Im Club

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Nach unserem Gespräch ist Ben nicht mehr erschienen und ich habe die Tage alleine an unserem Projekt gearbeitet. Ohne ihn geht es definitiv schneller voran, denn so gibt es niemanden mit dem ich unnötige Diskussionen führen muss. Und niemand richtet Chaos an, das ich danach aufräumen darf. So oder so habe ich dieses Projekt viel besser hinbekommen, als gedacht.

Und nun ist es Freitag und ich stehe in Kendras Badezimmer, um mich für die Party fertig zu machen. Melinda habe ich erzählt, dass ich bei Kendra übernachte, sie hätte es mir wahrscheinlich nicht erlaubt, auf eine Party zu gehen. Als sie sich darüber gefreut hat, dass ich nun auch privat Zeit mit anderen verbringe, habe ich schon ein schlechtes Gewissen bekommen. Auf der anderen Seite ist es ja genau das: ich verbringe privat Zeit mit anderen...

„Bist du fertig?", fragt Kendra und fährt sich durchs Haar. Sie hat ein kurzes, schwarzes Kleid an, dass ihre tolle Figur betont. Ich nicke und ernte einen skeptischen Blick ihrerseits. Meine dunkle Jeans und mein grünes Top scheinen ihr nicht an mir zu gefallen. „Du siehst aus wie immer", kommentiert sie vorwurfsvoll. 

"Was ist so schlimm daran wie Immer auszusehen?", fragte ich irritiert. "Wir gehen nicht zur Schule, hast du denn nichts anderes? Ich kann dir etwas leihen", sie packt mich am Arm und zieht mich mit sich den Flur entlang. „Kendra, ich weiß nicht, ob..." 

Wenig später drückt sie mir einen schwarzen Lederrock und ein silbernes Oberteil in die Hand. Ich ziehe es an und betrachte mich in dem Ganzkörperspiegel.  

Es gefällt mir, auch wenn es an ihr wahrscheinlich viel besser aussieht. Ich habe zwar eine schlanke Figur, dafür aber einfach keine besonderen Merkmale an mir. Keine großen Brüste, keinen perfekt runden Po. Meine Beine sind das einzige an mir, dass ich gar nicht so schlecht finde - und die kommen hier gut zur Geltung. „Du siehst scharf aus!", sagt Kendra und lächelt.

Kendras Eltern sind nicht zu Hause, weshalb sie ein paar Leute zum Vortrinken eingeladen hat. Jason und Tyler, Lukas und Michelle aus unserer Klasse betreten das Haus. Wir setzen uns ins Wohnzimmer und hören Musik. 

Michelle schlägt vor, ein Trinkspiel zu spielen, in dem jeder eine Wahrheit über sich und eine erfundene Geschichte erzählen muss, die anderen entscheiden dann, was die Wahrheit und was die Lüge ist. Wenn jemand falsch rät, muss er trinken. 

„Also, meine zwei Geschichten sind: Ich wurde mit 13 das erste Mal verhaftet und ich habe mit Professor Lennon rumgemacht.", sagt Kendra. „Zwei Wahrheiten zählen aber nicht.", sagt Tyler und wir lachen. Ich hoffe einfach, dass die zweite gelogen ist - und liege damit richtig.

Dann bin ich dran. „Meine Geschichten sind: ich habe mit 10 das erste Mal geraucht und ich hatte noch nie eine Beziehung." Die anderen überlegen. Kendra, Tyler und Michelle tippen darauf, dass die zweite Geschichte gelogen ist. Lukas tippt auf die erste. „Tatsächlich ist die erste gelogen und die zweite leider wahr...", sage ich verlegen. 

„Wie kannst du noch nie einen Freund gehabt haben? Du bist intelligent und hübsch. Das wird sich hier bestimmt bald ändern!", sagt Kendra und schaut verschwörerisch in die Runde.

Nach zwei Stunden und einigen alkoholischen Getränken fahren wir mit dem Bus in Richtung Club. Tyler setzt sich neben mich und schaut mich ein wenig zu lange an. Sofort werde ich rot und fühle mich unwohl. Uns sitzen Jason und Kendra gegenüber, die gerade rummachen - und das macht es nicht besser. 

„Tanzen wir gleich?", fragt er mit einem Lächeln. „Ich, ähm...", stottere ich verlegen und streiche mir eine Strähne hinters Ohr. Es ist für mich unmöglich, Blickkontakt zu ihm zu halten - und scheinbar auch mit ihm zu sprechen. „Lass sie in Ruhe, Ty! Du hast so viele andere Weiber.", brüllt Kendra und schüttelt lachend den Kopf. Jason lacht mir ihr, legt ihr dann erneut seine Hand an die Wange und beide machen dort weiter, wo sie aufgehört habe. 

Ohne Probleme kommen wir in den Club rein. Er ist Riesen groß mit einer geräumigen Tanzfläche und einer Lounge in der oberen Etage, von der aus man direkt runter sehen kann. Die Theke erstreckt sich über den gesamten Rand der Tanzfläche entlang. Alles ist in Silber, blau gehalten und violette LEDs runden das ganze ab. Es ist schon ziemlich voll hier drin und wir drängen uns durch die Menge zur Tanzfläche. 

Kendra hält meine Hand fest in ihrer und wir folgen Jason, der wesentlich einfacher durch die Menschenmenge kommt. 

Die Musik ist wirklich gut und es macht Spaß mit den anderen zu tanzen und zu lachen. Als ich mich zur Musik bewege und meine Blick durch den Club schweifen lasse, sehe ich ein paar Typen in der Lounge. Sie stehen direkt am Geländer und beobachten alles und... 

Der eine von ihnen könnte Ben sein, aber ich kann ihn nicht richtig erkennen. Sofort fühle ich mich befangen und weiß nicht mehr, wie man sich bewegt. 

Zum Glück lenkt Kendra schnell ab und schleift Michelle und mich mit zur Toilette. Auf dem Weg dorthin packt mich plötzlich jemand an der Schulter. 

Ben. 

„Können wir kurz reden?", fragt er und seine Augen fixieren mich, als wären die anderen gar nicht da. 

Die beiden Mädels schauen mich überrascht an, zucken mit den Schultern und gehen weiter. Sie haben noch nicht einmal auf ein Zeichen von mir gewartet - na vielen Dank auch! Kendra flüstert mich noch „melde dich, wenn was ist" zu und streicht mir über den Arm.

Ich sehe ihnen verzweifelt nach und beiße mir auf die Lippe, als ich meinen Blick langsam in seine Richtung wende. 

Trust me, I am a Bad Boy. / AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt