Teil66

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Bei den Pferden, das schien einfach zu finden, war es aber nicht, denn das konnte sowohl die Stallungen als auch die Koppel oder sogar den Park meinen. Rufus setzte erstmal auf die Stallungen und schlenderte ohne Eile in die Richtung. Dafür musste man den Ostflügel des Hauses passieren und ein kleines Stück auf einem der Parkwege entlang gehen. Als Kind war er selbst oft dort gewesen, obwohl er nie so ein begeisterter Reiter war wie Richard oder jede seiner Töchter. Bestimmt hatten sie Jeremy diesen Weg entlang geführt, es war schlicht unvorstellbar, dass sie die Bibliothek oder das Palmenhaus für interessanter halten würden als die Stallungen und Jeremy wäre sicher ein guter Zuhörer. Vielleicht hätte er sogar wirklich Interesse an den Pferden und fand es toll, dass die Mädchen ihm alles zeigten. Vielleicht fand er die Mädchen toll, also Kinder, vielleicht...Ohne es zu merken ging Rufus immer langsamer. Woher sollte er bloß wissen, ob er Vater werden wollte? Das Alter wäre wohl passend, zumindest wusste Rufus von Kollegen und Schulkameraden, die in seinem Alter Vater wurden. Er wusste sogar von dem einen oder anderen seiner Ex- Freunde, dass die sich bestimmt ein Kind wünschen würden. Wieso war es ihm noch nicht in den Sinn gekommen? Richard traute es ihm zu. Das bedeutete vielleicht, dass Rufus es könnte. Aber Richard war vielleicht nicht ganz unvoreingenommen. Richard würde vielleicht alles sagen, so wie er alles tun würde, damit der Titel in der Familie bleibt. Richard. Wie kam er dazu, ausgerechnet jetzt, ausgerechnet von ihm, zu verlangen, dass er einen Erben zeugte? Wie überhaupt? Im Glas? Im Labor? Hatte Richard überhaupt selbst alles versucht? Rufus ballte unwillkürlich die Fäuste. Oh shitshitshit....

„Hey Rufus, wir sind hier drüben!" Rowenas Stimme. Sie hatte ihn kommen sehen und rief vom Eingangstor der Stallungen aus. Rufus winkte ihr zu, doch sie kam ihm schon entgegen gelaufen.

„Rosie und Jeremy sind noch bei den Fohlen", erklärte sie ganz aufgeregt.

Na toll, Thementag. „Wie schön. Wie viele sind es? Alle gesund?"

„Sicher doch. Es sind sieben Stück. Sieben ist eine Glückszahl, stimmt's?!"

Rufus nickte und versuchte, das Ganze gelassen zu nehmen. „Ja, zeig mal."

Dann ließ er sich von Rowena zu den anderen bringen. Jeremy und Rosemund standen vor einer Box, in der tatsächlich eine Stute mit Fohlen zu sehen war und die Kleine erzählte gerade, wie schwer es war, einen passenden Namen für das Fohlen zu finden. Jeremy schien zu merken, dass Rufus kam und blickte zu ihm und lächelte, als er ihn sah. „Schön, dass du kommst", fand er und „Was hältst du von Orlando als Namen für einen kleinen Hengst?"

„Klingt edel. Was hältst du von Regis? Reginald find' ich voll bescheuert."

Jeremy schaute leicht verwirrt. Logisch, denn er konnte ja nichts ahnen und Rufus fand sich selbst blöd, weil das so aus ihm herauskam.

„Reginald geht gar nicht", warf Rosemund ein, „so hieß unser Uropa. Viel zu altmodisch."

„Dann bleiben wir doch bei Shakespeare", fand Rowena, „wie wär's mit Oberon, Ariel oder Lysander?"

„Wow, ihr kennt euch ja schon richtig aus!", bemerkte Rufus.

„Wir kommen doch auch immer, wenn du Theater spielst", gab Rowena zurück. Das stimmte und irgendwie war Rufus jetzt beeindruckt, weil die beiden sich die Namen so gemerkt hatten. Die Mädchen waren immerhin erst dreizehn und elf Jahre alt. Auch Jeremy schien beeindruckt, denn er zwinkerte Rufus zu.

„Vielleicht losen wir einfach", schlug Rosemund vor.

„Tolle Idee. Und mal was ganz Neues", fand Rufus. Dann schaute er zu, wie Rosie alle Namen in ein kleines Notizbuch schrieb. Das habe sie immer dabei, für wichtige Einfälle, erklärte sie. Rufus und Jeremy mussten grinsen. „Gib nicht so an!", fand die Kleine.

Jeremy trat jetzt dicht an Rufus. „Was ist los?", flüsterte er.

„Was los ist? Komm, hauen wir ab." Sie könnten erst reden, wenn sie wieder im Dower Haus waren. Falls Rufus dann reden wollte. Keine Geheimnisse. Oh verdammt, da war ganz schön schwierig, vielleicht gerade, weil es seine eigene Regel war.

Jeremy schaute ihn nur kurz an und nickte dann unmerklich.

„Kommt, Ladies, eure Eltern fragen sich bestimmt schon, wo wir alle abgeblieben sind", schlug er dann vor und so machten sie sich auf den Rückweg zum Haus. Die Mädchen schlenderten vorweg und überlegten inzwischen laut, ob nicht auch Indianernamen für Pferde passen würden. Cochise oder Geronimo oder gleich Crazy Horse. Das war irgendwie lustig, aber Rufus sagte inzwischen gar nichts mehr, wie Jeremy bemerkte. Er legte ihm einen Arm um die Schulter und wuschelte ihm durchs Haar. Trotzdem kein Wort... 

No lies, keine LügenWhere stories live. Discover now