Kapitel 46

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Wohin er mich jetzt bringt, weiß ich nicht. Ich laufe einfach neben ihm her, kriege seine Aussage nicht aus meinem Kopf. Du bist total süß. Ich weiß nicht wieso, aber ich muss deshalb grinsen. Es kam so ehrlich rüber. Na ja, bei ihm weiß man aber nie. Am Ende war es nur eine Masche von ihm, damit ich unter seinen Händen schmelze und er mich ausnutzen kann. Auch wenn mir heute alles so positiv erschienen ist, muss ich aufpassen. Trotzdem hätte ich mich dagegen wehren sollen. Ich verstehe gerade gar nicht, wieso ich das zugelassen habe. Als ob die Typen etwas im Bus gemacht hätten. "Wohin gehen wir jetzt?" "Sag ich dir nicht", antwortet er. Er ist so nervig! "Komm schon, Can!" Ich will es wissen! "Nein, Shana." Ich schnaube. Wieso sagt er es nicht? "Du weißt bestimmt nicht einmal, wohin wir gehen oder wo wir sind." Ich verschränke die Arme vor der Brust. Wohin gehen wir? "Wie viele Beziehungen hattest du schon?" Wenn ich schon nicht weiß, wohin wir gehen, dann muss ich ihn als Kompensierung ausfragen. Sein selbstgefälliges Grinsen provoziert mich. "Es waren sehr viele. Wie viele es waren, weiß ich nicht, aber mehr als zwanzig müssten drinnen sein." Ich schaue ihn geschockt an. Mehr als zwanzig Beziehungen?! Can ist ja eine richtige Nutte. "Kein Wunder, dass du keine Jungfrau mehr bist", murmele ich abwertend. "Wer hat dir das gesagt?" "Ramazan." Danach kehrt Stille ein. Eine recht angenehme Stille. Wir entkommen dem Wald immer mehr und nähern uns dem Hauptbahnhof. "Was suchen wir am Bahnhof?"

"Siehst du gleich." Wieso macht er so ein Geheimnis drum? Wir kommen beim Burger King an. "Was willst du essen?" Oh, wie nett! "Nichts", murmele ich leicht überrumpelt von seiner Freundlichkeit. Er soll kein Geld für mich Ausgeben. "Shana, jetzt sagt." Ich schüttele den Kopf, immer noch überrascht von seiner plötzlichen Nettigkeit. "Shana." Er greift nach meinem Unterarm. Scheiße, der Mitarbeiter wartet schon. "Ich glaube, wir sollten jetzt gehen." Wenn ich doch nur seine Hand von meinem Unterarm entfernen könnte! "Du machst nichts als Kopfschmerzen!", knurrt er frustriert. Can zieht mich an meiner Taille an seine Brust zuziehen. Ach du Heiliger! "Wir nehmen zwei Mal den King des Monats." Danach holt er das Geld raus, streckt seinen Arm so weit hoch, dass ich gar nicht mehr rankomme. Dieser Idiot! Can füllt schon mal die Getränke am Auffüllautomaten in die Pappbecher. "Du willst Cola, oder?", frage er, woraufhin ich nicke. Das hätte er nicht tun müssen. Ich nehme die Tabletts, bringe sie zu einem freien Platz und höre, dass Can seufzt. Er kommt mit den zwei befüllten 0,5 Liter Bechern zurück und stellt eins auf meinem Tablett ab. "Iss", befiehlt er, während er sein Ketchuptütchen öffnet. Mayo ist besser. "Ich kann nicht." Vielleicht muss ich es nicht essen, wenn ich meine Ausrede benutze. Er seufzt jetzt schon genervt. "Und wieso nicht?" Can ist einer der ungeduldigsten Menschen, die ich kenne.

"Weil da Sachen drinnen sind, auf die ich allergisch reagiere." Jetzt guckt er mich unbeeindruckt an. "Du isst jeden Tag solche Sachen und es interessiert dich nicht, also hab dich nicht so und iss, sonst füttere ich dich." Ich führe unmotiviert eine Pommes in meinen Mund. "Shana, iss richtig!" Gott, warum ist er so herrisch? Was, wenn ich immer so esse? Can will aufstehen. "Okay, okay! Ich esse ja schon." Mein Gott, ist er befehlerisch. Konnte er nicht etwas holen, was ich nicht mag? Dann müsste ich es nicht essen. Er hat sogar Mayo statt Ketchup für mich geholt. Woher weiß er, dass ich Mayo priorisiere? Komischer Junge. Das Essen verläuft still. Ich packe mir Pommes auf meinen Burger, bemerke, wie er mich die ganze Zeit dabei beobachtet und das Schlimmste ist, dass es während des ganzen Essens so verläuft. Während ich die letzten Pommes esse, schaue ich mich um. Ich will überall hinschauen, nur nicht zu Can. Was guckt dieser Junge so? "Was ist los?" "Nichts." Can hört immer noch nicht auf, mich anzugucken. "Kannst du vielleicht aufhören, so zu gucken?" Dabei nehme ich meinen Becher und kaue auf dem Strohhalm herum. "Nein", antwortet er seelenruhig. "Ich bringe die Tabletts weg." Nur so kann ich vor seinen Augen abhauen.

Draußen ist es kühler. Ich zittere deshalb schon leicht. "Lass uns schnell zurück. Vielleicht treffen wir auf die anderen." Was ist auf einmal mit ihm los? Sonst streiten wir uns nur und jetzt? Jetzt reden wir wie ganz normale Freunde ... oder Kameraden würde ich eher sagen. Zurück im Hotel sehen Aleyna und ihre zwei Hündinnen. Aleynas Blick ist wie vor einigen Stunden entgeistert. Ihr gefällt der Anblick überhaupt nicht, was mich umso glücklicher macht. Can öffnet die Tür, aber wieso nimmt er jetzt meine Hand? Ich keuche, oh mein Gott! Wieso küsst er meine Hand? Aleyna zieht entsetzt die Luft ein. Geht's ihm noch gut? Oh mein Gott! Noch bevor ich etwas sagen kann, zieht er mich ins Zimmer. "Was sollte das?!", zische ich. Can kümmert das Ganze gar nicht. Er setzt sich auf das Bett, zuckt mit den Schultern und lächelt schief. Der Typ ist verdammt komisch. Schnell nehme mein Handy und rufe Saliha an. Was war das gerade eben?!

ArroganzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt