Teil28

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Jeremy hatte kurz bei June angerufen, um ihren Besuch anzukündigen, was jedoch nicht wirklich notwendig war, denn sie schien mit ihnen gerechnet zu haben. Als sie die Tür öffnete, kam ihnen der Duft von Tee entgegen, den sie wohl gerade hatte kommen lassen.

„Da seid ihr ja schon, kommt herein. Wie ist es gelaufen?" Sie war natürlich überaus gespannt.

Jeremy begrüßte sie wie immer mit einer freundschaftlichen Umarmung. Rufus blieb bei einem freundlichen „Hi". So wirklich entspannt war er nicht bei der Vorstellung, dass Jeremy und seine Freundin jetzt ein Pärchen darstellen sollten. Eigentlich ohne bestimmten Grund, außer eben, dass es voll geheuchelt war.  Auf der Bühne spielten die beiden auch ein Paar und nicht zum ersten Mal. Also war das weder neu, noch etwas, das die beiden extra üben müssten. Zudem wusste Rufus aus eigener Erfahrung als Schauspieler mit absoluter Sicherheit, dass eine Frau, egal wie attraktiv sie auch sein mochte, ihn und somit auch einen Mann wie Jeremy, nicht wirklich erregen konnte. Genug Gelegenheiten das herauszufinden hatte es gegeben. Er konnte Liebesszenen spielen, aber sie waren eben nur gespielt. Er fand Frauen ästhetisch überaus ansprechend. Aber das war moderne Kunst auch. Also kein Grund zur Aufregung, allein schon, weil es nach zwei Wochen spätestens vorbei war.

June gab ihnen jetzt Tee und freute sich, als Jeremy fand, dass der gut duftete. Bemutterte sie ihn etwa? Rufus war alles andere als dahintergekommen, ob er sie mochte oder nicht. Aber das wäre vielleicht auch zu viel verlangt, denn er kannte sie kaum. Er nahm sich vor, sie erstmal unter Vorbehalt zu mögen, allein, weil sie Jeremys talentierte Kollegin und eine gute Freundin war. „Möchtest du Zucker?", fragte sie ihn.

„Danke nein, ich komme klar." Bemutterte sie ihn etwa auch?

Jeremy wollte jetzt von ihr mehr über den Fototermin wissen und sie gab gern Auskunft. Es würde so eine Art Hintergrundstory auf und hinter der Bühne werden. So nach dem Motto: Einblicke in die Arbeit der Stars von „Peter Grimes". Es gäbe natürlich vor dem Shooting einen Termin mit dem Make-Up Künstler der Oper und June würde Jeremy natürlich bei der Auswahl der Garderobe helfen.

„Kann ich nicht einfach so gehen, wie ich bin?", fragte Jeremy, „Das wäre doch viel authentischer."

„Jeremy, du siehst immer fabelhaft aus, aber das wäre wohl etwas zu...lässig. Was sagst du, Rufus?" June lächelte und hoffte auf seinen Beistand? Na gut.

„Also, wenn du mich fragst, ich finde ihn zum Anbeißen, so wie er ist. Aber...der Sinn und Zweck der Show ist doch wohl, dass die Leser und das konservative Publikum beeindruckt werden." Rufus schaute zu Jeremy, der jetzt etwas gespielt genervt mit den Augen rollte.

„Dann findest du, dass June etwas aussuchen sollte?"

„Das tu' ich gern, sagte ich schon", warf sie ein.

„Ja klar, egal was es ist, nachher ziehst du es doch wieder aus", stellte Rufus mit etwas mehr Zweideutigkeit als sonst fest. Irgendwie konnte er es sich gerade nicht verkneifen.

„Na, da freu' ich mich jetzt schon drauf", fand Jeremy und zwinkerte Rufus zu.

„Apropos", begann June, „habt ihr euch überlegt, wie ihr das mit dem Hin und Her zwischen dem Hotel und seiner Wohnung machen wollt? Das Motorrad ist ja nicht gerade unauffällig."

„Da gibt es nicht viel Hin und Her", meinte Jeremy, „Nachher, wenn Rufus im Theater ist, packe ich meinen Kram und fahre ihn mit dem Taxi nach Hampstead."

„Da fällt mir ein, hier ist ein Schlüssel für dich." Rufus gab Jeremy den Schlüssel. Jeremy gab ihm einen Kuss auf die Wange dafür.

„Ich hoffe sehr, dass ihr wisst, was ihr tut", fand sie.

„Ja sicher", kam es von Jeremy, „kein Hotel, keine Garderobe, kein Motorrad, kein Sex in der Öffentlichkeit, auch wenn es schwer fällt", er hatte Spaß an der Übertreibung, das merkte man deutlich, „und Rufus kommt nur als Freund mit zum Diner und zur Preisverleihung."

Rufus grinste amüsiert, über Jem, aber auch weil es nur zu offensichtlich war, dass June diese Seite von Jeremy noch nicht kannte. Sie wirkte verblüfft. Oder gar genervt?

„Na, ich werde wohl ein bisschen auch die Anstandsdame spielen müssen", bemerkte sie.

„Ich fürchte ja", sagte Jeremy.

„Keine Sorge", warf Rufus ein, „ich kann mich benehmen, wenn ich muss."

Sie schaute halb skeptisch, halb belustigt.

Dann merkte Rufus, dass es höchste Zeit wäre, zum Theater zu gehen und stand auf, um sich zu verabschieden. „Sorry, aber ich muss jetzt los. Viel Erfolg, nachher bei dem Shooting." Er gab ihr die Hand und Jeremy einen Kuss. „Bis nachher."

Jeremy wünschte ihm auch viel Erfolg im Theater. „Schade, dass ich dich nachher nicht abholen kann, aber wenn du kommst, dann bring' nichts mit. Ich werde dich überraschen." Er schenkte Rufus noch ein vielsagendes Lächeln. Der lächelte nicht weniger zurück. „Schön, da bin ich sehr gespannt."

Dann machte er sich auf und ließ die beiden im Hotel allein. 

No lies, keine LügenWhere stories live. Discover now