Siebtes Kapitel - Amanda

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Der Schock über den Anblick der sich mir bot, war gewaltig. Das Schaudern breitete sich bis in meine Knochen aus. Meine Übelkeit verstärkte sich Sekündlich. Ich kämpfte dagegen an und konzentrierte mich stattdessen auf den Körper vor mir. Sie war kaum noch zu erkennen, doch es handelte sich definitiv um Amanda. Oder viel mehr um das was noch von ihr übrig war. Ihre Augen waren zugeschwollen, die Haare klebten ihr an Gesicht und Hals. Ein Gemisch von Tränen, Blut und Urin war über ihren Körper verteilt. Ihre Kleidung war kaum noch vorhanden. Es war einfach entsetzlich und ein Teil von mir fragte sich, wie sie noch am Leben sein konnte.

„Reiß dich zusammen", murmelte ich und beugte mich zu der jungen Frau herunter.

„Amanda? Amanda?", rief ich und versuchte sie zu Bewusstsein zu bekommen.

Es dauerte kurz, dann schreckte sie wimmernd hoch.

„Hey, hey. Es ist alles gut. Ich bin hier um dich zu befreien. Kannst du laufen?", bemühte ich mich sie zu beruhigen und setzte dabei meine beste Imitation einer Arztstimme für miese Nachrichten mit einem Hauch Hoffnung ein.

Die junge Frau nickte wage mit dem Kopf, aber ich glaubte ihr nicht. Es wirkte im Grunde nicht, als ob sie noch zu irgendetwas in der Lage war. Eher, als ob ihr selbst das Atmen weh tat. So oder so, mussten wir hier raus. Walker würde ihren Peiniger nicht ewig in Schach halten können. Schnell trat ich hinter sie und zog mein Messer. Mit einem schnellen Schnitt, durchtrennte ich die Seile.

Amanda schrie leise auf. Die Seile klebten an ihren offenen Handgelenken, als ich sie davon löste, riss es ihr die Kruste von der Haut. Es tat mir Leid für sie, doch es musste sein, für Mitgefühl und Vorsicht fehlte uns schlichtweg die Zeit.

„Geht es?", erkundigte ich mich, als ich sie hochhievte.

Sie zitterte und stank wirklich ganz erbärmlich. Ihr T-Shirt, das nur noch an ein paar Fäden gehangen hatte, fiel zu Boden und sie war nur noch mit einem schmutzigen BH bekleidet. Ihr Rock hielt sich zwar auf ihren Hüften, ließ jedoch etwas erahnen, über das ich lieber nicht näher nachdenken wollte.

Erneut nickte sie leicht und begann langsam einen Fuß vor den Anderen zu setzten. Innerlich wünschte ich mir sie wäre schneller, aber mir war klar dass es bereits mehr war als ich erwartet hatte. Kurz vor dem Scheunentor, fiel mir etwas auf. Es war verdächtig still geworden. Von Draußen war nichts mehr zu hören. Keine Schläge, keine Worte, nicht ein einziges Schnaufen.

„Verdammt", fluchte ich leise und wollte Amanda dazu bewegen schneller zu laufen, aber es war bereits zu spät.

Hinter uns flog eine versteckte Tür auf. Der Mann schloss sie von Innen ab und kam dann langsam näher, als hätte er alle Zeit der Welt. Ich schubste Amanda aus dem Tor ins Freie, wo ich hoffte, dass sie Sicher war und wandte mich zu dem Dreckskerl um. Als einen Moment lang Licht auf sein Gesicht fiel, erkannte ich ihn. Erschrocken wich ich mit gezücktem Messer zurück. Hektisch schaute ich mich um und suchte fieberhaft nach einer Lösung. Als mein Blick auf eine Schaufel mit langen, stabil aussehendem Stil fiel, packte ich mein Messer weg und schnappte mir das dreckige Teil, rannte aus der Scheune, schlug das Tor zu und verbarrikadierte sie, in dem ich die Schaufel zwischen die Griffe schob. Kaum war ich einen Schritt zurück getreten, knallte er auch schon von Innen dagegen. Er schrie, aber es waren keine Worte, nur verzerrte Laute. Ich beugte mich zu Amanda herunter und half ihr erneut auf.

„Tut mir Leid. Es ging nicht anders. Komm schon. Wir müssen hier weg, bevor er durch die andere Tür kommt."

Auf dem Weg zum Wagen, entdeckte ich Walker. Er lag bewusstlos auf dem Boden, seine Nase und Schläfe bluteten stark. Innerlich fluchend brachte ich Amanda zum Wagen und setzte sie vorsichtig auf die Rückbank. Dann rannte ich so schnell es ging zurück zum Detektiv. Ich dachte kurz darüber nach, wie ich ihn wecken konnte und entschied mich für die Technik, die mir am wirksamsten erschien. Ich scheuerte ihm eine. Und siehe da, ich behielt recht. Er fuhr hoch und sah mich wütend an.

My Long Way To DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt