Kapitel 37 - Gefangen im Käfig des Löwen

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Ich lag die ganze Nacht, wie in Trance, auf dem Bett. Meine Beine an meine Brust gepresst und sah aus dem Fenster, wo ich einen Blick auf den Berliner Fernsehturm hatte. Ich konnte mich noch daran erinnern, als ich damals mit Nelly da ganz oben war und die Aussicht auf ganze Berlin genossen hatten. Wir hatten damals noch ein ganz normales Leben geführt. Wie schnell die Zeit verging und wie schnell sich alles verändert hatte. Es war wie, wenn man friedlich in sein Haus mit der Familie wohnte, Ernten auf die Felder brachte aber plötzlich durch einen Orkan alles verlieren würde. Sein Haus, die Ernten und vielleicht sogar auch die geliebten Menschen, die einem eigentlich das wichtigste war. Genau so fühlte ich mich auch in dem Moment. Ich hatte früher alles. Eine Familie, tolle Freunde und ein ganz normales Leben und jetzt? Jetzt stand ich alleine dar und hatte keins mehr von den Dingen. Ich war allein. Ganz allein. Eine Träne fiel über meine Wange runter und ich wusch es sofort weg, als plötzlich die Tür auf ging und jemand rein kam. Ich bewegte mich nicht, sondern schaute weiterhin aus dem Fenster.

<< Sunny? >>, flüsterte jemand neben mir. Ich musste nicht mal hinblicken um zu wissen, wer es war. Denn seine Stimme verriet ihn.

<< Ich weiß, wie du dich im Moment fühlst...>> Luciens Stimme war nur ein Geflüster.

Nein, weiß du nicht.

Ich erwiderte nichts, sondern starrte einfach weiterhin aus dem Fenster und tat so, als wäre er gar nicht hier. Als nächstes bemerkte ich wie sich die Matraze ganz kurz sank und spürte neben mir eine kalte Aura.

<< Willst du denn nichts sagen? >>, fragte Lucien traurig und ich konnte in seine Stimme Angst und Verzweiflung heraus hören.

Eigentlich wollte ich ihn weiterhin ignorieren, denn das hatte er verdient. Doch ein kleiner Teil in mir schaffte es irgendwie nicht und das ärgerte mich. Ich ließ kurz meine Augen geschlossen und seufzte innerlich.

Ich drehte dann meinen Kopf ganz langsam in seine Richtung und sah ihn emotionslos an.

<< Was soll ich deine Meinung sagen? Soll ich dir sagen, wie glücklich ich gerade bin, weil ich hier gefangen gehalten werde oder soll ich dir lieber sagen, wie toll ich es finde, dass ich bald verwandelt werde und Alios mich dafür nutzen wird, die Welt zu regieren?  Willst du das von mir hören? >>, fragte ich kalt und schaute wieder aus dem Fenster.

<< Nein...das will ich nicht Sunny...Aber ich kann dir versichern, dass ich dich hier rausbringen werde, ohne das du Schaden nimmst. >>, flüsterte er ganz leise, die ich am Anfang schwer verstand aber die ich am Ende doch noch entschlüsseln konnte.

Ich sah ihn fassungslos an. << Was? Sag mal, hast du es immer noch nicht kapiert? Es ist vorbei. Alios hat gewonnen. >>

<< Nichts ist vorbei...Zwar bist du hier gefangen und wirst morgen wahrscheinlich verwandelt aber ich werde es nicht zulassen, dass er dir das antut. Ich habe es dir versprochen. Weißt du noch? Und ich werde mein Versprechen halten. Das schwöre ich dir, Sunny. >> Lucien sah mich mit seine goldenen Augen an und ich könnte schwören, dass ich da ein wenig Hoffnung und Überzeugung sehen konnte.

<< Wie willst du das bitte anstellen? Alios bitten mich frei zulassen? >>, fragte ich nach und schüttelte leicht den Kopf.

<< Überlass das nur mir, Sunny. Das einzige, was du tun musst, ist einfach dich normal zu benehmen. Mehr brauchst du nicht zu machen. >>

Er sah mich eindringlich an, die mir Gänsehaut bereitete. Er hob plötzlich seine Hand und fuhr mit seine kalten rauen Finger meine Wange hinunter bis zu meinen Hals. Dann stand er einfach auf und verschwand ganz schnell aus dem Zimmer und ließ mich verwirrend zurück.

~

Am nächsten Morgen weckte mich Lucien ganz früh auf. Ich war noch müde, da ich fast die ganze Nacht nicht schlafen konnte und mich ausgeheult hatte. Er kam mit einem Frustückstablett und stellte es auf dem kleinen Holztisch neben dem Bett. Ich wusste, dass es mein letztes Frühstück sein würde, also aß ich alles mit Geduld  und Genuss. Nach dem Frühstück überreichte mir Lucien neue Kleidung, die ich mit einer grimmigen Gesichsausdruck anzog.

Nach dem ich mich fertig anzog, brachte mich Lucien wieder in das Zentrum des Doms. Der Altar. Ich bemerkte, dass einige Möbelstück rausgebracht worden waren, sodass in der Mitte genügend Platz für einen lange große Steinplatte war, die wie eine Liege aussah. Ich schluckte schwer. Das erinnerte mich an die damaligen mesoamerikanische Indianervolk "Maya", die für ihre Götter, Menschen auf so einem Steinbrett kaltblütig geopfert und ihr Herz aus der Brust herausgerissen hatten.

Ich schauerte bei diese Gedanken und versuchte sie zu ignorieren. 

Ein großes Tor ging plötzlich auf und ich konnte Alios sehen, der sich wie immer elegant und majestätisch bewegte. Neben ihm seine Leibwächter Demitri und Bastien.

<< Ah, wie ich sehe bist du Startbereit, meine Liebe. >>, rief er gut gelaunt durch den Raum und sein Echo verteilte sich überall im ganzen Raum. Mein Magen zog sich zu einem Knoten zusammen und ich merkte wie meine Luftröhe enger wurde.

<< Und wie fühlen wir uns heute? >>, fragte er mich als er genau vor mir stand und mich breit anlächelte. Man konnte seine weißen Vampirzähne sehen.

<< Gut. >>, log ich und versuchte mir nichts anmerken zu lassen, so wie Lucien es von mir haben wollte.

Ich hoffe, er hält seinen Versprechen!

<< Eccellente! >>, rief er in einer anderen Sprachen und knipste mit den Fingern. Plötzlich hielt Bastien ihn eine rechteckige Schachtel hin.

<< So meine Liebe, bitte nimm doch hier Platz.>> Alios zeigte auf die Steinplatte. Ohne wiederreden legte ich mich auf die kalte Steinplatte und schaute auf die Kappele des berühmten Berliner Doms.

<< So meine Liebe, ich werde dir nun einen starken Schmerzmittel geben, damit du keine höllische Schmerzen hast. Schätze meine Großzügigkeit.>>, sagte er ganz spielerisch.

Für einen Moment, kam es mir so vor als wäre ich beim Zahnarzt und der liebevolle Doktor behandelte mich wie ein kleines Kind, dass Angst vor den ganzen Instrumenten hatte. Ich hasste Zahnärzte, sowie ich diese Lage hier und Alios hasste.

In Alios Hand erkannte ich eine Spritze, weil er war dabei es zu testen, um zu kontrollieren, ob überhaupt Flüssigkeit  raus kam. Ich schluckte schwer und plötzlich wurde mir schwindlig.

<< So Sunny, du wirst nur ein kurzen Stechen spüren und den Rest nicht mehr. >> Mit den Worten stich er in mein Arm zu und ein kurzer Schmerz durchzuckte mich. Ich konnte die Flüssigkeit spüren, die sich in meine Blutbahn drang und sich da in allen Himmelsrichtungen verteilte. Ich bekam diesmal noch mehr Panik und Tränen machten sich sichbar.

<< Schsch...alles wird gut. Du wirst gleich müde und wirst nichst von dem alles hier mitbekommen.  >>, versuchte mich Alios zu beruhigen und sein falsches Lächeln kam zum Vorschein, den ich am liebsten wegpoliert hätte. Ich ließ meine Blicke um meine Umgebung wandern und entdeckte Luciens besorgte Blicke.

Warum hilfte er mir nicht? Warum schaute er einfach so zu? Er wollte mir doch helfen. Warum unternahm er nichts? Er hatte es mir doch versprochen...

Plötzlich überkam mich die Müdigkeit und ließ meine Augen schwerer werden.

Nein! Ich darf jetzt nicht einschlafen! Ich darf jetzt nicht aufgeben! Ich will kein Vampir werden...

Mit aller Kraft versuchte ich meine Hand nach Lucien zu strecken, doch mein Arm wurde so schwer, als würde sie zehn Tonnen wiegen. 

<< Luc... >>, meine Stimme versagte und plötzlich wurde alles schwarz.

Der Klang der Ewigkeit ( Bd 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt