Siebzehntes Kapitel - Ein dummer Plan

2.3K 159 29
                                    

Vollkommen übermüdet wachte ich am nächsten Morgen auf. Obwohl ich insgesamt an die 12 Stunden geschlafen hatte, fühlte ich mich nach einer weiteren Runde. Jedoch ohne Träume. Das war das fantastische an den Medikamenten, die ich im Krankenhaus bekam: Sie ließen gar keine Träume zu. Nicht den kleinsten, noch so winzigen Blick auf irgendetwas. Das war äußerst ... erholsam und still.

„Sie sind wach", ertönte eine Stimme, vom Fenster her.

Erschrocken sah ich in die Richtung. Walker stand mit verschränkten Armen davor und beobachtete mich, wie ich mir die Venenverweilkanüle aus dem Arm zog und selbst ein Pflaster darauf klebte. Als ich die Blutdruckmanschette und den Klipp für die Überwachung der Sauerstoffsättigung abnahm, begann der Monitor zu piepen, allerdings schaltete ich ihn eilig aus. Wenn man soviel Zeit im Krankenhaus verbrachte wie ich es tat, lernte man so einiges allein vom häufigen Zusehen. Sobald ich mich endlich aus dem Bett gequält hatte, fragte ich:

„Warum sind Sie noch hier?"

„Ist das eine ernst gemeinte Frage?", antwortete er kalt.

„Ja", gab ich zurück und lief, noch ein wenig unsicher auf den Beinen, ins Badezimmer, um mir die Zähne zu putzen.

„Sie erzählen mir, dass ein Entführer und Mörder hinter Ihnen her ist und erwarten, dass ich Sie alleine in diesem Zimmer lasse?", fragte er abschätzig.

Ich schaubte leise.

„Wie edelmütig von Ihnen", gab ich ironisch zurück und schob mir die Zahnbürste in den Mund. Er mochte vielleicht Recht haben, aber er hätte schließlich auch irgendwelche Kollegen vor meiner Tür abstellen können, so wie sie es bei Amanda auch getan hatten und nicht höchstpersönlich hier bleiben müssen.

„Das hat damit nichts zu tun", meinte er und stellte sich in den Türrahmen.

‚Ach was', dachte ich nur.

Zu gerne hätte ich es ihm ins Gesicht gesagt, aber da ich mit gerade ausgiebig die Backenzähne schrubbte, kam das nicht in Frage.

„Amanda hat noch einen weiteren Polizisten zu ihrem Schutz bekommen. Vielleicht können Sie sich vorstellen, wie überrascht ich war zu hören, dass sie bereits wusste, dass ihr Entführer nicht locker lassen würde. Und das sie das ausgerechnet von Ihnen weiß", hielt er mir eine Strafpredigt.

Genervt verdrehte ich die Augen und spuckte aus. Natürlich hatte er es bemerkt und kniff die Augen zusammen, beließ es aber dabei, da er zu wissen schien, dass ich mich dazu nicht äußern würde.

„Was ist mit Natalie? Geht es ihr gut?", erkundigte ich mich, während ich mir die Haare bürstete und dann zum Kleiderschrank ging.

Ich brauchte nicht lange, um eine blaue Jeans und ein schwarzes T-Shirt hervor zu holen. Da ich nicht besonders gehemmt war, was das Ausziehen vor Fremden betraf (schließlich hatte ich das schon für gefühlte hundert Ärzte getan), fing ich damit an, ohne meinen unfreiwilligen Besuch vorher zu bitten wenigstens wegzusehen. Perplex starrte Walker mich an.

„Drehen Sie sich um, wenn es sie stört", sagte ich und zog mir das Shirt über.

Der Cop löste sich aus seiner Starre. Sein Blick wurde so gleichgültig wie immer, aber er wandte sich nicht um. Vermutlich wollte er einfach nicht nachgeben. Schulter zuckend wechselte ich noch meine Hose und band mir die langen Haare zum Pferdeschwanz zusammen. Sobald ich in meine Schuhe geschlüpft war, verließ ich das Krankenhauzimmer, gefolgt von meinem neuen Schatten. Als ich zu Dr. Masters reingehen wollte, setzte er tatsächlich an mich auch dorthin zu begleiten, aber ein Blick von mir genügte, damit er vor der Tür blieb.

My Long Way To DeathWhere stories live. Discover now