Another World

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"Fühl dich wie zu Hause." waren Youngjaes Worte, als er mir die Tür zu seinem Tattoostudio in Seoul aufhielt und ich mich fühlte wie vor den Kopf gestoßen, da es hier garantiert nicht so aussah, wie bei mir zu Hause.
In dem Haus meiner Eltern überwogen helle und einladende Wände, so wie helle Möbel.
Das was sich vor meinen Augen befand war das ganze Gegenteil.
Die Wände waren mit düsteren Grafittis besprüht, von denen einzelne in kompliziert verzierten schwarz weiß Zeichnungen endeten.
Der Boden bestand aus dunkelbraunem Holz und die Möbel waren überwiegend aus schwarzem Leder.
An der Decke hing ein Kronleuchter, der aussah, als würde er alles und jeden unter sich aufspießen, würde er je von der Decke fallen.
Zuhause sah für mich definitiv anders aus, auch wenn die Atmosphäre des kleinen Raumes eine gewisse gegensätztliche Ruhe ausstrahlte.

Youngjae ließ die Tür hinter mir wieder zu fallen und lachte, als er an mir vorbei ging und sich seine schwarze Jacke abstreifte.
Er enthüllte seine bestochenen Arme, die überhaupt nicht zu seiner hellen und munteren Art passten.
Kein Zentimeter reine Haut war noch auf seinen Armen zu erkennen, alles war voll mit Tattoos und so richtig wollte dieses Bild nicht zu ihm und so wie ich ihn kennengelernt hatte nicht passen.
Es schien meine komplette Wahrnehmung von ihm zu trüben, obwohl ich wusste, dass er sich in den wenigen Sekunden, seit er seine Jacke ausgezogen hatte, nicht verändert hatte.
Er war noch immer der gleiche und muntere Youngjae, der mir auf anhieb sympathisch geworden ist.

"Scheint nicht deine Einrichtungrichtung zu sein oder?" fragte er mich amüsiert und schloss mit dem Schlüsselbund in seiner Hand etwas an der Wand auf.
Er schob sie zur Seite und enthüllte eine Treppe, die nach unten führte.
"Dienstag ist immer Ruhetag und meistens nutze ich den Tag, um mich um den finanziellen Kram zu kümmern, aber für dich mache ich gerne mal eine Ausnahme."
Lächelte er und wies mir, dass ich ihm die Treppe nach unten folgen sollte.
Erneut sah ich mich in der kleinen Lounge um und zögerte.
"Ich weiß, dass muss dich ziemlich verstören." lachte er und lehnte sich gegen die Tür, die vor gut einer Minute noch aussah, als würde sie zur Wand gehören.
Sollte hier jemand mal einbrechen, wäre eine solche "Tarnung" wirklich praktisch.
"Nein. Es ist nur..."
Ich lachte Unbehagen und setzte mich in Bewegung.
"Das man das nicht von mir erwarten würde?" traf Youngjae mit seinen Worten ins schwarze und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
Mir auf die Wange beißend nickte ich und entschloss mich ihm zu folgen.
Ich bezweifelte, dass er geplant hatte mich in seinem Studio einzusperren und mich mit einer dieser Tattoospitzen zu Tode zu foltern, dafür war er einfach zu freundlich und unschuldig.
Außerdem benötigte man für ein Hennatattoo doch gar keine Nadeln oder ähnliches, sondern nur diese komische Tinte, die wieder von der Haut abgehen würde.

Ich lief an Youngjae vorbei und tappste die Treppen herunter, während er die Tür zu machte, aber nicht abschloss und mir folgte.
Als er neben mir ankam, verschwand er in dem dunkel vor mir  und wenige Sekunden später gingen einzelne Lichter an den Wänden an.
Hier unten sah es fast genauso aus, wie oben in dem 'Empfang'.
Doch hier stand eine kleine Bar und Sessel und keine mit Leder überzogenen normalen Stühle.
Auf dem Boden lag hier jedoch ein dicker dunkler verzierter Teppich und überall standen Zeitungsständer mit Ordnern und Tattoozeitschriften herum.
Auch gingen von dem etwas größerem Raum hier unten weitere Türen und zwei Gänge ab, die wohl zu den eigentlichen Studios führten, in denen die Tattoos gestochen werden.
"Setz dich, ich geh dir ein paar Vorlagen holen.
Und wenn du was zu trinken haben willst, bediene dich ruhig." gab er mir auf den Weg, bevor er in einem der beiden Gänge verschwand und mich allein ließ.
Ein wenig überfordert sah ich mich um und setzte mich schließlich auf einen der Sessel, bevor ich mein Handy hervor zog, um zu schauen ob jemand nach mir suchte.

Jin hatte mich angerufen, so wie Namjoon und BamBam.
Jin und Namjoon hatten mich bestimmt angerufen, weil sie sich nicht einigen konnten, in welches Restaurant sie heute Abend gehen wollten und Bambam, weil er von seiner Schwester bestimmt erfahren hatte, dass sie mich wieder mit dem gleichen lästigen Thema konfrontiert hatte und nun sicher gehen wollte, dass ich nicht in einem weinenden Chaos endete, so wie in den vergangenen Monaten.
Doch heute war ich stark geblieben, hatte mir beim Aufstehen den Willen heraufbeschworen stärker zu werden und Jaebum auf den Mond zu schießen, auch wenn mir das erst bewusst geworden ist, als Youngjae mich eingeladen hat.

BadlandsWhere stories live. Discover now