sieht sehr gut aus!" Sie wird ganz rot vor Euphorie. Echt süß, wie sehr sie auf ihn steht. "Und was ist mit dem mit den Locken?" Ich zeige auf Ramazan. "Ja, er sieht auch gut aus. Er sieht aus wie ein Libanese." Damit hat sie recht. "Und was ist mit dem, der gelbe Augen hat?", flüstert Saliha meiner Mutter zu, weswegen ich sie mit meinen Killerblicken erdolche. Mein Bruder ist in einer ganz anderen Welt. Er steht weiter entfernt von uns und telefoniert mit einen seiner Kollegen, um sich gleich mit zu treffen. Gespannt warte ich auf die Antwort meiner Mutter zu Can.

"Er ist der schönste Junge von allen hier." Oh mein Gott. Ich würge innerlich. Die Mädels giggeln und kichern erfreut. Ich hingegen gucke nur entgeistert, sagen tue ich aber nichts. Ich nehme ihre Anspielungen hin bis wir im Bus sitzen. Ich und meine Freundinnen setzen uns eher vorne hin, genau sowie Malik und seine beiden anderen Komparsen. Hinten sitzen Aleyna, ihre Freundinnen und der Rest. Kurz bevor Viyan zu Malik geht, kommt sie nochmal zu mir, um ihre Freude auszulassen. "Shana, ich sitze neben Malik! Oh mein Gott! Mein Herz! Ich glaube, es schlägt nicht mehr!", quietscht sie voller Enthusiasmus und legt meine Hand auf ihre Brust, wo ich ihren Herzschlag abtasten kann. Schnell schlägt es auf jeden Fall. "Jetzt geh zu ihm", säusele ich vielsagend. Wir fahren los. Ich glaube Ramazan sitzt eigentlich neben Malik, also wird die Fahrt sehr unterhaltsam. Ich hole kurz mein Handy raus, packe es aber schnell wieder weg, als eine maskuline Statur neben mir steht. Ich blicke lächelnd hoch, doch es verschwindet wieder schnell. Nicht er. "Was ist?", gebe ich genervt von mir. "Ich soll hier hin. Nicht freiwillig", erwidert Can kryptisch. Na toll! Der hat mir ja noch gefehlt. Ich verdrehe die Augen und lege meine snackbefüllte Tasche auf meinen Schoß. Danach schaue ich Can abwartend an. "Worauf wartest du?", keife ich und zeige auf den Sitz am Fenster. Ich könnte auch einfach aufrutschen und ihm den Platz am Ausgang geben. Mache ich aber nicht. "Soll ich mich durch diesen kleinen Spalt quetschen?" Konsterniert zeigt er auf den geringen Abstand, den meine Beine und der Sitz vor mir zeigen. "Ja." Ich mache doch nicht extra Platz für ihn, also bitte!

"Wie du willst." Can geht ganz langsam durch den Spalt und lehnt sich extra nach vorne, sodass sein Parfüm in meine Nase steigt. "Das wird jetzt die ganze Zeit so ablaufen", raunt er ganz nah vor meinem Gesicht. Ich drehe mein Gesicht zur Seite und gucke zu Malik und Viyan, die sich unterhalten. Cathleen sitzt zwei Sitze parallel zu mir und schaut mich vielsagend an. Kurz danach kommt ihre berühmte Geste, bei dem sie einen Blow-Job darstellt. Ich zeige ihr verkniffen meinen Mittelfinger. "Also, wenn du willst, kannst du das hinter der Shisha-Bar, noch einmal machen. Und sogar zu Ende bringen." Oh Gott, dieser Typ ist besessen! Ich verdrehe meine Augen. "Wieso? Damit ich einen lästigen Jungen mit einer Erektion neben mir habe? Nein, lieber nicht", gebe ich abwertend von mir und hole meine Mineralwasserflasche raus. Stilles Wasser trinke ich nur, wenn ich keine andere Wahl habe. Nur leider kriege ich diese Flasche nicht auf. Dass der idiotische Riese neben mir leise zu lachen beginnt, hilft mir auch nicht. "Was lachst du so blöd?", fauche ich. "Braucht da jemand Hilfe?", neckt Can mich. "Nein, das kriege ich hin" Ich brumme stur und versuche weiterhin meine Flasche aufzukriegen, was mir leider nichts bringt, außer schmerzende Handflächen. Sonst kriege ich die Flaschen doch immer auf! "Mach auf", murmele ich kleinlaut und halte meine Flasche vor Can, der mich skeptisch beäugt. "Ich dachte, das kriegst du hin?" "Mach doch einfach!", motze ich. Zu meinem Glück öffnet Can die Flasche mit seinem Daumen und Zeigefinger. Wie kriegt man das mit nur zwei Fingern hin? Dankend nehme ich die Flasche entgegen und höre ihn wieder lachen. Es ist eigentlich eine schöne Lache, wenn man sich Can wegdenkt. "Stell dir mal vor, du wärst in einer Wüste und hättest eine Flasche Wasser, aber verdurstest, weil du sie nicht aufbekommst", sagt er und lacht diesmal lauter und stärker. "Lach nicht!" Ich schlage murrend seine Schulter, doch ihn kümmert gerade gar nichts. Er nimmt meine Hand und lacht noch mehr. Danach streckt er seine große Hand aus und zeigt dann auf meine kleine Hand. Ich kann nicht lange ernst bleiben und muss mitlachen. Can lacht echt wenig und deswegen ist es umso anschaulicher, wenn er es tut.

ArroganzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt