Fünfzigstes Kapitel - Funkenaugen

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Reichlich kopflos lief ich ziellos durch die Straßen von Queens. Die erneute Auseinandersetzung mit Detektive Walker hatte mich noch mehr durcheinander gebracht, als ich es ohnehin schon gewesen war. Ich verstand, dass er sich Sorgen darum machte, dass Keppler nach wie vor einen Platz in meinem Inneren hatte, aber hatte ich nicht versucht es ihm und den Anderen zu sagen? Erst gestern war ich drauf und dran gewesen vor der gesamten Taskforce Price davon zu berichten. Doch was wenn er Recht hatte? Hatte ich damit erneut mein Leben und die der Angehörigen der Opfer schwerer gemacht? Und das von Amanda? Auch wenn ich sie seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte, war mir bewusst, dass sie mittlerweile darüber in Kenntnis gesetzt worden sein musste, dass Keppler nicht alleine gearbeitet hatte. Das machte ihr bestimmt eine wahnsinnige Angst. Wie sollte sie sich jemals sicher fühlen, wenn ihr immer klar war, dass da draußen noch ein weiteres Monster wie Mason umherlief?

„Gar nicht", murmelte ich.

Ich empfand es ja selbst. Der einzige Ort an dem ich mich wirklich beschützt fühlte, war in Walkers Nähe. Ob es nun daran lag, dass er ein Cop war oder daran, dass er mich gefunden und befreit hatte, war im Grunde gleichgültig. Fakt war, dass er da war und immer ein Auge auf mich hatte, ob ich es nun wollte oder nicht. Und nachdem was gesehen war, würde er sich hüten, mich mein Leben erneut gefährden zu lassen. Was vermutlich genau der Punkt war. Ich hatte ihm nichts von meinen Träumen erzählt, ihn in Unwissenheit gelassen und somit machtlos gegenüber einer akuten Gefahr. Das er ohnehin nichts an all dem ändern konnte, tat dabei nichts zur Sache. Für Aiden galt die Faustregel: Man kann nur bekämpfen von dem man weiß. Ahnt man nichts von einer nähernden Gefahr, konnte man sich auch nicht dagegen wappnen.

„Groß Klasse Sally. Das hast du wiedermal super hinbekommen", schimpfte ich mit mir selbst und stampfte auf den Eingang des Krankenhauses zu. Von Sekunde zu Sekunde wurde mir immer mehr bewusst, in was für einen kniehohen Misthaufen ich mich manövriert hatte. Hals über Kopf war ich damals in einer Welt gelandet, von der ich nicht die geringste Ahnung hatte, wie sie eigentlich funktionierte. Das ich nicht wirklich die Zeit gehabt hatte, mich damit auseinanderzusetzten, ließ ich bei meinen Überlegungen außen vor. Tatsache war nun mal, dass ich aus purer Angst nicht mit Walker sprach. Es war mir noch immer ein Rätsel wie es sein konnte, dass er mir glaubte und nicht alles hinterfragte was ich ihm erzählte. Wie sollte ich also Bedenkenlos einfach alles von meiner Seele schütten und daran glauben, dass er wusste was zu tun war?

„Wie wäre es mit ein wenig Vertrauen du Genie", motzte ich weiter mit mir selbst, brachte mit meinen Worten allerdings eine Krankenschwester in der Nähe dazu mich skeptisch anzusehen.

„'tuldigung", sagte ich bloß und trat letztendlich ins Krankenzimmer von Amanda Clark.

„Sally!", rief diese erstaunt aus, sobald sie mich erkannte und stand von einem der Besucherstühle auf. Scheinbar hatte ich sie dabei gestört ein wenig die Sonne zu genießen, welche zum großen Fenster hereinschien. Unschlüssig blieb ich in der noch halbgeöffneten Tür stehen.

„Tut mir Leid, wenn ich störe kann ich auch ein anderes Mal wiederkommen", setzte ich an, aber sie ließ mich nicht weit kommen.

„Blödsinn! Ich freu' mich dich endlich zu sehen", gab sie zurück und schloss mich herzlich in die Arme, was sich verdammt gut anfühlte. Mir wurde bewusst, dass auch wenn ich sie eine Zeitlang tatsächlich vergessen hatte, doch unendlich vermisste.

„Es ist schön hier zu sein", erklärte ich leise in ihr Haar. Langsam gab sie mich frei und zog mich zum Bett, auf welches wir uns setzten.

„Wie geht es dir?", erkundigte sich Amanda besorgt und schob mir eine Strähne aus dem Gesicht. Über diese Geste lächelnd antwortete ich:

„Schätze mal ähnlich wie dir. Es lässt mich nicht los. Ganz gleich was ich auch tue. Ob tagsüber oder im Schlaf, der Bastard lässt mich nicht in Ruhe. Von seinen Abschiedsgeschenken mal ganz zu schweigen", und deutete dabei auf meinen Narben übersäten Körper.

My Long Way To DeathWhere stories live. Discover now