Kapitel 75

70.2K 2.2K 219
                                    

Nun beginnt der zweite Tag der Wette, bei der Can - leider Gottes - in Führung liegt. Natürlich sage ich es ihm nicht, da es sein zu hohes Ego stärkt und das wollen wir ja nicht. Ich muss mir wirklich überlegen, wie ich die Wette gewinnen kann. Ich mag das Mädchen nicht, also bin ich nicht in der Lage, sie vor ihm zu warnen - bis jetzt. Wie kriege ich es hin, dass sie ihm nicht verfällt? Ich meine, sie hat ihm direkt am ersten Tag umarmt. Das ist ein schlechtes Zeichen. Vielleicht ist sie doch nicht so dumm, wie sie tut und weiß wo ihre Grenzen sind. Na ja, jedenfalls laufe zu meinem Mathe-Grundkurs und hoffe, dass es einfach wird. Vom weiten sehe ich eigentlich jeden, außer Elif zu meinem und ihrem Glück. Ohne auf Can zu achten - was eigentlich schwer ist, da er so groß ist -, laufe ich auf meine kleine Runde zu und umarme - wie immer - Malik und Ramazan. "Geht es dir heute besser?", fragt Malik lächelnd. "Bis jetzt schon." Ich fahre mir durch die Haare und drehe mich nach hinten, wo ich Aleyna auf uns zu takeln sehe. "Can!" Ich verdrehe sofort und auffällig meine Augen. "Ja?" Er schaut von seinem Handy hoch und mustert Aleyna. "Ist das Mädchen deine Freundin?" Ich pruste kurz auf und kriege einen ekelhaften Blick von Aleyna geschenkt, denn ich ihr mit liebe zurück gebe. "Welches-, ach so! Nein, noch nicht, wieso?" Aleyna sieht man es an, dass es ihr nicht passt und das gefällt mir sehr. "Findest du nicht, dass du etwas Besseres verdient hast?", zischt sie. "Denk bloß nicht an dich", gebe ich in einem arroganten Ton von mir und erblicke sie missbilligend. "Denkst du jetzt, du hättest Chancen bei ihm?", giftet sie mich an. "Ich muss nicht mit ihm schlafen, um seine Aufmerksamkeit zu erregen." Mit diesem Satz habe ich sie offiziell zerstört, was sie auch selber weiß, denn sie wird auf einmal ganz blass. Malik und Ramazan geben leise ein Ouh von sich, während Viyan und Saliha leise lachen. Ich schaue sie abwartend und voller Überlegenheit an, doch statt zurückzufeuern, läuft sie einfach davon. War wohl nichts. "Der war echt mies", kommentiert Viyan grinsend und gibt mir ein High-Five. "Zu schade, dass Elif nicht hier ist. Dann hätte sie gehört, was ein Arsch Can doch ist und so hätte ich gewonnen", sage ich seufzend. "Glaub mir, ich würde sie wieder um den Finger wickeln." Da ist wieder der arrogante und selbstverliebte Can.

Der zweistündige Matheunterricht war wie erwartet beschissen. Aber mit etwas pauken kriege ich das hoffentlich hin und kriege so viele Punkte wie möglich. Wenn ein Fach meinen Numerus Clausus verschlechtern kann, dann ist es natürlich - wer hätte es gedacht? - Mathe. Ich verstehe einfach nicht, was Buchstaben da drin zu suchen haben. Wieso soll ich X finden, wenn da ein dickes, fettes X auf dem Blatt gedruckt ist? Ich gehe ja auch nicht zum Optiker, um zu fragen wo meine Brille ist, die ich auf der Nase trage. Wenigstens habe ich jetzt Pause und kann etwas entspannen. "Wieso kann man Mathe nicht ganz abwählen? Keiner will Mathe studieren!", beschwert Saliha sich und schüttelt resigniert den Kopf. "Mathe ist doch voll einfach", sagt der Neuling. War ja klar, dass so eine wie sie Mathe mag. Und die soll man mögen? "Da hast du ja echt eine Gabe, wenn du es so gut beherrscht", kriecht Can in Elifs Arsch. Gott! Seit wann gibt er sich so eine Mühe? Das ist ja schon fast ekelhaft, wie ihr Gekicher in diesem Moment. "Wir gehen kurz rauchen", gibt Can Elif Bescheid und haut dann mit Ramazan und Malik ab. "Lass sie am Leben", flüstert mir Ramazan zu und klopft mir aufmunternd auf die Schulter, bevor er geht. Kaum ist ein Mädchen, dass sich in Can verliebt hat weg aus meinem Freundeskreis, da kommt eine Neue, die ich aber niemals als etwas Freundschaftliches sehen werde. "Can ist total nett", schwärmt sie. "Du kennst ihn doch gar nicht", sage ich und dämpfe meinen Zynismus. "Er ist sehr nett zu mir! Wenn er dich anders behandelt heißt das noch lange nicht, dass er mich auch so behandelt!" Hat sie mich jetzt etwa ernsthaft angezickt? Oh nein, nicht mit mir! Schätzchen, du legst dich mit der Falschen an! Ich drehe mich zu ihr und schaue sie apathisch an. "Du, jemand der seit gestern hier ist, will mir etwas Richtiges über eine Person auftischen, die ich seit meinem ersten Tag hier kenne? Mädchen, du weißt nichts über ihn, über mich und über uns beide. Also sei einfach leise und lass dich weiter verarschen!", zische ich und zeige mit meinem dunkellila lackierten Zeigefinger auf sie. "Beruhig' dich", flüstert Viyan, der ich nur einen genervten Blick gebe. "Shana!" Oh Gott! Zwei nervende Weiber auf einmal. Aleyna kommt auf uns zu und scannt Elif von oben bis unten ab. "Das ist sie?", fragt Aleyna und zeigt mit ihren Gelnägeln auf Elif. Ich ignoriere sie und schaue an ihr vorbei, da sie sich aus diesem Thema ganz raushalten soll. "Hallo? Ich rede mit dir!" Sie winkt mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum, was ich gerade gar nicht gebrauchen kann, da mir Elif gerade so aufregt! "Mädchen, nerv wen anders!", rufe ich voller Temperament und schiebe sie zur Seite, um dann in das Gebäude zu laufen. "Hör nicht auf Elif", sagt Viyan, als sie mich erreicht hat. "Er darf nicht gewinnen, aber ich will auch sehen, wie sie leidet." Wenn sie so reagiert, dann verdient sie meiner Meinung nach nichts anders. "Scheiß auf sie", muntert Viyan mich auf, was mich schmunzeln lässt. Saliha kommt - ohne Elif - auf uns zu. "Ich hab Aleyna etwas fertig gemacht. Die wollte einfach nicht gehen!" Genervt schnalzt sie mit ihrer Zunge. Ich nicke kurz und warte, bis unsere Spanischlehrerin kommt. "Shana, wenn du willst, dann werde ich nicht mehr mit Elif abhängen", bietet sie mir an, da sie weiß wie sehr ich sowas hasse, doch gerade jetzt kommt mir eine Idee in den Sinn. "Nein, du könntest ganz nützlich werden." Ich fange teuflisch an zu grinsen. "Was hast du vor?", fragt Viyan, die leicht anfängt zu schmunzeln. "Du findest einige Infos für mich heraus, wenn ich welche benötige." Sie denkt nach, willig dann aber ein. "Wieso lächelst du so böse?", fragt Ramazan und geht etwas auf Abstand, als er uns mit den beiden anderen Jungs erreicht hat. "Erzähle ich dir später." Ich schaue ihn zuckersüß an und dann siegessicher, als ich zu Can blicke.

ArroganzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt